Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
für Eadgyth: diese beiden einfachen Wörter. Tutus est. Ich hatte das Pergamentblatt in der Hand gehalten, hatte die tintenschwarzen Formen der Buchstaben mit meinem Finger nachgezogen. Es hatte keinen Hinweis auf Harolds Ruhestätte gegeben, es sei denn, diese Wörter hätten noch eine andere, versteckte Bedeutung – eine, die wir noch nicht herausgefunden hatten.
»Aber Ihr habt geschrieben, dass sie sicher sei, nicht mehr«, sagte Eudo.
Malets Augen wurden schmal. »Wovon redet Ihr?«
»Ich habe den Brief gesehen, Mylord «, sagte ich. »Tutus est. Auf dieser Schriftrolle stand nichts sonst.«
»Aber das habe ich nicht geschrieben.« Der Vicomte stand auf und schaute uns an, und seine Wangen hatten wieder Farbe angenommen, und er machte einen verwunderten Eindruck.
»Ich habe den Brief gesehen.« Mein Blut war immer noch heiß von der Schlacht, aber ich versuchte meine Verdrossenheit nicht zu zeigen. »Euer Siegel war darauf, Mylord .«
»Ich habe diese Wörter nicht geschrieben«, beharrte Malet. »Das war nicht die Botschaft, die ich geschickt habe.«
»Aber wenn Ihr sie nicht geschrieben habt, wer dann?«, fragte Wace.
Soweit ich sehen konnte, gab es nur einen Menschen, der außer mir und Eadgyth diese Schriftrolle gesehen haben konnte. Und ich erinnerte mich an seinen Zorn, als ich durchblicken ließ, dass ich sie gelesen hatte. Er hätte nicht so reagiert, wenn er es nicht auch gewusst hätte. Es sei denn, er hätte diese Botschaft selber geschrieben. Ein Schauer überkam mich.
»Es war Ælfwold«, sagte ich.
»Der Priester?«, fragte Eudo.
»Er muss den Brief geändert haben.« Das war nicht schwierig: man musste nur die ursprüngliche Tinte mit einem Messer abkratzen, und wenn man das gut machte, konnte man das Pergament wieder benutzen. Als ich im Kloster aufwuchs, hatte ich manchmal Bruder Raimond dabei beobachtet, wie er das im Scriptorium machte. Schwieriger musste es gewesen sein, Malets Handschrift so gut zu fälschen, dass Eadgyth es nicht bemerkte, und doch bezweifelte ich nicht, dass der Kaplan das hätte bewerkstelligen können, denn wer sonst wäre mit der Handschrift des Vicomtes vertrauter gewesen?
»Nein«, sagte Malet kopfschüttelnd. »Das ist unmöglich. Ich kenne Ælfwold. Er hat mir und meiner Familie lange Jahre treue Dienste geleistet. So etwas würde er nie tun.«
»Niemand sonst kann es gewesen sein, Mylord «, sagte ich. Er tat mir fast leid: entdecken zu müssen, dass jemand, dem er so lange und so blind vertraut hatte, ihn auf diese Weise hatte täuschen können.
Malet wandte sich von uns ab dem Kamin zu, und er hatte die Fäuste so fest geballt, dass ich sehen konnte, wie seine Knöchel weiß wurden. Ich hatte noch nie gesehen, wie er die Beherrschung verlor, aber er tat es jetzt und fluchte wieder und wieder, bevor er das Gesicht in die Hände vergrub.
»Begreift Ihr, was das bedeutet?«, sagte er. »Es bedeutet, dass er es weiß. Ælfwold weiß, wo Harolds Leiche liegt.«
»Aber was hat er davon?«, fragte Wace.
»Das hängt davon ab, was er vorhat«, erwiderte Malet. »Ohne eine bestimmte Absicht hätte er nichts dergleichen getan, dessen bin ich sicher.«
Eine Weile herrschte Schweigen im Raum. Ich dachte zurück an die Nacht, als wir in Ælfwolds Zimmer eingedrungen waren, und versuchte mich zu erinnern, was er uns gesagt hatte. Es gab nur einen Grund, den ich mir vorstellen konnte, weshalb der Priester so etwas tun würde.
»Er hat vor, sich selber der Überreste Harolds zu bemächtigen«, sagte ich. »Sie irgendwo anders zu bestatten und einen Heiligen aus ihm zu machen, einen Märtyrer für die Engländer.«
»Seine eigene Rebellion zu beginnen«, sagte Malet so leise, dass es fast ein Flüstern war. Er starrte mich an, als könne er fast nicht glauben, dass es wahr sei. Aber ich sah nicht, was es sonst für eine Erklärung geben konnte.
»Wie lange ist es her, dass Ihr Lundene verlassen habt?«, fragte Malet.
Ich zählte im Geiste zurück. Wir hatten vier Tage gebraucht, um das Heer des Königs einzuholen, und weitere sechs auf dem Marsch vor dem Angriff auf Eoferwic. »Zehn Tage«, sagte ich.
»Dann sind es zehn Tage, in denen er seinen Plan schon hätte ausführen können.« Er sprach leise, und sein Gesicht rötete sich. »Falls Ihr recht habt und Ælfwold Erfolg hat, ist das mein Verderben. Er muss aufgehalten werden.«
Nicht nur das Verderben Malets, dachte ich, sondern das von allem, für das wir seit unserer Ankunft hier vor mehr als zwei
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