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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Ahnung.«
    Øyvind blickt zu Boden. Natürlich würde er die Ehre gerne mit mir teilen. Aber er weiß, dass er damit seine Karriere aufs Spiel setzt.
    Mir selbst ist meine Karriere egal.
    Zum Glück ist es kalt und unangenehm, so dass sich die wenigen Touristen damit begnügen, durch die Klosteranlage zu hasten. Wir können den ganzen Tag ungestört arbeiten. Als es allmählich dunkel wird, haben wir mehrere Tonnen vermooste Steine zur Seite geschafft und eine Grundfläche aus runden Felsbrocken freigelegt, die ein solides Fundament bilden.

5
     
    Noch vor der Morgendämmerung sind wir zurück. Øyvind und ich tragen Stirnlampen, die wir abschalten, sobald das erste Morgenlicht im Osten durch die Baumwipfel fällt.
    Mithilfe von Spaten, Spitzhacke, Hammer und Brechstange lösen wir Stein für Stein aus dem Fundament, das aus drei Lagen Steinen besteht. Zuunterst befindet sich eine Lage morscher Holzstämme, vermutlich war das die Verschalung für die Errichtung des Steinbodens.
    Gegen Mittag haben wir endlich eine ausreichend große Öffnung freigelegt.
    Um ein Unglück zu vermeiden – zum Beispiel, dass wir beide in den Brunnen stürzen -, wartet Øyvind oben, während ich mir ein Tau unter den Achseln um den Oberkörper knote und mich in den Brunnenschacht abseile. Das Licht der Stirnlampe fällt auf die runde Brunnenwand, deren Steine mit einer dicken organischen Schicht überzogen sind. Die Steine sind groß und sorgsam behauen. Für einen Reservebrunnen haben die Mönche und Klosterbauer auffällig viel Arbeit aufgewendet.
    Der Brunnen hat einen Durchmesser von gut einem Meter und ist fünf bis sechs Meter tief. Unten versinken die Gummistiefel in einer Matschschicht. Ich rufe nach oben, dass ich gut angekommen bin. Dann richte ich den Lichtschein auf die moosgrünen, feuchten Wände.
    Ich habe vielleicht nicht unbedingt damit gerechnet, am Boden des Brunnens auf eine Grabkammer zu stoßen, wohl aber auf irgendetwas Ungewöhnliches.
    Mit den Handschuhen beginne ich, Moos von den Brunnenwänden zu kratzen. Ich bin schon eine ganze Weile bei der Arbeit, als mir ein Stein auffällt, der deutlich heller als die anderen ist. Marmor? Speckstein?
    Ich leuchte mit der Stirnlampe darauf. Der Stein ist voller Rillen und Markierungen. Ich gehe mit dem Kopf näher heran.
    Zuerst fällt es mir schwer, die verschiedenen Rillen zu deuten. Ich kratze noch mehr Moos weg und putze den Stein mit dem Handschuh. Dann sehe ich es.
    An der Oberkante des Steins sind drei Zeichen eingemeißelt:
    Anch, Ty und Kreuz.
     
    Øyvind lässt eine Plastikflasche mit Wasser zu mir herunter, damit ich Algen und Erde abwaschen kann. Mit zitternden Händen reinige ich den Stein. Aber ich finde keine weiteren Schriftzeichen. Ich mache Fotos von den drei Zeichen und bitte Øyvind, mich wieder hochzuziehen.
    Aufgeregt fahren wir zurück in die Kellerwohnung, wo wir lange das weitere Vorgehen diskutieren. Der Brunnen verbirgt ohne jeden Zweifel den Eingang zu einem Grab. Sollen wir unsere Vorgesetzten informieren? Das Amt für Denkmalpflege?
    Die Antwort lautet natürlich ja.
    Aber ist der Zeitpunkt auch wirklich der richtige?
    Wir wissen beide, dass uns jede Form von Kontrolle entzogen wird, sobald wir diese Leute mit einbeziehen. Die Ausgrabungen werden sich bis in den Winter, ja bis ins Frühjahr hinziehen. Ich habe aber keine Zeit, so lange zu warten.

6
     
    Abends legen wir eine alte Supertramp-Schallplatte auf und diskutieren, was für Verbindungen es zwischen den Wikingern und Ägypten geben könnte.
    »Es ist zwar nicht dokumentiert, aber auch nicht vollkommen unwahrscheinlich, dass die Wikinger dem Nil gefolgt und flussaufwärts gesegelt sind«, sagt Øyvind. »Die Wikinger haben sich häufig auf Flüssen fortbewegt. Auch in Russland sind sie über die Flüsse gesegelt, gerudert oder haben ihre Schiffe über Tausende von Kilometern getreidelt, bis hinunter ins Schwarze und Kaspische Meer.«
    »Aber Ägypten?«
    »Die Wikinger haben rund um das Mittelmeer Küstenstädte angegriffen, auch in Nordafrika. Warum sollten sie sich ausgerechnet von Ägypten fernhalten?«
    Ein gutes Argument. Sigurd Jerusalemfahrer bekam seinen Beinamen, weil er an einem Kreuzzug teilnahm, der ihn bis nach Miklagard und Jerusalem führte. Und es gibt die Geschichte von Harald dem Harten, dem Halbbruder von Olav dem Heiligen. Als Fünfzehnjähriger überlebte er die Schlacht bei Stiklestad und floh nach Süden bis nach Byzanz, wo er Offizier der byzantinischen

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