Der Pakt der Liebenden
zu haben.
Als er zu sich kam, lag er bäuchlings in der Küche. Seine Hände waren auf den Rücken gefesselt, die Füße zusammengebunden, bis zum Hintern hochgezogen und mit den Händen verschnürt, so dass er sich nicht bewegen konnte. Er spürte kalte Luft auf seiner bloßen Haut, aber nicht so schlimm wie vorher. Die Kellertür war wieder geschlossen worden, und jetzt drang nur leichte Zugluft durch die Ritze zwischen Küchentür und Boden. Die Fliesen waren allerdings eisig. Er fühlte sich schwach. Seine Hände und das Gesicht glitschten vor Blut, und sein Kopf schmerzte. Er versuchte einen Hilferuf auszustoßen, bis eine Klinge seine Wange berührte. Die Gestalt neben ihm war so leise und reglos gewesen, dass er sie nicht einmal wahrgenommen hatte, bis sie sich bewegte.
»Nein«, sagte eine Männerstimme, die er nicht kannte.
»Was wollen Sie?«
»Reden.«
»Worüber wollen Sie reden?«
»Über Charlie Parker. Seinen Vater. Seine Mutter.«
Durch die Anstrengung floss wieder Blut aus der Wunde an seinem Kopf. Es rann herab und brannte ihm in den Augen.
»Reden Sie mit ihm persönlich, wenn Sie irgendwas wissen wollen. Ich habe Charlie Parker seit Jahren nicht mehr gesehen, nicht mehr seit –«
Ein Apfel wurde ihm in den Mund gedrückt, so heftig und tief, dass er ihn weder ausspucken noch zerbeißen konnte. Er starrte auf das Gesicht seines Angreifers und meinte, noch nie so dunkle und gnadenlose Augen gesehen zu haben. Eine Scherbe vom Weinglas wurde ihm vors Gesicht gehalten. Jimmys Blick wanderte von ihr zu dem Zeichen, das allem Anschein nach in die Haut am Unterarm des Mannes gebrannt worden war, dann wieder zu dem Glas. Er hatte dieses Zeichen schon einmal gesehen, und mit einem Mal wurde ihm klar, womit er es zu tun hatte.
Anselm. Ambros.
Anmael.
»Du lügst. Ich werde dir zeigen, was mit schwulen Cops geschieht, die Lügen erzählen.«
Mit einer Hand ergriff Anmael Jimmys Nacken und drückte seinen Kopf nach unten, während er mit der anderen den abgebrochenen Stiel des Weinglases zwischen den Schulterblättern in die Haut stieß.
Und Jimmy schrie gegen den Apfel an.
31
Jimmy wurde von Esmerelda entdeckt, der aus El Salvador stammenden Frau, die zweimal die Woche zum Putzen zu ihm kam. Als die Polizei eintraf, weinte sie, war aber ansonsten ruhig. Wie sich herausstellte, hatte sie zu Hause jede Menge Tote gesehen und war nicht so leicht zu erschrecken. Trotzdem konnte sie nicht aufhören, um Jimmy zu weinen, der ihr gegenüber immer so nett, freundlich und lustig gewesen war, der ihr mehr bezahlt hatte als nötig, samt einer Weihnachtsgratifikation.
Louis erzählte es mir. Er kam kurz nach neun Uhr morgens in die Wohnung. Die Geschichte hatte es bereits in die Radio- und Fernsehnachrichten geschafft, allerdings ohne dass der Name des Opfers genannt wurde, aber Louis hatte nicht lange gebraucht, um herauszufinden, dass es sich um Jimmy Gallagher handelte. Ich sagte eine Zeitlang gar nichts. Ich konnte es nicht. Aus Liebe zu meinem Vater und meiner Mutter und, wie ich glaube, auch aus unnötiger Sorge um mich hatte er seine Geheimnisse gewahrt. Von allen Freunden, die mein Vater hatte, war Jimmy derjenige, der ihm gegenüber am loyalsten gewesen war.
Ich setzte mich mit Santos in Verbindung, dem Detective, der mich in der Nacht, in der Mickey Wallaces Leiche entdeckt worden war, zur Hobart Street mitgenommen hatte.
»Es war schlimm«, erwiderte er. »Jemand hat sich Zeit gelassen, als er ihn umgebracht hat. Ich habe versucht, Sie anzurufen, aber Ihr Telefon funktionierte nicht.«
Er teilte mir mit, dass Jimmys Leiche zum Chef der Rechtsmedizin ins Kings County Hospital an der Clarkson Avenue in Brooklyn gebracht worden sei, und ich bot ihm an, mich dort mit ihm zu treffen.
Santos rauchte draußen eine Zigarette, als das Taxi vor dem Leichenschauhaus hielt.
»Sie sind schwer ausfindig zu machen«, sagte er. »Haben Sie Ihr Handy verloren?«
»So was Ähnliches.«
»Wir müssen miteinander reden, wenn die Sache erledigt ist.«
Er warf die Kippe weg, und ich folgte ihm hinein. Er und ein zweiter Detective namens Travis standen zu beiden Seiten der Leiche, als der Assistent das Laken wegzog. Ich war neben Santos. Er schaute dem Assistenten zu. Travis beobachtete mich.
Jimmy war gewaschen worden, aber er hatte zahlreiche Schnitte im Gesicht und am Oberkörper, darunter einen an der linken Wange, der so tief war, dass ich die Zähne sehen konnte.
»Drehen Sie ihn um«, sagte
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