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Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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an dem sein Partner zum Mörder geworden war.
    »Verschwinden Sie von meiner Treppe. Sie verderben mir den Abend.«
    Er schlug Mickey die Tür vor der Nase zu. Mickey starrte sie einen Moment lang an, dann zog er die Visitenkarte aus seiner Hemdtasche und steckte sie in den Türrahmen, bevor er nach Manhattan zurückfuhr.
    Jimmy saß an seinem Küchentisch. Neben ihm standen ein leeres Glas und eine halbe Flasche Syrah, dazu die Reste seines Abendessens. Jimmy kochte gern für sich, sogar noch lieber als für andere Leute. Wenn er für sich kochte, musste er sich keine Gedanken darüber machen, was dabei herauskam oder was die anderen Leute von dem hielten, was er zubereitet hatte. Er konnte zu seinem eigenen Vergnügen kochen, und er wusste, was ihm schmeckte. Er hatte sich auf einen ruhigen Abend mit einer guten Flasche Wein und einem alten Kriminalfilm auf TCM gefreut. Jetzt war die Ruhe, die ohnehin schon erschüttert war, endgültig dahin. Sie war erschüttert, seit Charlie Parker vor seiner Tür gestanden hatte. In diesem Moment hatte Jimmy das Gefühl gehabt, der Boden werde ihm unter den Füßen weggezogen. Er hatte gehofft, die Vergangenheit ließe ihn in Frieden, zumindest halbwegs. Jetzt bewegte sich die Erde, und zerfetztes Fleisch und alte Knochen kamen zum Vorschein.
    Er hatte immer befürchtet, dass es womöglich falsch gewesen war, als er die Ermittler belogen und im Laufe der folgenden Jahrzehnte Stillschweigen gewahrt hatte. Wie ein Splitter, der tief im Fleisch steckt, hatte das Wissen darum, dass er sich mit anderen abgesprochen hatte, damit die Wahrheit nicht herauskam, nicht einmal das wenige, das er wusste, in ihm geschwärt. Jetzt rückte der Zeitpunkt näher, an dem die Entzündung entweder aus seinem Körper getilgt werden oder ihn zerstören würde.
    Er füllte sein Glas und ging in die Diele. Er trank einen Schluck Wein und wählte zum zweiten Mal, seit Parker ihn besucht hatte, die Nummer. Nach dem fünften Klingeln nahm jemand ab. Im Hintergrund hörte er Geräusche – Teller, die abgespült wurden, Frauengelächter –, als der alte Mann Hallo sagte.
    »Jimmy Gallagher hier«, sagte er. »Es gibt ein weiteres Problem.«
    »Schießen Sie los«, sagte der Alte.
    »Bei mir war gerade ein Reporter, Wallace heißt er, Michael Wallace. Er hat sich … nach diesem Tag erkundigt.«
    Daraufhin herrschte kurzes Schweigen. »Wir wissen über ihn Bescheid. Was haben Sie ihm gesagt?«
    »Nichts. Ich habe mich an die Geschichte gehalten, wie Sie gesagt haben, wie ich’s immer getan habe. Aber –«
    »Fahren Sie fort.«
    »Die Sache fliegt auf. Erst Charlie Parker, jetzt der Typ.«
    »Sie drohte immer aufzufliegen. Mich wundert nur, dass es so lange gedauert hat.«
    »Was soll ich machen?«
    »In Bezug auf den Reporter? Nichts. Sein Buch wird nicht veröffentlicht werden.«
    »Sie scheinen sich dessen ja sehr sicher zu sein.«
    »Wir haben Freunde. Wallaces Vertrag wird aufgelöst. Wenn ihm für seine Mühe kein Geld winkt, wird er die Lust verlieren.«
    Jimmy war sich dessen nicht so sicher. Er hatte Wallaces Miene gesehen. Geld mochte einer der Anreize zu dieser Recherche sein, aber es war nicht der einzige Beweggrund. Er war fast wie ein guter Cop, dachte Jimmy. Man bezahlte ihn nicht dafür, dass er seinen Job machte, man bezahlte ihn dafür, dass er nichts anderes machte. Wallace wollte die Story. Er wollte die Wahrheit herausfinden. Wie all jene, die entgegen allen Erwartungen Erfolg haben, hatte er etwas Fanatisches an sich.
    »Haben Sie mit Charlie Parker gesprochen?«
    »Noch nicht.«
    »Wenn Sie warten, bis er zu Ihnen kommt, werden Sie feststellen, dass sein Unmut umso größer sein wird. Rufen Sie ihn an. Sagen Sie ihm, er soll herunterkommen und mit Ihnen reden.«
    »Und was sage ich ihm in Bezug auf Sie?«
    »Erzählen Sie ihm alles, Mr. Gallagher. Sie haben Ihrem Freund ein Vierteljahrhundert die Treue gehalten. Sie haben seinen Sohn und uns lange beschützt. Wir sind Ihnen dankbar dafür, aber jetzt ist es an der Zeit, dass die Wahrheit ans Licht kommt.«
    »Danke«, sagte Jimmy.
    »Nein, ich danke Ihnen. Einen schönen Abend noch.«
    Der Hörer wurde aufgelegt. Jimmy wusste, dass er diese Stimme möglicherweise zum letzten Mal gehört hatte.
    Und im Grunde genommen bedauerte er es nicht.

18
    Am Tag nach meiner Auseinandersetzung mit Mickey Wallace beschloss ich, Dave Evans mitzuteilen, dass ich eine Woche frei­nehmen wollte. Ich hatte mir fest vorgenommen, Jimmy Gallagher

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