Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
letzter überlebender Erbe des alten englischen Geschlechts war Eadgar die einzige andere Gestalt, um die sich der Feind nach Hæstinges hätte scharen können; sein Titel Ætheling bezeichnete jemand von königlichem Geblüt, wie mir Eudo zumindest einmal erzählt hatte. Bis jetzt hatte Eadgar allerdings keine Sehnsucht nach Rebellion bewiesen; stattdessen hatte er beschlossen, sich König Guillaume bald nach der Schlacht zu unterwerfen, und blieb so eine bedeutende Figur am Hof. Erst als im vergangenen Sommer Gerüchte von Anschlägen gegen ihn laut geworden waren, floh er nach Schottland, aber selbst da hatte niemand ihn für fähig gehalten, eine Armee auf die Beine zu stellen.
»Ich würde davon abraten, Mylord«, sagte Gilbert mit leiser Stimme. »Wir wissen, wie heimtückisch die Northumbrier sind. Dies sind dieselben Wilden, die Richard erst vor vier Tagen ermordet haben.«
»Gleichwohl«, sagte Malet, »würde ich es vorziehen, meinem Feind ins Gesicht zu sehen.« Aber obwohl er voll Zuversicht sprach, war sein Gesicht grimmig. Er schaute in die Runde, erblickte einen seiner Diener und rief nach seinem Schwert und seinem Kettenpanzer, bevor er zu dem Engländer sagte: »Sagt Eurem Herrn, dass ich mich mit ihm treffen will.«
»Das ist unklug, Guillaume«, sagte Gilbert, diesmal etwas lauter. »Was ist, wenn sie noch einen Hinterhalt planen?«
»Dann werdet Ihr mich mit fünfzig Eurer eigenen Ritter begleiten, um dafür zu sorgen, dass es nicht dazu kommt.«
Einen Augenblick lang sah Gilbert so aus, als wolle er protestieren, aber er musste es sich anders überlegt haben, denn er machte nur ein finsteres Gesicht und stolzierte zu seinem Pferd.
»Kommt mit, Tancred«, sagte der Vicomte. »Das heißt, wenn Ihr den Mann sehen wollt, der für Earl Roberts Tod verantwortlich war.«
»Ja, Mylord«, erwiderte ich, obwohl die Worte steifer klangen, als mir lieb war. Ich konnte spüren, wie die Anspannung in meinem Schwertarm wuchs, versuchte aber, mich zu beruhigen, was allerdings schwierig war, weil Malet mich beobachtete. Als wolle er mich auf die Probe stellen, dachte ich.
»Also gut«, sagte er. »Dann wollen wir hören, was Eadgar zu sagen hat.«
Die Sonne stand schon am Horizont, als wir aus dem nordöstlichen Tor der Stadt hinausritten. Fast alle normannischen Lords, die in Eoferwic residierten, waren bei uns, jeder mit einer Schar von Rittern unter seinem Banner. Malet ritt an ihrer Spitze.
Das Land um Eoferwic herum lag offen in jeder Himmelsrichtung da: weite Marschen mit sanften Hängen, an denen Schafe weideten. Einige Bäume gaben etwas Deckung, aber sie waren so spärlich verteilt, dass ein Hinterhalt unwahrscheinlich war. Der Feind schien auch gar nicht solche Absichten zu haben, denn kaum hatten wir die Stadt verlassen, entdeckte ich keine halbe Meile entfernt Speerspitzen und Helme, die in der niedrig stehenden Sonne funkelten. Eadgar wartete schon auf uns.
»Da sind sie«, murmelte Ælfwold, der neben mir ritt. Der Vicomte hatte ihn als Berater mitgenommen, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, inwiefern der Priester von Nutzen sein würde. Das hier war eindeutig eine Angelegenheit für Männer des Schwerts, nicht für Männer Gottes.
In dem dämmrigen Licht war es schwer, die genaue Zahl der feindlichen Kräfte zu bestimmen, aber ich schätzte, sie hatten mindestens so viele Männer wie wir aufgeboten: einige zu Pferde, andere zu Fuß, und alle von ihnen versammelt unter einem purpurrot-gelben Banner – die Farben des Ætheling, nahm ich an.
Tatsächlich sah ich ihn jetzt. Er war einen Kopf größer als die meisten seiner Männer und trug einen massiven Helm mit Platten an der Seite, um seine Wangen zu schützen, und einem langen Nasenstück, das mit glänzendem Gold gerändert war. Er war umgeben von Männern in Kettenpanzern und Helmen, die mit Speeren und Schwertern und lang geschäfteten Äxten bewaffnet waren und seine Farben auf ihren Schilden trugen. Was die Engländer huscarlas nannten, dachte ich: seine engsten und treuesten Gefolgsleute, seine fähigsten Streiter. Männer, die das Leben ihres Herrn höher einschätzten als ihr eigenes, die bis zum letzten Atemzug zu seiner Verteidigung kämpfen würden. Wie viele von ihnen waren in Dunholm dabei gewesen, fragte ich mich; wie viele von meinen Kameraden waren durch ihre Klingen gestorben?
Wir kamen zum Stillstand, als Eadgar sich mit großen Schritten von seinen Reihen entfernte, flankiert von vier seiner Huscarls. Malet
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