Der Osmanische Staat 1300-1922
möglichen Zusammenhang von
Bevölkerungsrückgang und Klima geäußert.
Archäologie
Das Hauptaugenmerk der türkischen Kunstgeschichte gilt dem seldschukischen
Anatolien. Von osmanischer Archäologie als einer „Spatenwissenschaft" kann
man erst seit kurzem sprechen. Es gibt nur spärliche Befunde von frühosmanischen Plätzen wie Karaca Hisär oder Iznik. „Anregungen für weitere,
vertiefende Studien" einer Industriearchäologie hat W. MÜLLER-WIENER [71]
gegeben. Der Artikel berührt Themen wie Bergbau, die Herstellung von Baumaterialien, Mühlen, Fabriken des Militärs und von privaten Unternehmern.
Byzantinistik
Spätbyzantinische und frühosmanische Geschichte bilden vom späten
13. Jahrhundert bis zum Fall von Trapezunt (1461) eine historische Einheit.
Dabei muß die byzantinische Chronistik das fast vollständige Fehlen von zeitgenössischen türkischen Quellen z. T. ausgleichen. So stand der Chronist Georgios
SPHRANTZES als Gouverneur wichtiger Städte und Diplomat seit 1424 in Kontakt
mit den Türken. Sein Werk umfaßt den Zeitraum 1281-1481. KRITOBULos aus
Imbros schilderte in seinen „Historiai" die Ereignisse der Jahre 1457-1461. Sie
sind „nur nach Sprache... ein Zeugnis griechischer Historiographie. Seiner Tendenz nach gehört das Werk, wie schon die Widmung an Sultan Mehmed II.
bekundet, bereits ins ftuvre osmanischer Geschichtsschreibung" (P. WIRTH). In
der Forschung bildete das Dumbarton-Oaks-Projekt [541: BRYER u. LowRY] eine
erste Institutionalisierung der Zusammenarbeit von Byzantinisten und Osmanisten. Die Geschichte von „Byzance apres Byzance" (N. IORGA) wird zunehmend unter Heranziehung osmanischer Materialien auch in Griechenland erschlossen (198; 418: ALEXANDER; 682: BALTA). Dasselbe kann mit wenigen Ausnahmen [wie 700: BEYDiLt.i; 784; 785: TuÖLACI] für die Armenistik nicht gesagt
werden. Günstiger ist der Zusammenhang mit den jüdischen Studien [740;
748-7511. Die Integration der Osmanistik in die „allgemeine Geschichte" ist nach
wie vor schwach. Stärkere Aufmerksamkeit haben osmanistische Forschungsergebnisse v.a. bei den amerikanischen Vertretern der „World History"
gefunden.
Sprachwissenschaft
Sprachwissenschaftliche Erkenntnisse, namentlich aus dem Bereichen Lexikologie, Phonologie und Dialektologie, werden von der historischen Forschung
noch wenig herangezogen, obwohl es inzwischen leicht zugängliche Übersichten
über die Entwicklung des Osmanischen gibt. Obwohl in den Dialekten „die ganze
Sprachgeschichte steckt", stößt die Schaffung einer soliden Quellenbasis „auf
nicht geringe Schwierigkeiten", schreibt der ungarische Turkologe HAZAI. "Hinweise kann man hier nur von der untersten, wenn man will vulgären` Schicht des
literarischen Schrifttums oder eben von paraliterarischen Texten erwarten" [16, 73:
HAZAI, wo auch die bahnbrechenden Arbeiten von G. DoERFER referiert werden].
Einen erfreulichen Aufschwung hat die Lehnwortforschung erfahren, und zwar
sowohl für die fremden Elemente im Osmanischen wie zu den Osmanismen in
Nachbarsprachen, insbesondere auf dem Balkan. Kulturgeschichtlich ergiebige
Beispiele sind u. a. H. KAHANE/R. KAHANE/A. TIETZE [616] und CHR. TZITZILIS
[74].
B. DIE QUELLEN
1. ALLGEMEINES UND BIBLIOTHEKEN AUSSERHALB DER TÜRKEI
Ein Handbuch der Quellenkunde bleibt ein Desiderat für die Osmanistik. Die für
Studenten bestimmte Einführung von S. FAROQHI [75] kann die Lücke für einige
Themen wie Historiographie und Wirtschaftsgeschichte teilweise schließen. Bis
zur Öffnung der osmanischen Zentralarchive in den 1920er Jahren bildeten neben
byzantinischen und westlichen Quellen vor allem osmanische Chroniken die
Grundlagen der Geschichtsschreibung. Nur wenige Werke von Autoren wie
NE~Ri, SA`DEDDIN oder NA`IMÄ lagen und liegen (in unvollständigen und unzureichenden) Übersetzungen in europäische Sprachen vor. In der Türkei wurden
seit 1729 vor allem die Werke der „Reichshistoriographen" gedruckt. I)er 1929
vollzogene Übergang zur Lateinschrift hat zunächst zu verhältnismäßig wenigen
brauchbaren Neuausgaben geführt. Zahlreiche Texte stehen nur in Form wissenschaftlich kaum verwertbarer Paraphrasen in das Türkische des mittleren
20. Jahrhunderts zur Verfügung (z. B. PE~EVi, NA IMÄ, AHMED CEVDET). Von
der Mehrheit der zwischen 1729 und 1928 gedruckten Texte fehlen selbst solche
volkstümlichen Bearbeitungen (z. B. von der Chronik des hochbedeutenden
Rn5ID). Allerdings macht die
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