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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
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fragte: »Cynthia?«, war ihr klar, dass er gewusst hatte, dass sie hier zur Schule ging.
    Sie stieg die Treppe hinunter und war überrascht, wie widerstrebend sie es tat. Normalerweise befand sie sich Alan gegenüber im Vorteil, weil sie sich an einem Ort befand, der für sie wie eine Bühne war. Jetzt befanden sie sich in einer Schule in Ealing mit weißen Wänden, die grau geworden, und grauen Fliesen, die weiß geworden waren. Sie hatte weder Kostüm noch Szene noch Publikum.
    Sie hob das Kinn, als sie unten war. Sie brauchte keine Requisiten.
    Â»Du wolltest Nick in meiner Klasse haben?«
    Â»Nun, ja«, erklärte Alan milde. »Wir sind doch alle aus demselben Grund in London, nicht wahr? Ich dachte, es wäre schön für Nick, wenn er jemanden an der Schule kennt.«
    Sie waren alle aus dem gleichen Grund in London. Dort war der Zirkel des Aventurin, ein Kreis von Magiern, die den Angriff auf dem Jahrmarkt der Kobolde nicht verzeihen würden, ein Kreis mit einem ganz bestimmten Magier, der Alan sein Siegel aufgedrückt hatte und ihn jederzeit alles tun lassen konnte, was er wollte.
    Sin nickte. »Das ist sehr vernünftig. Gibt es einen Grund, warum du mir das nicht gesagt hast? Gibt es einen Grund, warum Nick es nicht wusste, bis er in meine Klasse kam? Sagst du eigentlich überhaupt jemals jemandem irgendetwas?«
    Einen Augenblick war es still und Sin merkte, dass es aussah, als sei sie nur durch die Schule gerannt, um Alan zu beschimpfen.
    Sein Mund verzog sich und seine Wangen röteten sich, als hätte sie eine wunde Stelle getroffen.
    Â»Nicht oft.«
    Sin biss sich auf die Lippe.
    Â»Ich bin nicht gekommen, um dich anzuschreien.«
    Alan sah sie ein wenig erschrocken an. »Wolltest du lieber mit etwas nach mir werfen?«
    Â»Es ist alles so verrückt gewesen. Wir mussten unsere Toten begraben und den Umzug organisieren, daher hatte ich noch keine Gelegenheit, mit dir zu sprechen.«
    Â»Wolltest du denn?« Alan klang ungläubig.
    Â»Ja«, fuhr Sin auf. »Ich wollte mich bei dir bedanken.«
    Alan sah sie verwundert an. »Wofür…?«
    Â»Für meinen Bruder«, sagte Sin.
    Sie merkte, wie rau ihre Stimme klang und wusste, dass sie es völlig falsch anfing. Sie wusste nicht, wie man sich bei jemandem für so etwas bedankte. Sin war durch und durch ein Kind des Marktes. Sie verstand etwas vom Handeln und von Geschäften. Sie hatte stets ihre Schulden bezahlt und versuchte, faire Preise zu nehmen.
    Jetzt konnte sie nur Danke sagen, und sie fühlte sich total jämmerlich, weil sie nichts anderes zu bieten hatte.
    Für Tobys Leben konnte sie keinen Preis berechnen. Sie hatte nichts zu geben, was ihre Schuld jemals auch nur annähernd ausgleichen konnte. Sollte Alan Ryves sie je um etwas bitten, würde sie es ihm geben müssen.
    Sie wünschte, er würde sie um etwas bitten, anstatt nur dazustehen und sie mit höflicher Überraschung anzusehen.
    Â»Cynthia«, sagte er mit jener sanften Stimme, die sie so verabscheute. So sprach er mit kleinen Kindern. »Ich hätte das für jeden getan.«
    Â»Und ich hätte jedem dafür gedankt!«, erwiderte Sin.
    Plötzlich donnerte etwas gegen das Fenster im Treppenhaus, es klang wie ein Hagelsturm.
    Sin schaute aus einem Fenster und sah nur klaren blauen Himmel. Dann blickte sie zurück, begegnete Alans ernstem Blick, und sie drückten sich abwartend zu beiden Seiten des Treppenhauses an die Wand.
    Jetzt klang das Geräusch weniger nach einem Hagelsturm, sondern eher nach Dutzenden von Fäusten, die immer fester gegen das Fenster schlugen, bis Glasscherben auf den Boden klirrten.
    Sie zog das Messer unter ihrer Bluse hervor und schlich sich vorsichtig an der Wand entlang, bis sie die Treppe hinaufsehen konnte.
    Oben stand eine Gestalt wie aus einem Albtraum und suchte sich den Weg durch die Glasscherben, so vorsichtig wie eine alte Dame. Sie bestand aus einer Ansammlung von Knochen. Als Ellbogen hatte sie einen Fuchsschädel und ganz oben auf dem Sammelsurium thronte ein Totenschädel.
    Die Knochen wurden von Bändern zusammengehalten. Sin sah, wie die kleinen Stofffetzen leicht zuckten, bevor das Ding seine unförmigen Glieder bewegte. Es sah aus wie eine riesige, grauenvolle Marionette.
    Die langen Knochen, die es ungefähr dort hatte, wo Unterarme sein sollten, schienen von Pferdebeinen zu stammen und waren spitz zugefeilt.
    Sie

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