Der Pakt von Bakura
kontrollieren will, sind unsere Schiffe und Stationen. Nun, die Schiffe sind älter, als ich es bin, und die Stationen sind unterbesetzt. Was die Besatzung angeht, sind wir ein Schuttabladeplatz.«
»Alle erheben sich«, bellte eine Stimme nahe des Saaleingangs. Ein Bediensteter mit violettem Wams und Beinkleid im altertümlichen Stil stampfte mit einem Speerknauf auf den Boden. Gaeri schlüpfte in ihre Schuhe und stand zusammen mit neununddreißig anderen Senatoren auf. Nur die imperialen Wachen salutierten. Sie hoffte, daß diese Sitzung nicht weitere Steuern bedeutete. Nicht jetzt angesichts der Ssi-ruuk-Bedrohung.
Der imperiale Gouverneur Wilek Nereus schritt herein, flankiert von vier Raummarine-Soldaten mit schwarzen Helmen. Sie erinnerten sie an langbeinige Käfer. Gouverneur Nereus trug eine spezialangefertigte Uniform, schwer mit Borten und Litzen behangen. Die kurze Jacke war so geschnitten, daß sie die Illusion einer Verjüngung von den Schultern bis zur Hüfte hervorrief. Dazu hatte er enganliegende, schwarze Handschuhe an, die ihm den Ruf der Überempfindlichkeit eingetragen hatten. Seine Gesichtszüge waren kräftig, abgesehen von den zarten Lippen, und er hatte den imperialen Stolziergang zu einer Wissenschaft gemacht. »Setzen Sie sich«, sagte er.
Gaeri glättete ihren langen blauen Rock und nahm Platz. Gouverneur Nereus blieb in der Nähe des Eingangs stehen. Er war höher gewachsen als alle anderen und benutzte seine Größe zur Einschüchterung. Sie hatte immer eine Abneigung gegen ihn gehabt, aber ihr Jahr auf der Zentralwelt hatte dafür gesorgt, ihn ein bißchen erträglicher erscheinen zu lassen - vergleichsweise.
»Ich werde Sie nicht lange aufhalten«, sagte er und blickte an seiner langen Nase vorbei. »Mir ist klar, daß Sie damit beschäftigt sind, die Ruhe in Ihren Sektoren aufrechtzuerhalten. Einigen von Ihnen gelingt das gut, anderen nicht.« Gaeri runzelte die Stirn. Die Bewohner ihres Distrikts gaben ihre Arbeit auf, um Schutzunterstände auszuheben, aber Bunkersprengungen waren zumindest produktiv. Sie blickte zu ihrem Onkel hinüber, Premierminister Yeorg Captison. Hier in Salis D'aar hatte Captison zur Beendigung von Tumulten bakurische Polizei eingesetzt, um Nereus davon abzuhalten, Sturmtruppen aus der Garnison loszuschicken.
Nereus hob eine behandschuhte Hand, um Murmelnde zum Schweigen zu bringen. Als er ihre Aufmerksamkeit wiedergewonnen hatte, drehte er langsam den Kopf und räusperte sich. »Im Bakura-System sind Schiffe der Rebellen-Allianz eingetroffen.«
Diese Neuigkeit versetzte ihr einen regenkalten Schock. Rebellen? Das Imperium gestattete kein Dissidententum. Nachdem Bakura vor drei Jahren dem Imperium beigetreten war, waren zwei kleinere Rebellionen brutal niedergeschlagen worden. Gaeri erinnerte sich an diese Periode nur allzugut. Ihre beiden Eltern waren gestorben. Sie hatten sich während eines Kampfes zwischen Aufständischen und imperialen Truppen am falschen Ort aufgehalten. Seitdem lebte sie bei ihrem Onkel und ihrer Tante. Sie hoffte, daß sie weder einen neuen Aufstand noch abermalige blutige Säuberungen, die sich daran anschlossen, erleben mußte.
Vielleicht ging es diesen Unruhestiftern um die Fabrik für Repulsorliftteile in Beldens Distrikt. Konnten Nereus Streitkräfte Bakura vor rebellischen Räubern und den Ssi-ruuk schützen?
Nereus räusperte sich. »Die Dominant, unser einziger verbliebener Kreuzer, hat schwere Beschädigungen erlitten. Auf Ratschlag meiner Mitarbeiter habe ich unseren Streitkräften Anweisung gegeben, sich aus der Hauptkampfzone zurückzuziehen und Bakura selbst zu verteidigen. Ich erbitte Ihre Bestätigung dieses Befehls.«
Belden straffte sich und fummelte an einem Stimmverstärker auf seiner Brust herum. »Die Hände in Unschuld waschen, Gouverneur? So daß Sie mit dem Finger auf uns zeigen können, wenn etwas schiefgeht? Wer hält die Ssi-ruuk auf Distanz, frage ich mich!«
Es war nicht klug; die Aufmerksamkeit eines imperialen Gouverneurs auf sich zu lenken, aber Belden schien keine Angst zu haben. Vielleicht würde Gaeri, wenn sie hundertundvierundsechzig wäre, ein zweites prothetisches Herz besäße und schon einen Fuß im Grabe hätte, so etwas wie Zivilcourage aufbringen können.
Plötzlich abgelenkt, prüfte sie, wie spät es war. Sie hatte Senator Belden versprochen, seine ältliche Frau an diesem Abend zu besuchen. Madam Beldens Pflegerin Glis ging um zwanzig Uhr dreißig, und Gaeri hatte angeboten, bei
Weitere Kostenlose Bücher