Der Osmanische Staat 1300-1922
dringend erwünscht. Das Verfilmungsprojekt der Universitätsbibliothek Chicago hat hochseltene, wenn auch
meist unzusammenhängende Zeitungsserien für die internationale Forschung
zugänglich gemacht. Die z. T. verloren gegangenen Protokolle der beiden Kammern des ersten osmanischen Parlaments (Meclis-i Äyän und Meclis-i Mebüsän)
lassen sich z. B. mit Hilfe des Staatsanzeigers rekonstruieren. Das umfangreichste
Periodika-Verzeichnis ist der Gesamtkatalog der Zeitschriften in arabischer
Schrift von H. DUMAN. Er enthält 1804 Aufnahmen von Zeitschriftentiteln der Jahre 1828-1928. Indices führen zu den Erscheinungsorten und Themenschwerpunkten. Auch die Nationalbibliothek hat einen Gesamtkatalog der
türkischsprachigen Periodika herausgegeben [183]. Besonders günstig ist die
bibliographische Erschließung und Forschungslage bei Zeitungen und Zeitschriften, die sich an Frauen wandten [185: l~,AKIR; 190: HAERKOTTER].
Über die erste türkische Zeitung Anatoliens hat M. YMAR [186] eine Monographie vorgelegt. Die anspruchslose Darstellung behandelt das Blatt, das seit 1867
in Erzurum zugleich als älteste regionale Zeitung in türkischer Sprache (in
arabischer und armenischer Schrift) erschien. Am Beispiel der viläyet-Zeitung
für den Jemen hat M. URSINUS demonstriert, wie die amtliche Provinzpresse ein
wichtiges Bindeglied zwischen den hauptstädtischen Organen und der Bevölkerung auf drei Kontinenten bildete [187]. Als monographische Studien über
einzelne Zeitschriften und Zeitungen seien noch genannt: ein instruktives Buch
zum 150. Geburtstag des Takvim-i Vakäyi und ein Quellenband zur Entstehungsgeschichte dieses osmanischen Staatsanzeigers [188: KoLOGLU; 189:
YAZICI]. Von weiteren neueren Monographien über Periodika bzw. ihre Herausgeber sollen noch die Arbeiten von DESUS [192], HERZOG [191] und ToPRAK
[651 ] mit ihren ganz unterschiedlichen Thematiken genannt werden.
Verhältnismäßig befriedigend sind unsere Kenntnisse der französischsprachigen
Presse in der osmanischen Hauptstadt und den Provinzen. Ein Katalog erfaßt 701
ganz oder teilweise in Französisch veröffentlichte Presseorgane seit 1795, von
denen drei Viertel in die osmanische Epoche fallen [193: GROC U. (~AGLAR].
Darunter befanden sich pro-osmanische Blätter wie der von dem Franzosen
Alexandre Blaque herausgegebene Spectateur Oriental (1824-1827). Andere
französischsprachige Zeitungen waren pro-griechisch (wie der Phare du Bosphore 1870-1890). Der Osmanische Lloyd war das Sprachrohr des Deutschen
Reichs [194: FARAH]. Über die persischsprachige Presse berichtet A. PISTORHATAM in mehreren Artikeln [in 440]. Zu den Desiderata gehören Darstellungen
der Presse der Nichtmuslime, aber auch der arabisch-sprachigen Presse der
Hauptstadt. Zur politischen Karikatur zwischen 1867 und 1918 gibt es eine
Übersicht, die die Exilpresse einschließt [195: (~EVIKER].
7. GESETZESSAMMLUNGEN
Känün-näme
Vor der teilweisen Rezeption europäischen Rechts im 19. Jahrhundert wurden die
nicht von der Scheria geregelten Gebiete in Form sultanischer Dekrete geordnet.
Gleichzeitg war es den führenden Gelehrten (an ihrer Spitze Ebussuüd, st. 1574)
um eine Harmonisierung dieses „Gewohnheitsrechts" mit den islamischen Normen zu tun [257: IMBER]. Känün-name sind Sammlungen solcher Gesetzen und
Verordnungen, die in erster Linie steuerliche Regelungen von eingeschränkter
regionaler Gültigkeit enthalten [196: AKGÜNDÜZ; 197: LowRV]. Daneben gibt es aber auch känün-näme von gesamtstaatlicher Geltung und solche, die eine Art
Strafrechtskodex darstellen. Am bekanntesten ist das sogenannte Organisationsgesetz von Mehmed II. geworden. Das von BAYERLE veröffentlichte
känün-näme des sancaks Szeged (1570) soll den ausführlichsten Text für Ungarn
darstellen [147]. Für andere Regionen existieren Übersichten [z. B. Griechenland
198: C. ALEXANDER; Bosnien-Herzegowina und Nachbarräume 199: DJURDJEV
e.a.]. Forschungsaufgaben bestehen u. a. dort, wo die Texte die Rekonstruktion
älterer, vorosmanischer Verhältnisse erhoffen lassen. So ist die Gesetzgebung des
Mamluken Kayitbay, des Akkoyunlu Uzun Hasan und des Dulkadirli Ala ad-
Davla in der Gestalt osmanischer känün-näme überliefert.
Gesetzgebung im
19. Jahrhundert
Das Amtsblatt Takvim-i Vakäyi veröffentlichte seit 1831 erlassene Gesetze.
Nach seiner teilweisen bzw. endgültigen Einstellung (1878-1891, 1892) wurden
Gesetze in der vom Justizministerium
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