Der Orksammler
der Kreatur schraubte sich in neue, schmerzhafte Höhen, als sich auch der monströse Penis mit den schweren Hoden zusammenzog, bis er ansatzweise menschliche Dimensionen aufwies. Ein letztes krampfhaftes Zucken, ein finales Schütteln eines Hauptes, das jetzt von langem Goldhaar umrahmt wurde, und der Ghoul war verschwunden.
Vor Hippolit auf dem stählernen Gitterboden kniete, nackt und blass, aber allem Anschein nach quicklebendig, Flarian!
Verständnislos starrte der junge Mann auf seine bebenden Hände, an seinem blassen, makellosen Körper hinab. Er hob den Kopf, blinzelte irritiert in die Runde. Als sein suchender Blick auf Lith fiel, hellten sich seine Züge auf. Ein Lächeln trat auf sein Gesicht.
»Lith?« Eine dünne Stimme, unsicher im Gebrauch von Worten nach einer langen Phase des Schweigens.
Doch das Mädchen hatte bereits die Arme hoch in die Luft erhoben und begonnen, mit lauter Stimme komplizierte thaumaturgische Sentenzen hervorzustoßen. Überrascht stellte Hippolit fest, dass ihm die Formeln, die sie benutzte, gänzlich unbekannt waren.
»Lith«, wiederholte Flarian und richtete sich auf.
Weit unter ihnen schien das Licht der Ewigen Flamme für den Bruchteil eines Augenblicks zu flackern.
»Sie wissen nicht, was Sie tun!«, hörte Hippolit sich rufen. »Sie dürfen diese Energien nicht anzapfen!«
»Lith«, murmelte Flarian ein drittes Mal und machte einen Schritt vorwärts, um seine Liebste in die Arme zu schließen.
In diesem Moment schoss ein Feuerstrahl an Hippolit vorbei auf das Mädchen zu. Statt ihr traf er jedoch den jungen Mann, der just in diesem Moment vor sie getreten war, hüllte ihn ein wie eine Zündholzflamme den Docht einer überdimensionalen Kerze.
Jorge!, schoss es Hippolit durch den Kopf. Er fuhr herum.
Unbemerkt von ihm, Lith und dem Ghoul war Jorge unter Aufbietung seiner letzten Kräfte zu jener Stelle hinübergekrochen, wo der Zerstörer nach dem Angriff durch das Monstrum hegen geblieben war. Mit der gesunden Hand hielt er das zitternde Feuerrohr umklammert, das den Diener des Mädchens soeben mit einer Ladung brennenden Vitrioleums überzogen hatte.
Im Gegensatz zu seinem ersten Kontakt mit der Waffe schien dem Ghoul das Feuer jetzt durchaus etwas auszumachen: Ein schrilles Kreischen ertönte, als brennende Säure frisch geformtes weißes Fleisch zerfraß bis auf die Knochen. Groteske Wellenbewegungen durchliefen den Körper des jungen Mannes. In einem amorphen Pulsieren verwandelte sich zuerst seine rechte Hand in eine immense Ghoulklaue zurück, dann der linke Fuß und einer der Hoden.
Die Flammen loderten heftiger, halbflüssige Haut kräuselte sich, Fett warf Blasen auf wellenschlagendem Fleisch.
Jorge stieß ein Brüllen aus und gab einen zweiten Schuss ab. Als die Flammen auf den lichterloh brennenden Körper trafen, spaltete sich Flarians Gesicht in zwei Hälften, und eine hündische Schnauze kam zum Vorschein. Halb besinnungslos taumelte die unförmige Kreatur seitwärts, prallte gegen das Geländer des Wandelganges.
Der Brustkorb des Jünglings beulte sich unter einem explosionsartigen Anwachsen der Körpermasse nach außen. Haltlos schwankte er hin und her, dann machte sich der hohe Schwerpunkt seines pulsierenden Leibes bemerkbar: Er verlor das Gleichgewicht und kippte über die Brüstung. Ein letzter Aufschrei – diesmal synchron aus zwei Kehlen, wie es schien –, und das unheimliche Zwitterwesen stürzte lodernd in eine Tiefe, aus der es keine Rückkehr gab.
Im selben Augenblick setzte das Heulen ein.
33
Etwas war schiefgelaufen!
Während er unter Aufbietung seiner letzten Kraftreserven Stück für Stück auf den Zerstörer zugekrochen war, hatte der bescheidene Rest von Jorges Verstand ihn damit gelockt, dass all seine Probleme mit einem einzigen, gut gezielten Schuss aus dem Rohr ausgestanden sein würden: Wenn er einen Treffer landete, würde Lith als verkohltes Stück Fleisch eine allerletzte Reise in die Tiefe antreten; M.H. würde sich aus seiner thaumaturgischen Starre befreien und augenblicklich einen Entquäler höchster Stufe über seinen verstümmelten Arm wirken; mit vereinten Kräften würden sie sich den Ghoul vornehmen, der im schwächlichen Körper des jungen Flarian gewiss kein ernst zu nehmender Gegner mehr war.
Wie ein dumpfes, ewig gleiches Mantra hatte Jorge sich diese Ereigniskette im Kopf vorgebetet, bei jedem robbenden Zug über den Boden, bei jedem brennenden Pfeil des Schmerzes, der von seinem verletzten
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