Der Osmanische Staat 1300-1922
Ungarn aus.
Serbische Mönche übernahmen katholische Klöster. Unter osmanischer Oberherrschaft wurden die Metropolie Belgrad und das serbische Patriarchat von Pec
eingerichtet (1557).
Im 18. Jahrhundert appellierten die wichtigsten Gegner der Türken an deren
christliche Untertanen (Peter d. Große 1711 an orthodoxe Solidarität). Österreich
etablierte 1713 auf dem eigenen Territorium ein serbisches Gegen-Patriarchat. Mit
der Auflösung des Patriarchats von Pec 1766 bzw. des slawischen Erzbistums von
Ohrid 1767 setzte Istanbul auf einen strikten Zentralismus, der dem Ökumenischen Patriarchat zugute kam. Das kirchliche Leben der Slawen konnte sich
unter einem überwiegend griechischen Klerus weniger entfalten. Trotzdem
werden für Bulgarien im 18. Jahrhundert 200 Klöster und 2 000 Gemeindepriester angegeben.
Kleriker und Mönche waren von der Kopfsteuer befreit. Es steht fest, daß
dem griechisch-orthodoxen Patriarchen unter Bäyezid II. (1483) bzw.
Sülevmän I. (1525) Ausnahmen zugesagt wurden, die später zurückgenommen wurden. I)ie Kopfsteuer wurde an vielen Orten pauschal eingezogen. Ab den 1690er Jahren ging man zu einer individuellen Erhebung
über. Das duale Rechtssystem hinderte zahlreiche „Schutzbefohlene" (zimmi)
nicht, ihre Angelegenheiten beim islamischen Kadi vorzubringen. In Galata
betraf das im Jahr 1789 30% aller Fälle (v.a. Erbschaft, Scheidung, Vorteile für
Juden). Anderswo haben Stichproben in zahlreichen bulgarischen und mazedonischen Orten im 17. Jahrhundert keinen auffälligen Prozentsatz an
christlichen Prozeßbeteiligten ergeben.
Katholiken
Obwohl die Katholiken wenigstens in Südost-Europa Verlierer des osmanischen Vormarsches waren, wurden die Franziskaner an ihrer nicht sehr erfolgreichen Missionstätigkeit, insbesondere in Bosnien, nicht gehindert.
Die Mitglieder der nicht-lateinischen Kirchen wurden im 17. und
18. Jahrhundert einer starken Missionstätigkeit durch lateinische Missionare
ausgesetzt. Wichtigster Schauplatz war Syrien, wo die Maroniten einen „Brükkenkopf" zu Rom bildeten. Zwar wurden die Maroniten erst im 19. Jahrhundert
förmlich als millet anerkannt, doch waren sie von den osmanischen Statthaltern in
Syrien de facto seit dem frühen 17. Jahrhundert als Religionsgemeinschaft behandelt. Bis zum griechischen Aufstand nutzte der Patriarch von Konstantinopel
jede Möglichkeit, die Unierten zu den orthodoxen Sakramenten zu zwingen (etwa
1818 in Aleppo), doch nach einem kurzlebigen Sieg hatten die Unierten 1822 die
lokale Autonomie ganz gewonnen.
A. DER GEGENSTAND DER HISTORISCHEN OSMANISTIK
„The greatest tack of the present generation of Middle East historians is perhaps to
explore the Ottoman world" (A. HOURANI, How should we write the history of the
Middle East, in: International Journal of Middle East Studies 23, 1991, 125-136).
1. OSMANISTIK ALS DISZIPLIN UND ÄLTERE FORSCHUNGSGESCHICHTE
Osmanistik und
Turkologie
Erheblich später als die Nachbarfächer Arabistik und Byzantinistik konnte sich
die „Osmanistik" als Wissenschaft von der Geschichte und Kultur des osmanischen Staates in Europa, Nordamerika und Japan als eigenständige Universitätsdisziplin etablieren. Während in der Türkei die osmanische Geschichts-,
Literatur- und Sprachwissenschaft seit Bestehen eines modernen Bildungsbetriebs ein Eigenleben entwickelte, hatte die akademische Osmanistik in
den meisten anderen Ländern kein von einzelnen Forscherpersönlichkeiten unabhängiges Dasein. In systematischer Hinsicht war und ist das „Fach" Osmanistik
zwischen Islamwissenschaft, Geschichte Südosteuropas und der arabischen Welt
sowie der Turkologie angesiedelt. Dabei wird „Turkologie" als Bezeichnung für
eine Disziplin uneinheitlich verwendet. Einige benutzen ihn als Oberbegriff zu
Teilfächern wie Osmanistik, Usbekologie, Tataristik, andere möchten ihn für die
allgemeine und vergleichende Wissenschaft der Turksprachen reservieren. Zahlreiche Nachschlagewerke, Handbücher und Zeitschriften dienen zugleich den
Islamwissenschaften, der „allgemeinen Turkologie" und der „Osmanistik". Für
einige Jahrzehnte traten vorab im deutschsprachigen Raum glänzende Kenner des
Osmanischen auf, die im „Hauptfach" Semitistik und Arabistik vertraten (August
Fischer, Carl Brockelmann, Gottfried Bergsträsser u. a.). Nur noch wenige Vertreter der in der Zwischenkriegszeit ausgebildete Gelehrtengeneration haben sich
sowohl turkologisch
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