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Der Osmanische Staat 1300-1922

Der Osmanische Staat 1300-1922

Titel: Der Osmanische Staat 1300-1922 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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Telegraphenleitung wurde eingerichtet. 1856 wurden
die Konzessionen für Bahnlinien in Europa und Anatolien vergeben. In Istanbul Beyoglu wurde eine Modell-Stadtverwaltung geschaffen. Mit dem Bezug des
Palais von Dolmabah~e stand Abdülmecid eine zeitgemäße Residenz zur Verfügung. Der Sultan besuchte einen Ball in der französischen Botschaft und nahm die
Verleihung des englischen Hosenbandordens an.

    Irak, Serien,
Libanon
    Der Irak kannte zwischen 1749 und 1831 eine Periode weitreichender Unabhängigkeit von Istanbul. Das dort herrschende Mamluken-Regime zahlte zwar
weiter Tribute an die Zentrale, stellte aber keine Truppen mehr für den Gesamtstaat. Es brach zusammen, als Rußland die Verbindung mit Georgien abschnitt, wo man die Soldaten des autonomen Regimes rekrutiert hatte. Naturkatastrophen und eine Pestepidemie trugen das ihrige bei, um den Irak wieder
gefügig zu machen. Die Einrichtung des sogenannten doppelten Kaimakamats, der
den Berg Libanon in maronitische und drusische Provinzen aufteilte, konnte die
Spannungen zwischen beiden Bevölkerungsgruppen nicht beenden. Maronitische
Bauern und drusische Landbesitzer, die ihren Einfluß schwinden sahen, bekämpften sich, ohne, daß man sagen kann, wer die schweren Auseinandersetzungen von 1860 auslöste. Trotz ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit
(35 000 zu 150 000) gewannen die kampfgewohnten Drusen. In Damaskus lösten
unbegründete Gerüchte über einen Sieg der Christen schwere Verfolgungen der
griechisch-orthodoxen Bewohner durch sunnitische Bevölkerungsteile aus. Die
direkte Intervention Englands und Frankreichs endete mit der Schaffung einer
Provinz (mutessartfltk) Libanon unter einem christlichen, aber nicht einheimischen Gouverneur, der der Pforte unterstand (Reglement Organique/Protokoll von Beyoglu 1861). Diese Regelung bestand bis zum Ende des Weltkriegs.
Am Beispiel der Drusen läßt sich auch zeigen, wie Istanbul schrittweise versuchte,
seine eher symbolische Präsenz in Stammesgebieten in eine direkte Verwaltung
überzuführen. Man ernannte Scheichs zu „Verwaltungsdirektoren" (müdir) ihrer
Gebiete, unterstellte sie aber einem „echten" osmanischen Landrat.
    Tunesien
    Als erstes islamisches Land gab sich die ehemalige osmanische Provinz Tunesien, deren Herrscher Ahmad Beg (1837-1855) noch am Krimkrieg teilgenommen
hatte, eine Verfassung, die im April desselben Jahres 1861 in Kraft trat. Man hat
Ahmad Beg zu Recht als nordafrikanisches Äquivalent von Sultan Mahmüd II.
und Mehmed All von Ägypten bezeichnet. Er betrieb die tunesische Autonomie,
ohne sich von der größeren osmanischen politischen Welt verabschieden zu
wollen. Die Verfassung von 1861 wurde durch die Einrichtung des französischen Protektorats über Tunesien (Vertrag von Bardo 1881) suspendiert.
    Reformen der
Tanzimät-Zeit

    Aus der Fülle von rechtlichen und schulischen Reformen auf dem Höhepunkt
der Tanzimät sollen herausgehoben werden: Die Eröffnung einer ZivilbeamtenSchule (1859: Mekteb-i Mülkiye), die als eine Art „Grande Ecole" den Nachwuchs
für die gegenüber dem Palast immer stärker werdende Bürokratie der Pforte
liefert. Damit entstand allmählich eine Beamtenschicht, die ihre Qualifikation
nicht mehr ihrer Ausbildung in den zentralen Kanzleien oder im Gefolge provinzieller Würdenträger verdankte. 1868 folgte das Galata-Serail-Lyzeum (Mek -i Sultäni) als Eliteanstalt an der Spitze eines staatlichen dreigliedrigen allgemeinen
Schulwesens. 1870 wurde die erste Schule zur Ausbildung von Lehrerinnen für die
Mädchenklassen des reformierten Schulwesens eröffnet. Eine umfassende Kodifizierung des Grundrechtes (1858) erlaubte die Registrierung von Ackerflächen als
Privatland. Seit 1867 konnten Ausländer Immobilien erwerben. Zwar kam es nicht
zur Übernahme des Code Civil Franfais, wie Ali Pascha 1860 vorgeschlagen hatte,
doch lehnten sich zahlreiche neue Gesetze an französische Muster an. Das galt
zum Teil auch für die Provinzialgesetzgebung von 1864 (revidiert 1867). Sie
schrieb die Beteiligung der Nichtmuslime an der allgemeinen und der Justizverwaltung fest. In den Kreisen (kazä), Bezirken (sancak) und Provinzen
(viläyet) wurden jeweils auch nichtmuslimische Mitglieder bestimmt. In den
Strafgerichtshöfen zweiter Instanz (auf der viläyet-Ebene) waren beispielsweise
einem Scheriatsoberrichter als Vorsitzenden je drei muslimische und nichtmuslimische Beisitzer zugeordnet. Auf Gemeindeebene und Kreisebene durfte

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