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Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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als mein Vater, und Jimmy Gallagher, der alte Partner und beste Freund meines Vaters. Meine Mutter hatte meinen Vater und Jimmy Gallagher manchmal fast liebevoll als die »Geburtstagsjungs« bezeichnet, weil sie zweimal im Jahr abends in die Stadt gingen. Nur bei diesen Anlässen blieb mein Vater die ganze Nacht weg und tauchte erst tags darauf kurz vor Mittag wieder auf. Er kam dann schweigsam zurück, fast so, als wollte er sich entschuldigen, war leicht mitgenommen, torkelte aber niemals oder hatte Schlagseite, und schlief bis zum Abend. Meine Mutter gab nie einen Kommentar dazu ab. Sie gönnte es ihm, denn er schlug nur selten über die Stränge, jedenfalls kam es mir so vor.
    Und dann war da noch Jimmy Gallagher selbst. Ich hatte ihn kurz nach der Beerdigung zum letzten Mal gesehen, als er zu uns gekommen war, um sich zu erkundigen, wie es meiner Mutter und mir ging, und sie ihm erklärt hatte, dass sie vorhabe, Pearl River zu verlassen und nach Maine zurückzukehren. Meine Mutter hatte mich zu Bett geschickt, aber welcher Teenager hätte nicht oben an der Treppe gelauscht, um etwas zu erfahren, was man ihm seiner Meinung nach vorenthielt? Und ich hatte gehört, wie meine Mutter sagte: »Wie viel hast du gewusst, Jimmy?«
    »Worüber?«
    »Über alles: das Mädchen, die Leute, die gekommen sind. Wie viel hast du gewusst?«
    »Ich habe über das Mädchen Bescheid gewusst. Die anderen …«
    Ich konnte regelrecht sehen, wie er die Achseln zuckte.
    »Will hat gesagt, es waren die gleichen Leute.«
    Jimmy antwortete eine Zeitlang nicht. Dann: »Das kann nicht sein. Das weißt du doch. Ich habe eine von ihnen getötet, und der andere ist mehrere Monate vorher gestorben. Die Toten kehren nicht zurück, nicht so.«
    »Er hat es mir zugeflüstert, Jimmy.« Sie hielt die Tränen zurück, aber nur mit Mühe. »Es war mit das Letzte, was er zu mir gesagt hat. Er hat gesagt, sie waren es.«
    »Er hatte Angst, Elaine, Angst um dich und den Jungen.«
    »Aber er hat sie umgebracht, Jimmy. Er hat sie umgebracht, und sie waren nicht einmal bewaffnet.«
    »Ich weiß nicht, warum –«
    » Ich weiß es. Er wollte sie aufhalten. Er wusste, dass sie letzten Endes zurückkommen würden. Sie würden keine Schusswaffen brauchen. Sie könnten ihre bloßen Hände benutzen, wenn es sein musste. Vielleicht –«
    »Was?«
    »Vielleicht hätten sie das sogar vorgezogen«, schloss sie.
    Jetzt fing sie an zu weinen. Ich hörte, wie Jimmy aufstand, und wusste, dass er sie in die Arme nahm und tröstete.
    »Eins weiß ich. Er hat dich geliebt. Er hat euch beide geliebt, und er hat alles bedauert, mit dem er dir wehgetan hat. Ich glaube, er hat sechzehn Jahre lang versucht, es bei dir wiedergutzumachen, aber er konnte es nicht. Es war nicht deine Schuld. Er konnte es sich nicht verzeihen, das ist alles. Er konnte es einfach nicht …«
    Meine Mutter schluchzte noch heftiger, und ich wandte mich ab und ging so leise wie möglich in mein Zimmer, wo ich vom Fenster aus den Mond betrachtete, auf die Franklin Avenue starrte und auf den Fußweg, den mein Vater nie wieder entlanglaufen würde.
    Der Kellner kam und räumte unsere Teller ab. Er war sichtlich beeindruckt davon, dass Angel und Louis ihr ganzes Essen verputzt hatten, und dementsprechend enttäuscht von mir. Wir bestellten Kaffee und beobachteten, wie sich das Lokal allmählich leerte.
    »Können wir irgendwas tun?«, fragte Angel.
    »Nein. Ich glaube, das ist meine Sache.«
    Er musste mir am Gesicht angesehen hatten, dass mir irgendetwas durch den Kopf ging.
    »Was verrätst du uns nicht?«, fragte er.
    »Durand hat gesagt, dass vor zwei Monaten ein junger Mann – Ende zwanzig, vielleicht ein bisschen älter – bei seinem Haus war. Er hat rumgeschnüffelt. Durand hat ihn darauf angesprochen, und der Typ hat gesagt, er wäre ›jagen‹.«
    »In Pearl River?«, meinte Angel. »Was wollte er denn jagen: Kobolde?«
    Louis ergriff das Wort. »Vielleicht hat es nichts mit dir zu tun.«
    »Vielleicht nicht«, pflichtete ich bei. »Aber er hat Durand gefragt, ob er wüsste, was dort passiert ist.«
    »Ein Sensationslüsterner. Ein Mordtourist. So was gab’s doch schon immer.«
    »Durand hat gesagt, der Typ hätte ihn nervös gemacht, das ist alles. Er konnte nicht genau sagen, warum.«
    »Da kannst du nicht viel machen, es sei denn, er kreuzt wieder auf.«
    »Yeah, ein Endzwanziger in New York, der die Leute nervös macht. Sollte nicht schwer zu entdecken sein. Verdammt, die Beschreibung

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