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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Funker.
    »Am Anfang, als wir in den Krieg eingetreten sind, haben die U-Boote das oft gemacht, bis wir dann draufgekommen sind, 275

    dass sie’s tun, und unsere Signale verschlüsselt gesendet haben.
    Auf die Art haben sie damals einen Haufen Schiffe versenkt.«
    »Wenn also ein deutscher Spion von hier aus ein Signal auf dem Sechshundert-Meter-Band gesendet hat«, sagte ich,
    »könnte dieses Signal irgendwo zwischen hier und den Vereinigten Staaten empfangen worden sein. Von einem deutschen U-Boot. Von unserer Küstenverteidigung. Vielleicht sogar von einem anderen deutschen Spion, der in Washington auf das Sechshundert-Meter-Band gegangen ist.«
    »Ja, Sir«, sagte der Funker. »So in etwa sieht’s aus.«
    Eine ganze Weile herrschte Schweigen, während sich die Männer der Logik meiner Argumentation stellten.
    »Ein deutscher Spion also?«, seufzte Cubitt. »Der Kapitän wird begeistert sein.«
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    FREITAG, 19. NOVEMBER
    SAMSTAG, 20. NOVEMBER 1943
    –––––––––––––
    ATLANTIK
    ALS SICH MEINE THEORIE vom deutschen Spion an Bord der Iowa herumsprach, wurde die Atmosphäre um den Präsidenten – vor allem aber unter seinen Secret-Service-Leuten
    – zusehends nervöser.
    Einmal allerdings schien die Alarmbereitschaft der Leibwächter über jedes vernünftige Maß hinauszugehen. Am Morgen des neunzehnten sichtete die Iowa unsere vierte Eskorte; sie bestand aus dem Leichten Kreuzer Brooklyn und fünf Zerstörern, zwei amerikanischen und drei britischen.
    Während Roosevelt die neue Eskorte von der Flaggenbrücke aus durchs Fernglas beobachtete, wurde sein Cape davongeweht.
    Ein junger Matrose pflückte es vom Luftsuchradar und stieg hinauf, um es dem Präsidenten zurückzubringen, was Pawlikowski und Rowley veranlasste, ihn niederzuwerfen und mit gezogener Waffe in Schach zu halten.
    »Himmelherrgott«, brüllte Admiral King die beiden Agenten an, »seid ihr Kerle zu dumm, um zu sehen, dass der Junge dem Präsidenten nur das Cape wiederbringen wollte?«
    Das war der Moment, als Kapitän McCrea über mich herfiel.
    »Das ist alles Ihre Schuld«, zischte er. »Dafür sind nur Sie verantwortlich, mit ihrem Gefasel von deutschen Spionen.«
    Welch reizende Einstellung. Ich ging in meine Kabine, goss mir ein Glas Scotch ein, stellte mich vor den Spiegel und prostete mir stumm zu. »Auf das gute Gefühl, Recht zu haben«, sagte ich mir.
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    Danach blieb ich in meiner Kabine, las meine mitgebrachten Bücher ein zweites Mal und trank einen Großteil von Ted Schmidts Mount-Vernon-Vorräten. Ich verfasste sogar einen Kondolenzbrief an seine Witwe, schrieb ihn dann in nüchternem Zustand noch einmal und warf alles raus, was sich darum drehte, dass seine letzten Worte ihr gegolten hätten. Aber das änderte auch nichts. Es war trotzdem höllisch deprimierend. Ich konnte nicht anders, als mir Debbie Schmidt vorzustellen, wie sie den Brief las und sich dann dafür geißelte, dass sie Ted so mies behandelt hatte. Ein Psychiater hätte mir wahrscheinlich erklärt, dass ich in Wirklichkeit wieder einen Brief an Diana geschrieben hatte.
    Das Außenministerium hätte den Brief sicher an Mrs. Schmidt weitergeleitet. Aber ich dachte, ich könnte seine Reise beschleunigen, indem ich Mrs.
    Schmidts Adresse auf den
    Umschlag schrieb. Also suchte ich in Teds Reisetasche nach dem Adressbuch. Es war verschwunden! Einen naiven Moment lang erwog ich, den Diebstahl dem Kapitän zu melden, verwarf es dann aber. McCrea würde mich kaum mehr schätzen, wenn ich ihm erzählte, auf seinem kostbaren Schiff habe noch ein weiterer krimineller Akt stattgefunden.
    Es war typisch für mein Pech, dass derjenige, der Ted Schmidts Adressbuch gestohlen hatte, Donovans Louis-Vuitton-Koffer mit dem ganzen Bride- Material hatte stehen lassen.
    Aber wer hatte das Adressbuch geklaut? Was konnte man schon mitten auf dem Atlantik mit dem Adressbuch eines Außenministeriumsbeamten anfangen? Und jetzt, da wir in Kürze in Nordafrika landen würden, schien das Ding doch nur noch nutzloser zu sein.
    Um 18.00 Uhr erreichte der Konvoi einen Punkt etwa zwanzig Meilen westlich von Kap Spartel, nicht weit von Tanger. Alle Schiffe machten gefechtsklar, denn wir waren jetzt in Reichweite feindlicher Luftangriffe. Unsere Seereise war fast vorbei.
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    Die Iowa und ihre Eskorte sollten nachts unter völliger Verdunkelung die Straße von Gibraltar passieren. So war es gedacht gewesen, aber starke spanische Suchscheinwerfer hatten es geschafft, unser

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