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Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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Sie haben eins und eins zusammengezählt, und die ärztlichen Unterlagen werden es bestätigen. Er hat recht, ich muss heim.«
    »Wir haben Leute, die ebenfalls nach Ihnen Ausschau halten«, sagte Epstein. »Ich habe ein paar Anrufe getätigt. Wir handeln so schnell wir können, aber  …«
    »Ich komme mit«, sagte Jimmy.
    »Nein. Geh wieder ins Cal’s.«
    »Warum?«
    Will ergriff Jimmys Arme und schaute ihm in die Augen. »Weil ich diese Sache zu Ende bringen muss«, sagte er. »Verstehst du? Ich will nicht, dass du mit reingezogen wirst. Du musst sauber bleiben. Ich brauche dich, aber sauber.« Dann schien ihm etwas einzufallen. »Dein Neffe«, sagte er. »Maries Sohn? Er ist doch noch bei der Polizei in Orangetown, nicht wahr?«
    »Yeah, der ist da draußen. Aber ich glaube, er hat erst später Dienst.«
    »Kannst du ihn anrufen? Bitte ihn einfach darum, zum Haus zu gehen und eine Weile bei Elaine und Charlie zu bleiben. Sag ihm nicht, warum. Lass dir einfach irgendeinen Vorwand einfallen, irgendwas mit einem alten Fall, vielleicht ein Exknacki, der einen Brass hat. Machst du das? Wird er das machen?«
    »Er wird es machen«, sagte Jimmy.
    Epstein reichte Will seine Autoschlüssel.
    »Nehmen Sie meinen Wagen«, sagte er und deutete auf einen alten Chrysler, der in der Nähe stand. Will nickte zum Dank, dann wollte er gehen, aber Epstein hielt ihn am Arm zurück.
    »Versuchen Sie nicht, sie zu töten«, sagte Epstein. »Es sei denn, Sie haben keine andere Wahl.«
    Jimmy sah, wie Will nickte, aber sein Blick verriet ihm, dass er in Gedanken weit weg war. Jimmy wusste, was Will vorhatte.
    Epstein entfernte sich in Richtung U-Bahn. Jimmy rief von einer Telefonzelle aus seinen Neffen an. Danach kehrte er ins Cal’s zurück, wo er etwas trank und mit Leuten plauderte, doch in Gedanken war er ganz woanders, und sein Mund bewegte sich wie von allein, aber er blieb dort, bis die Nachricht kam, dass Will Parker in Pearl River zwei Kids erschossen hatte und man ihn tränenüberströmt im Umkleideraum des Neunten gefunden hatte, wo er darauf wartete, dass man ihn abholte.
    Und als man ihn fragte, warum er in die Stadt zurückgefahren sei, konnte er nur sagen, dass er unter seinesgleichen sein wollte.

23
    Er hätte sich natürlich an seine Kollegen wenden können, aber was hätte er ihnen sagen sollen? Dass zwei Kids seinen Sohn umbringen wollten, dass diese Kids die Wirte anderer Wesen sein könnten, unheilvoller Geister, die bereits die Mutter des Jungen um­gebracht hatten und jetzt zurückgekehrt waren, um auch ihr Kind zu ermorden? Vielleicht hätte er sich eine Lüge ausdenken sollen, irgendeine Geschichte, dass sie seiner Familie gedroht hätten, oder er hätte ihnen erklären können, dass ein junger Mann und eine junge Frau in der Nacht, in der der Klinikdirektor ermordet worden war, gesehen wurden, als sie aus dessen Haus kamen und mit einem Auto wegfuhren, das ihrem ähnlich sah. All das hätte durchaus gereicht, um sie festzuhalten, vorausgesetzt, man konnte sie ausfindig machen, aber er wollte nicht, dass sie lediglich festgehalten wurden – er wollte, dass sie für immer verschwanden.
    Die Warnung des Rabbis, er solle sie nicht töten, war bei ihm keineswegs auf taube Ohren gestoßen. Aber dabei war irgendetwas in ihm zerbrochen. Er hatte gedacht, er könnte mit allem zurechtkommen – Mord, Verlust, einem Kind, das unter einem Stapel Mäntel erstickt war –, doch jetzt war er sich dessen nicht mehr sicher. Er wollte nicht daran glauben, was der Rabbi ihm gesagt hatte, denn das würde alle Gewissheiten, die er in Bezug auf diese Welt hatte, über den Haufen werfen. Er konnte nicht hinnehmen, dass irgendjemand, irgendeine noch unbekannte Instanz, den Tod seines Sohnes wollte. Die bloße Absicht war schockierend, und er konnte es nicht verstehen, aber er konnte damit umgehen, solange ihre Vertreter menschlich waren. Schließlich gab es keinerlei Beweise dafür, dass das, was der Rabbi glaubte, tatsächlich stimmte. Der Mann und die Frau, die Caroline gejagt hatten, waren tot. Er hatte sie beide sterben sehen und nach dem Tod auf ihre Leichen geblickt.
    Aber damals waren sie anders gewesen, nicht wahr? Die Toten sind immer anders – kleiner irgendwie, wie geschrumpft. Die Gesichter verändern sich und die Körper kollabieren. Im Laufe der Jahre war er zu der Überzeugung gelangt, dass es eine menschliche Seele gab, wenn auch nur deshalb, weil sie in den Körpern der Toten nicht mehr vorhanden war.

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