Der Osmanische Staat 1300-1922
HILFSWISSENSCHAFTEN
Epigraphik
Die historischen Hilfswissenschaften wie Epigraphik oder Diplomatik haben
sich dort am weitesten entwickelt, wo sie mit den methodischen Fortschritten
der außerosmanischen Disziplinen Schritt halten. Das hochentwickelte Inschriftenwesen der Osmanen hat wenige Spezialisten angezogen [20: KREISER]. Ihr historischer, insbesondere prosopographischer Quellenwert ist jedoch
beträchtlich. In kaum einer Quellengattung (Stiftungsurkunden ausgenommen)
finden sich so viele Frauen repräsentiert. MEHMED SÜREYYÄS „Osmanische
Nationalbiographie" [50] beruht zu einem beträchtlichen Teil auf der Aufnahme Istanbuler Grabstelen prominenter Persönlichkeiten. Die historischen
Inschriften der osmanischen Länder sind nur zu einem geringen Teil in den
Korpuswerken erfaßt. Eine von der Generaldirektion des Stiftungswesens
angestrebte Erfassung der Inschriften der Türkei ist nach dem vierten Band
(Adana-Bursa) eingestellt worden. Bauinschriften finden sich jedoch in großer
Zahl in orts- und baugeschichtlichen Monographien [wie 782: AYVERDI].
Methodisch befriedigende Aufnahmen sind selten [21: DIJKEMA]. Außerhalb
der türkischen Grenzen sind die Verhältnisse nicht besser. Eine bemerkenswerte Ausnahme bilden die Sammlungen von Grabinschriften Sarajevos
und anderer Teile Bosniens durch N. MUJEZINOVU [22]. Sehr wenig ist bisher
in den arabischen Provinzen geschehen [23: GAUBE; 24: COLIN]. Eine Sammlung der Inschriften Kairos in osmanischer Zeit ist Gegenstand eines neuen
Projekts der American University in Kairo. Vor allem Istanbuler Friedhöfe
bilden die Grundlage für die Untersuchungen von H.-P. LAQUEUR und einer
internationalen Forschergruppe (25: H.-P. LAQUEUR; 55: BACQUE-GRAMMONT).
Weitere „mezarologische" (in Analogie zu „Defterologie" = Registerkunde
vom Wort mezär = „Grab" gebildeter neuer osmanistischer Fachterminus)
Arbeiten werden in der Serie Stehe turcicx vorgelegt (als Monographien und in
der Zeitschrift des französischen Instituts in Istanbul Anatolia moderna/Yeni
Anadolu). I)er besonders enge Zusammenhang zwischen Inschriftenwesen, Stiftertätigkeit und Divan-Literatur wird in einem Werk zu den Brunnen der
Zeit Ahmeds III. sichtbar [26: AYNUR u. KARATEKE].
Kalligraphie
Kalligraphie galt bei den Osmanen neben der Poesie als die künstlerische
Ausdrucksform par excellence. Die Pflege der „sechs Dukten" (akläm-i Sitte)
wurde bis zum Ende des Staates in den Hauptstädten und Prinzenresidenzen
(Amasya) betrieben. Die lebensgeschichtliche Erfassung osmanischer Schönschreiber war das Anliegen zahlreicher Sammelwerke wie IBNÜL EMiN
MAHMÜD KEMÄLS Tuhfe-i Hattätin. Die moderne Forschung ist u. a. mit dem
Namen von M. UÖUR DERMAN verbunden. Für einen gedrängten Überblick
vergleiche man den Abschnitt Turkey in EI2 iv von A. ALPARSLAN s.v. Khatt.
Numismatik
Sigillographie,
Ordenskunde
STANLEY LANE-PooL hat für das Britische Museum einen der frühesten Münzkataloge verfaßt. Auch die Sammlungen des Istanbuler Antiken-Museums haben
schon in den letzten Jahren des Osmanenstaats einen Bearbeiter gefunden (HALIL
EDHEM 1915, später 1. und C. ARTUK). Eine deutschsprachige, nur vorläufig
heranzuziehende Einführung in die osmanische Numismatik stammt von
SCHAENDLINGER [27]. Laufende Ergebnisse der osmanistischen Numismatik
veröffentlicht die Zeitschrift Türk Numismatik Yayznlart/The Turkish Numismatic Society. Bülten. Für das Spezialgebiet der Gegenstempel auf Münzen liegt
eine neue Monographie vor [28: WILSKI]. Die osmanistische Numismatik litt lange
unter dem Fehlen einer allgemeinen Münzgeschichte des islamischen Orients, aber
auch unter ungenügender Kenntnisnahme der Ergebnisse der Finanzgeschichte
[vgl. aber jetzt 585: PAMUK]. Zu den ersten osmanischen Banknoten" (kä'ime), bei
denen es sich eigentlich um Schuldverschreibungen handelt, sind zwei Monographien erschienen [29: EROL; 30: AKYILDIZ]. Über osmanische Philatelie kann
man sich Teil 1 eines „Handbook of Turkish Philately" [32: BIRKEN] unterrichten.
Von Siegeln haben sich ungezählte Abdrücke, selten aber die Originale erhalten.
M. KÜTÜKOCLU [43] informiert über Siegeltypen und ihre Verwendung in der
Verwaltung. G. KUT und M. BAYRAKTAR verfaßten eine Monographie über Siegel
in gestifteten Büchern [31 ]. Medaillen erscheinen bereits unter Mahmüd I. Erst im
19. Jahrhundert entwickelte sich ein Ordenswesen nach europäischem Muster [J.
LANDAU, Art.
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