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Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Der Pakt des Seelensammlers (German Edition)

Titel: Der Pakt des Seelensammlers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krüger
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um, aber von den Weißen war nichts zu sehen. Sie waren allein.
    »Nach einigen Stunden war ich unterkühlt. Ich glaubte, dass ich halluzinierte. Lasst mich euch zeigen, was dann geschah.«
    Jack sah, wie die Erinnerung in der sie umhergingen, schneller wurde, die ausladenden Zweige der mächtigen Tannen unruhig hin und her schwangen wie in einer Aufnahme, die mit doppelter Geschwindigkeit abgespielt wurde. Die Dunkelheit kroch heran und streckte tastende Finger nach ihnen aus, und nach wenigen Minuten war das Feuer die einzige Lichtquelle, die ihnen verblieben war.
    Aus dem nachtschwarzen Wald lösten sich zwei Gestalten.
    Connor blickte auf.
    »Ich hatte nicht mehr die Kraft, davonzulaufen. Wenn dies meine Feinde waren, dachte ich, dann war ich verloren.«
    Jack sah zu den Neuankömmlingen hinüber, die noch fast völlig im Dunkel verborgen waren. Ein Mann und eine Frau, dachte er, als er ihre Umrisse betrachtete.
    »Aber es waren nicht meine Feinde. Seht. Dies ist, was ich erlebt habe.«
    Die Gestalten lösten sich vom Dunkel und traten hervor, in den Schein des Feuers. Jack sah, dass Connor erstarrte, er sah die Verblüffung auf seinem Gesicht, eine Verblüffung, die er auch in den geisterhaften Gestalten von John und Miranda erblicken konnte, die ihn umgaben.
    Es waren zwei Indianer. Der Mann trug den Federschmuck eines Häuptlings, die Frau einen reich verzierten Lederrock und ein Fell über den Schultern, das einem Braunbären gehört haben mochte.
    Aber sie waren nicht wirklich dort.
    Genau wie Jack und alle anderen, die Connor in seine Erinnerung mithineingenommen hatte, waren auch jene beiden Indianer nicht wirklich. Jack sah, dass sie keine Spuren im Schnee hinterließen, als sie dicht ans Lagerfeuer herankamen.
    Der Häuptling drehte seinen Kopf. Es war eine majestätische, erhabene Bewegung. Die eines Mannes, der sich in seiner Umgebung zu einhundert Prozent sicher fühlte. Die eines Mannes, der wusste, das ihm nichts anhaben konnte. Er blickte von Connor, der sanft den Kopf hin und her wiegte, zu Jack hinüber.
    Dann nickte er und berührte mit seiner rechten Hand seine Stirn. Eine Geste der Begrüßung, der Ehrerbietung, wie Jack wusste. Der Indianer konnte sie sehen, daran bestand kein Zweifel.
    Wie war das möglich?
    Jack starrte den Mann an. Wie war es möglich, dass er sie sehen konnte, Gestalten, die nur in Connors Erinnerung umherspazierten? Miranda, die neben ihm stand, rührte sich nicht. Niemand rührte sich. Jack konnte Johns Körper im Licht des Feuers sehen, vielmehr, er konnte durch ihn hindurchsehen, wie er auch durch die Indianerfrau hindurchschauen konnte, die neben ihm stand. Sie waren nur Luft, nicht viel mehr als das, Gestalten, die in einer Erinnerung umherwanderten.
    »Ich wusste nicht, wer dieser Mann und diese Frau waren. Ich dachte, ich wäre verrückt geworden, denn sie waren nicht wirklich da ... sie waren nur Schatten, Erinnerungen, hervorgerufen durch ...« Conner schüttelte den Kopf, er rieb sich die Augen, wandte den Blick zum Feuer und dann wieder zu dem Mann und der Frau hinüber, nur um sich zu überzeugen, dass sie wirklich da waren.
    Jack öffnete den Mund. Er wusste nicht, ob er sprechen konnte. Er wusste nicht, ob sie ihn hören konnten, schließlich war er in diesem Augenblick auf dem Boden eines Hotels vor dem Kamin oder nicht?
    »Wie ... wie ist es möglich, dass er mich sehen kann?«
    »Er kann dich sehen, weil du ihn sehen kannst«, sagte Connors Stimme und der Connor vor ihnen am Lagerfeuer bewegte seine Lippen nicht. »Hört zu.«
    In der Erinnerung sprachen Connor und der Indianer jetzt miteinander, und die Frau warf hie und da einige Worte ein. Jack konnte dem Gespräch mit Leichtigkeit folgen, der Sturm um sie herum klang, als käme er aus einem schlecht eingestellten Radio.
    »Diese Frau ist die Großmutter deiner Mutter, Connor«, sagte der Indianer. »Ich bin derjenige, der sie zur Frau genommen hat. Ich bin der Häuptling der Nooksack-Indianer, der seit dem Jahr 1870 in deiner Zeitrechnung die Führung des Stammes übernommen hat. Man nennt mich den Großen Büffel.«
    »Was ... was geschieht hier?« fragte der Connor am Lagerfeuer. Er blickte über seine Schulter, und als seine Augen Jack streiften, runzelte er die Stirn.
    »In diesem Augenblick dachte ich, dass ich dort jemanden gesehen hätte. Aber mir wird erst jetzt klar, dass es du warst, Jack, den ich gesehen hatte.«
    »Aber ... ich war nicht dort. Ich bin erst jetzt dort, in deiner

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