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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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irgendjemandem im Außenministerium zu eng befreundet zu sein. Schon gar nicht auf einem so engen Schiff.«
    »Was soll das heißen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie haben doch gesagt, Sie und Ted waren nicht intimer befreundet.«
    »Er war Russland-Analyst. Und ich bin Sprachenexperte.
    Außer Russisch spreche ich noch Belorussisch und Georgisch.«
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    »Das erklärt alles.«
    »Ach ja?«
    »Nein. Im Gegenteil, es verblüfft mich. Wie kommt es, dass Sie diese Sprachen sprechen, obwohl Sie die Russen nicht leiden können?«
    »Meine Mutter ist eine weißrussische Emigrantin«, erklärte er.
    »Sie verließ noch vor der Revolution St. Petersburg und ging nach Berlin, wo sie meinen Vater kennen lernte, einen Deutsch-Amerikaner.«
    »Dann haben wir ja etwas gemeinsam. Ich bin auch Deutsch-Amerikaner.« Ich lächelte. »Vielleicht können wir irgendwo Lederhosen auftreiben und gelegentlich ein paar Bierchen miteinander trinken.«
    Weitz lächelte. Er dachte wohl, ich scherzte.
    »Einer von diesen verflixten Secret-Service-Leuten hat mich praktisch beschuldigt, ein deutscher Spion zu sein. Dieser Polacke.«
    »Sie meinen bestimmt Pawlikowski.«
    »Genau. Pawlikowski. Arschloch.«
    »Das also heißt Pawlikowski. Hatte mich schon gefragt.« Ich schüttelte den Kopf. »Die sind alle ein bisschen nervös seit der Sache mit der Willie D. «
    »Ach, das. Das ist doch Schnee von gestern. Ich habe gerade mit dem Mann in der Wäscherei geredet.« Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter, aber in die falsche Richtung. Ich lehnte mich an die Wand und schaute dorthin, als läge die Wäscherei tatsächlich dort, wo er hinzeigte. Was machte er hier, so weit von seiner Kabine, die weiter vorn lag, und ebenso weit von der Wäscherei, die achtern lag?
    »Wie es scheint, operiert hier irgendwo ein deutsches U-Boot.
    Zwei von unseren Geleitzerstörern haben einen Funkspruch aufgefangen. Heute früh um 2.00 Uhr.«
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    »Das ist eigenartig.«
    »Eigenartig? Es ist verdammt beunruhigend, das ist es. Auf der Brücke drehen sie deshalb anscheinend schon durch.«
    »Nein, ich meinte eigenartig im Warum-hat-der-Hund-nicht-gebellt-Sinn.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Macht nichts. Hören Sie, ich werde Teds Frau schreiben, wenn Sie möchten.«
    »Wirklich? Da wäre ich Ihnen sehr dankbar. Es ist schwer, so was der Frau von jemandem zu schreiben, den man nie richtig leiden konnte.«
    »Sind Sie verheiratet?«
    Seine Augen flackerten. »Nein.«
    »Ich auch nicht. Wissen Sie, Ted war kein übler Bursche.«
    »Nein, war er wohl nicht.«
    Ich trat in meine Kabine und machte die Tür hinter mir zu. Ich blieb ganz still stehen, jedenfalls so still, wie es der Seegang zuließ. Wenn ich erst mal wieder festen Boden unter den Füßen hatte, würde ich auf die Knie fallen und ihn küssen, als ob er Ithaka und mein zweiter Vorname Odysseus wäre. Ich zog den Mantel nicht aus. Ich war viel zu beschäftigt damit herauszufinden, ob jemand hier gewesen war. Die Tür war nicht abgeschlossen. Santini, der Matrose, der mir morgens meine Tasse Kaffee brachte, konnte natürlich gekommen sein, um ein bisschen Staub zu wischen. Oder war etwa Weitz hier hineingeschlüpft und hatte meine Kabine durchsucht, während ich an Deck gewesen war? Er hätte nichts Wichtiges finden können. Donovans Koffer war nach wie vor abgeschlossen. Und Debbie Schmidts Brief, in dem sie ihrem Mann von ihrem Verhältnis mit Thornton Cole erzählte, steckte sicher in meiner Tasche. Ich legte diese Frage also zu den Akten. Was mich im 266

    Moment zu interessieren begann, war das, was Weitz über das deutsche U-Boot gesagt hatte.
    Ich verließ die Kabine wieder, ging auf die Suche nach Kapitän McCrea und fand ihn auf der Brücke, hinter Geschützturm zwei, mit seinem Telefonisten und seinem Wachoffizier. »Ich wollte fragen, ob ich Sie mal sprechen kann, Käpt’n. Unter vier Augen.«
    »Im Moment ist es ein bisschen ungünstig«, sagte er. Er würdigte mich kaum eines Blicks.
    »Es könnte wichtig sein«, insistierte ich.
    McCrea seufzte so gouvernantenhaft gequält, als hätte ich ihm gerade erzählt, dass ich mich auf meine Hausschuhe übergeben hätte, und führte mich durch den Kommandoraum in den dahinter liegenden Gang. »Also, Professor. Was gibt’s?«
    »Verzeihung, Käpt’n, aber es geht um dieses U-Boot.«
    Er seufzte wieder. Er sah aus, als wollte er mich ohne Abendessen ins Bett schicken, wenn ich nicht aufpasste.
    »Was ist damit?«
    »Soweit ich es verstanden

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