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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
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leuchteten, pfiff ihr ein Junge nach.
    Â»Mädchen«, sagte er. Er war weiß, trug teure Kleidung und schien der Meinung zu sein, dass er im Ghetto-Slang sprach. »Du bist toll.«
    Â»Junge«, gab sie unwirsch zurück. »Das weiß ich.«
    Sie beachtete ihn nicht weiter und stieß gleich darauf die schwere Tür auf, um den düsteren und staubigen Laden zu betreten. An einer Treppe hing ein kleines Pappschild mit der Aufschrift »Angebote« und einem roten Pfeil, der nach unten deutete. Die Stufen hinunter waren goldgelb und sahen poliert aus, aber sie knarrten und fühlten sich unsicher an.
    Im Keller standen vier Frauen. Sin erinnerte sich an die Buchhändlerin, eine Frau aus Südindien mit müden Augen und einem grünen Pullover. Sie legte Amulette am Boden aus.
    Zwei der drei anderen Frauen trugen sehr schönen Schmuck, eine von ihnen hatte rotes Haar mit Strähnen frisch aus dem Salon. Nun, wenn sie sich so etwas leisten konnten, mussten sie Geld haben.
    Â»Das ist Sin Davies«, stellte die Buchhändlerin sie vor. Sie hieß Ana, erinnerte sich Sin.
    Sin lächelte nur, ein schönes, geheimnisvolles und schweigsames Lächeln, und streckte die Hand nach der Kreide aus.
    Â»Ich hoffe, die Amulette sind in Ordnung«, sagte Ana.
    Â»Sie sehen gut aus«, meinte Sin. Die Frau hielt ein Päckchen farbiger Kreide in der Hand. Sin nahm sie und wählte ein himmelblaues Stück aus.
    Die Kreide quietschte und bröckelte, als Sin damit auf den Dielenbrettern ansetzte und um die Amulette herumfuhr, die Kommunikationslinien beschrieb, die die stumme Sprache der Dämonen übersetzen sollten, und den großen Kreis, in dem sie und der Dämon gefangen sein würden. Immer wieder fuhr sie die Linien nach. Der Dämon durfte nicht die leiseste Chance haben, zu entkommen.
    Zum Schluss hatte sie nur noch einen nutzlosen Stummel in den Fingern und himmelblauen Kreidestaub an den Händen.
    Sie stand auf und sah zu Ana und den drei anderen hinüber, die wie ein Hexenzirkel zusammenstanden.
    Nein, dachte sie. Sie waren nur ein Publikum. Es war Zeit für die Vorstellung.
    Am Tag vor dem Markt begannen viele Tänzer zu weinen und bekamen Angst, aber nie ließen sie das Publikum etwas davon spüren. Sin hob den Arm über den Kopf, als trüge sie ein Glitzerkostüm und wollte eine Zirkusshow eröffnen.
    Sie behielt die roten Slipper an, die Mae ihr gekauft hatte, auch wenn sie ohne sie wahrscheinlich besser tanzen könnte. Als Glücksbringer.
    Dann betrat sie den Kreis.
    In ihrem eigenen Herzschlag hörte sie die Trommeln des Jahrmarkts der Kobolde. Der Markt steckte ihr im Blut und in den Knochen. Es spielte keine Rolle, wo sie sich aufhielt: Sie konnte eine Marktnacht herbeitanzen.
    Und der Dämon würde kommen.
    Sie tanzte und machte den Vorhang ihrer dunklen Haare zur Nacht, die Falten ihres Rockes zu den Behängen der Marktstände. Der Schwung ihrer Hüften und der Bogen ihres Rückens waren der Tanz. Das konnte ihr niemand nehmen und niemand konnte ihr widerstehen.
    Kauft, Leute.
    Â»Ich rufe Anzu, den Nachtflieger, den Vogel, der Todesbotschaften überbringt, den, der sich erinnert. Ich rufe den, den sie in Griechenland Aeolos, den Herrscher der Winde nennen, ich rufe Ulalena aus dem Dschungel. Ich rufe wie meine Mutter vor mir, ich rufe und ich verlange gehört zu werden. Ich rufe Anzu.«
    Die dunkle Wolke ihres Haares versperrte ihr einen Augenblick lang die Sicht auf den Raum, als sie fertig war. Als sich die kurze Dunkelheit hob, wurde es bereits heller. Es erklang ein Geräusch wie ein Knistern oder Flüstern.
    Sin hatte das Gefühl, auf einem riesigen Herd zu stehen, den jemand gerade eingeschaltet hatte.
    Blass und flackernd leuchteten die Flammen auf. Sie schienen heißer zu brennen als auf dem Markt.
    Der Dämon erschien wie von feurigen Marionettensträngen herbeigezogen. Anzu versuchte gleichzeitig, sie zu ärgern und sie zu ängstigen. Seine Flügel waren flammende Feuerflächen, aus denen sich Funken lösten und sich in Federn verwandelten.
    Er trug schwarz wie die männlichen Tänzer auf dem Markt im Kontrast zu den bunten Kleidern der Mädchen.
    Feuer und Federn regneten auf sie herunter und sie hatte keinen Partner.
    Anzu legte den Kopf schief. Sein goldenes Haar schien von Federn gemustert. Sie spürte alles, was sie normalerweise in Gegenwart eines Dämonen

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