Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly

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einen besseren Riegel am Fenster anbrachte, oder vielleicht auch irgendein Gitter, aber Carr schüttelte nur den Kopf.
    »Hier bleibe ich nicht«, sagte sie. »Ich muss weg.«
    »Das ist eine große Stadt«, sagte Will. »So was kommt vor.«
    »Ist mir klar. Trotzdem muss ich umziehen.«
    Sie hatte sichtlich Angst, aber sie war nicht unbegründet, und es war auch nicht nur eine übertriebene Reaktion auf einen beunruhigenden, wenn auch alltäglichen Vorfall. Was sie erschreckte, hatte nur teilweise etwas mit den Ereignissen dieser Nacht zu tun.
    »Dein Vater muss es auch gespürt haben«, sagte Jimmy. »Er war schweigsam, als wir wegfuhren. Wir haben Halt gemacht und uns zwei Kaffee besorgt, und als wir dasaßen und sie getrunken haben, hat er gesagt: ›Worum ist es deiner Meinung nach gegangen?‹
    ›Es läuft auf einen Zehn-dreißig-einser raus. Mehr ist da nicht dran.‹
    ›Aber die Frau hatte Angst.‹
    »Sie lebt allein in einer Schuhschachtel. Wenn jemand einbricht, hat sie nicht viele Fluchtmöglichkeiten.‹
    ›Nein, da steckt mehr dahinter. Sie hat uns nicht alles gesagt.‹
    ›Was bist du jetzt, ein Hellseher?‹
    Daraufhin hat er sich zu mir umgedreht. Er hat nichts gesagt. Er hat mich bloß in Grund und Boden gestarrt.
    ›Okay‹, hab ich gesagt. ›Du hast recht. Ich hab’s auch gespürt. Willst du noch mal hin?‹
    ›Nein, jetzt nicht. Vielleicht später.‹
    Aber wir sind nicht mehr hingefahren. Ich jedenfalls nicht. Dein Vater schon. Er ist womöglich sogar noch in dieser Nacht hingefahren, als seine Tour zu Ende war.
    Und so hat es angefangen.«
    Will erklärte Jimmy, dass er nicht mit Caroline geschlafen hatte, bis sie sich zum dritten Mal trafen. Er behauptete, er hätte nicht die Absicht gehabt, sich mit ihr einzulassen, aber sie habe irgendetwas an sich, das bei ihm das Bedürfnis weckte, ihr zu helfen und sie zu beschützen. Jimmy wusste nicht, ob er ihm glauben sollte oder nicht, und seiner Meinung nach spielte das auch keine große Rolle. Will Parker hatte immer eine sentimentale Ader gehabt und, wie Jimmy gern sagte, indem er Oscar Wilde zitierte: »Sentimentalität ist der Bankfeiertag des Zynismus.« Will hatte daheim Probleme, und er war immer noch wegen Melanie Huntingdons Tod erschüttert, deshalb sah er in Gestalt von Caroline Carr eine Möglichkeit, alldem irgendwie zu entrinnen. Er half ihr beim Umzug. Er fand für sie eine Wohnung an der Upper East Side, wo sie mehr Platz hatte und sicherer war. Er brachte sie zwei Nächte lang in einem Motel unter, während er für sie die Miete runterhandelte, dann fuhr er eines Morgens mit dem Auto in die Stadt, statt den Zug zu nehmen, packte ihre sämtlichen Habseligkeiten, viele waren es nicht, hinten in seinen Wagen und brachte sie zu ihrer neuen Wohnung. Die Affäre dauerte nicht länger als sechs, sieben Wochen.
    In dieser Zeit wurde sie schwanger.
    Ich wartete. Ich hatte meinen Wein ausgetrunken, aber als Jimmy mir nachgießen wollte, hielt ich die Hand über mein Glas. Mir war schwindlig, aber das hatte nichts mit dem Wein zu tun.
    »Schwanger?«, sagte ich.
    »Ganz recht.« Er hob die Weinflasche. »Was dagegen, wenn ich mir nachgieße? Das macht alles leichter. Ich habe lange darauf gewartet, dass ich es loswerden kann.«
    Er füllte sein Glas bis zur Hälfte.
    »Sie hatte etwas an sich, diese Caroline Carr«, sagte Jimmy. »Sogar ich konnte das sehen.«
    »Sogar du?« Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Sie war nicht nach meinem Geschmack«, sagte er und lächelte ebenfalls. »Ich hoffe, ich muss nicht mehr dazu sagen.«
    Ich nickte.
    »Aber das war noch nicht alles. Dein Vater war ein gutaussehender Mann. Es gab viele Frauen, die ihm gern einen Teil seiner Bürde abgenommen hätten, ohne dass er zu irgendwas verpflichtet gewesen wäre. Er hätte nicht mehr tun müssen, als ihnen einen Drink zu spendieren. Stattdessen hat er eine Wohnung für diese Frau gesucht und seine Frau angelogen, als er losgefahren ist, um ihr beim Umzug zu helfen.«
    »Glaubst du, er war in sie verschossen?«
    »Anfangs habe ich das gedacht. Sie war jünger als er, wenn auch nicht viel, und wie schon gesagt, sie hatte einen gewissen Liebreiz. Ich glaube, es hing damit zusammen, dass sie so zerbrechlich wirkte, auch wenn dieser Eindruck trügerisch war. Deshalb, ja, klar, habe ich gedacht, es wäre Liebe, und vielleicht war’s das am Anfang ja auch. Aber später hat mir Will alles Weitere erzählt, jedenfalls so viel, wie er mir erzählen