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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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habe, haben unsere beiden Geleitzerstörer einen deutschen Funkspruch aus unmittelbarer Nähe aufgefangen, heute Morgen um etwa 2.00 Uhr.«
    McCrea zuckte sichtlich zusammen. »Das ist richtig.«
    »Ich will ja nicht impertinent sein«, sagte ich und genoss meine Impertinenz, »aber ich dachte, die Iowa sei mit modernster Sonar- und Radartechnik ausgestattet.«
    »Ist sie«, sagte er und inspizierte dabei seine Fingernägel.
    Wahrscheinlich musste ein junger Matrose erst diese Nägel und dann die Messingteile des Schiffs jeden Morgen aufpolieren.
    »Dann wundert es mich, dass die Iowa diesen Funkspruch nicht auch aufgefangen hat.«
    McCrea sah sich um und bugsierte mich dann in die Toilette.
    Als er die Tür hinter sich zumachte, spielte ich zunächst mit 267

    dem Gedanken, ihm zu erklären, er täusche sich, ich sei keiner von diesen Homos aus dem Außenministerium, von denen ihm FDR und Harry Hopkins erzählt hatten. Aber dann hielt ich den Mund und wartete lieber ab.
    »Ich will offen zu Ihnen sein, Professor«, sagte er. »Wie es scheint, hat der Funker, der zu diesem Zeitpunkt Dienst hatte, seinen Posten unerlaubt verlassen. Der Mann ist diszipliniert worden, und ich erachte die Angelegenheit für abgeschlossen.
    Angesichts der Sache mit der Willie D. bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es für eine vertrauensvolle Stimmung an Bord am besten ist, wenn der Vorfall weder dem Präsidenten noch dem Vereinigten Generalstab gegenüber erwähnt wird.«
    »Da haben Sie sicher Recht, Käpt’n«, sagte ich grinsend. »Und Sie haben mein Wort, dass ich niemandem etwas davon sagen werde. Schon gar nicht Admiral King. Dennoch würde ich zu meiner eigenen Beruhigung gern ein paar Fragen klären, die sich mir in Zusammenhang mit dem Vorfall stellen.«
    »Und die wären?«
    »Ich möchte gern mit dem Funker sprechen, der seinen Posten verlassen hat.«
    »Darf ich fragen, warum?«
    »Ich bin Spezialist für deutsche Spionage, Käpt’n. Es ist mein Job, zu kratzen, wo es mich juckt. Sie verstehen sicher, was ich meine. Wenn Sie also den betreffenden Mann in den Funkraum schicken könnten? Sie brauchen mich nicht hinzubringen, ich kenne den Weg.«
    McCrea sah das Ass aus meinem Ärmel lugen. Und er konnte nichts machen. Das Letzte, was er wollte, war, dass Admiral King von diesem jüngsten Vorfall erfuhr. Er senkte die Stimme um mehrere Faden.
    »Wie Sie meinen. Ich verlasse mich darauf, dass Sie mich über Ihre Erkenntnisse auf dem Laufenden halten.«
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    »Natürlich, Sir. Gern.«
    McCrea nickte knapp und ging wieder auf die Brücke.
    Ich ging zum Funkraum, klopfte an, trat ein und erklärte dem Funkoffizier, einem fünfundzwanzigjährigen Lieutenant namens Cubitt, was mich hergeführt hatte. Hoch aufgeschossen, mit hin-und herhuschenden Augen und hölzerner Miene, spitzer Nase, blasser Haut und den roten Lippen einer Frau sah er aus wie Pinocchios kaum schneidigerer Bruder.
    Der Lieutenant wollte mich gerade hinausschicken, als das Telefon klingelte. Er nahm ab, und ich hörte, wie McCrea ihn anwies, mit »dem Arschloch« zu kooperieren und, sobald »der Kerl« wieder weg sei, zu ihm zu kommen und ihm zu berichten, was ich gewollt hätte.
    Ich lächelte einen der beiden Funker an, die mit Cubitt Dienst taten. Die Männer saßen in drehbaren Schalensitzen vor jeweils einem der sechs Funkplätze, Kopfhörer auf und ein Mikrophon um den Hals. Es war genau wie in der Telefonzentrale eines Hotels. Ich sah ein Bücherregal, einen Safe, in dem vermutlich die Codeschlüssel aufbewahrt wurden, und einen großen Batterieschrank.
    »Laut, was?«, sagte ich, als McCrea das Gespräch beendet hatte.
    »Das Telefon, meine ich. Ich habe jedes Wort verstanden.« Ich untersuchte das Telefon genauer. Es war von Western Electric.
    »Wie viele von diesen Dingern gibt es auf einem Schiff dieser Größe?«
    »Etwa zweitausend, Sir«, antwortete der Lieutenant und versuchte dabei, ein Stottern und einen damit einhergehenden Zwinkeranfall zu unterdrücken.
    Ich pfiff leise durch die Zähne. »So viele Telefone. Und all diese Geräte.« Ich deutete auf das runde Dutzend Sender/Empfänger. »Was haben wir denn da alles? Schiff-Schiff-Funk, Schiff-Land-Funk, Funkpeilgeräte, Sender/-
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    Empfänger, alle auf verschiedenen Frequenzen, stimmt’s?«
    »Ja, Sir.«
    »Gut, Lieutenant, reden wir über U-Boote. Deutsche U-Boote.«
    »Sir, der Nordatlantik ist mit einem Netz von Funkpeilstationen versehen. Mit den Adcock-Antennen –«
    »Ersparen Sie

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