Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
musste mich ducken, weil einer knapp über meinen Kopf flog, während ein anderer sich in das Seitendeck nicht weit von der Stelle bohrte, wo ich stand. Wir hatten es fast bis zur Spitze, fast an ihnen vorbei geschafft. Aber sie gaben immer noch nicht auf, und während sie näher kamen, stellte ich fest, dass sie nicht mehr versuchten, uns den Weg abzuschneiden. Sie versuchten uns zu rammen.
»Schneller«, schrie ich über den Lärm hinweg. Der gemalte Drachenkopf des führenden Schiffs hielt auf unsere Flanke zu, und ich machte mich auf den Aufprall gefasst. »Schneller!«
Ein Zittern lief durch das Schiff, das Deck neigte sich, und die Steuerbordseite stieg hoch. Ich stolperte zur Seite und die Trommel entglitt meinen Fingern und fiel mit einem hohlen Geräusch aufs Deck. Ich gewann mein Gleichgewicht wieder, als der Schiffsrumpf wieder nach unten krachte und weiße Gischt hochschleuderte, sodass ich in die andere Richtung fiel. Einen Augenblick lang dachte ich, das Schiff wäre gerammt worden, und Panik ergriff mich, doch dann begriff ich, dass wir uns noch bewegten und der Feind hinter uns war.
Ich musste unwillkürlich lachen, als ich die beiden Schiffe in unserem Kielwasser erblickte, wo sie verzweifelt versuchten, kehrtzumachen und uns zu verfolgen. Sie mussten uns verfehlt haben, denn ich konnte keinen Schaden am Schiff erkennen, aber als ich nach Steuerbord schaute, sah ich die Schlammbänke gefährlich nahe am Rumpf. Dagegen mussten wir gestoßen sein und es bei der Gelegenheit haarscharf vermieden haben, auf Grund zu laufen.
»Bringt uns hier raus«, rief ich Aubert zu.
Der Schiffmeister schüttelte den Kopf, und seine Lippen bewegten sich, aber bei dem Rauschen der Riemen und dem Klopfen meines Herzens konnte ich nicht verstehen, was er sagte.
»Nach draußen in die Mitte des Stroms!«, sagte ich, aber dann erkannte ich, was er vorhatte. Weniger als eine Meile entfernt machte der Fluss einen großen Bogen nach rechts, und an der Spitze dieser Kurve lag eine Insel, eine große Erhebung aus Bäumen und Steinen, viel größer als alle Inselchen, die wir bislang gesehen hatten, mit zwei Passagen darum herum. Wenn man die erste und sicherste dieser beiden nehmen wollte, musste man dem Hauptstrom des Flusses folgen, einem langen, breiten Kurs um den vordersten Teil der Kurve. Die andere, kürzere Strecke führte in Form eines schmalen Kanals an der Innenseite vorbei, zwischen Insel und den Schlickbänken – und auf diese zweite Passage steuerte Aubert uns zu.
Wenn die feindlichen Schiffe nahe an uns dranbleiben wollten, mussten sie uns durch jenen Kanal folgen, denn wenn sie den Weg außen herum nähmen, hätten wir die Möglichkeit, offenes Wasser zwischen uns und sie zu legen. Wenn sie uns dagegen folgten, gingen sie das gleiche Risiko ein wie wir, nämlich in dem Schlick auf Grund zu laufen. Es war ein Plan, der zu einem großen Teil von Auberts Einschätzung und seiner Fähigkeit abhing, aber ich sah nicht, dass wir andere Möglichkeiten hatten. Die beiden feindlichen Schiffe hatten bereits die Richtung geändert und unsere Verfolgung wieder aufgenommen. Noch führten wir um mehrere Längen, aber sie waren um einiges schneller, und es machte schon den Eindruck, als kämen sie erneut näher. Wir waren noch lange nicht in Sicherheit.
»Rudert«, rief ich, bemächtigte mich wieder der Trommel und begann wieder den Takt zu schlagen. Ich trat auf die mittlere Laufplanke zwischen den Männern. »Rudert!«
Einige der Ruderer waren durch den Aufprall aus dem Rhythmus gekommen und bemühten sich, mit ihren Schlägen im Takt zu bleiben, aber ich konnte mir nicht erlauben, das Tempo wieder zu verlangsamen. Riemen knarrten in den Dollen, Blätter schlugen unbeholfen aufs Wasser, schnitten seine Oberfläche nicht säuberlich wie zuvor, warfen Spritzer auf und machten das Wasser mit jedem Heben weiß vor Schaum.
»Fester!«, sagte ich, aber als ich sie mir anschaute, sah ich nur erschöpfte Arme, erschöpfte Gesichter und dachte mir, sie brächen vielleicht zusammen, wenn ich versuchte, das Tempo weiter zu erhöhen.
Vor uns erhob sich die Insel, kein großer Hügel, wie ich jetzt sah, sondern in Wahrheit wenig mehr als eine niedrige Erhebung. Auf ihrer gegen den Strom gerichteten Seite war sie von breiten Schlickbänken verstärkt. Wenn wir den Mast der Wyvern gesetzt hätten, wäre die Insel kaum höher gewesen, aber vor dem Hintergrund der Flachheit der Umgebung stand sie heraus wie eine Warze auf der Haut
Weitere Kostenlose Bücher