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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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den Lieutenant an. »Entschuldigung, Sir.«
    »Weiter«, sagte ich.
    »Also, jedenfalls hat mir derjenige befohlen, sofort in den Radarraum zu kommen. Das habe ich getan.«
    »Sie haben Ihren Posten verlassen«, sagte Cubitt.
    »Befehlswidrig. Ohne Sie hätten wir das U-Boot erledigen können. Aber so schwimmt es immer noch dort draußen.«
    Norton zuckte gepeinigt zusammen und nickte dann.
    »Funkgefreiter Norton«, sagte ich. »Ich möchte, dass Sie mich zum Radarraum bringen.«
    »Wie – jetzt, Sir?«
    »Ja, jetzt.«
    Norton sah zu Cubitt hinüber, der achselzuckend nickte.
    »Folgen Sie mir bitte, Sir«, sagte Norton und beeilte sich, meinen Wunsch zu erfüllen.
    Wir brauchten fast sechs Minuten, um aufs Hauptdeck hinunterzukommen, achteraus bis hinter den zweiten Schornstein zu gehen und dann mehrere Treppen zum Gefechtskommandostand achtern hinaufzusteigen. Dort, unter dem Hauptartillerie-Leitstand, lag der Radarraum.
    »Und jetzt, wenn’s recht ist«, sagte ich, »bringen Sie mich bitte zurück zum Funkraum.«
    Norton sah mich irritiert an.
    »Es ist wichtig«, sagte ich.
    »Wie Sie wünschen, Sir.«
    Als wir wieder am Funkraum angelangten, sah ich auf die Uhr.
    »War der Funkraum leer, als Sie hierher zurückkamen?«
    »Ja, Sir. Sie glauben mir, oder?«
    »Ja, ich glaube Ihnen.« Ich öffnete die Tür, ging hinein und setzte mich vor den Morsetaster, der nicht viel mehr war als ein 273

    Stück schwarzes Bakelit, etwa von der Form und Größe eines kleinen Türknaufs, montiert auf einer Metallplatte, die am Funkplatz festgeschraubt war. »Welchen Sender benutzt der hier?«, fragte ich Cubitt.
    Der Lieutenant zeigte auf das größte Gerät im Raum, einen schwarzen Kasten von etwa zwei Meter Höhe und achtzig Zentimeter Breite. An dem Gerät war ein Schildchen mit der Aufschrift BITTE NICHT BERÜHREN.
    »Das da«, sagte Cubitt, »ist der TBL. Ein Niedrigfrequenz/
    Hochfrequenz-Sender. Er dient ausschließlich dem Schiff-Schiff-Funk.« Er runzelte die Stirn. »Das ist komisch.«
    »Was?«
    »Er ist an.«
    »Ist das außergewöhnlich?«
    »Ja. Wir halten doch Funkstille. Wenn wir im Notfall die Geleitzerstörer erreichen wollten, würden wir das per TBS
    machen. Das ist der Schiff-Schiff-Sprechfunk.« Er berührte den TBL. »Warm ist er auch. Er muss die ganze Nacht an gewesen sein.« Cubitt sah die übrigen drei Männer im Raum an. »Weiß jemand, warum der an ist?«
    Die drei Funker, einschließlich des Funkgefreiten Norton, schüttelten die Köpfe.
    Ich musterte den Westinghouse-TBL genauer. »Lieutenant, auf welchem Band ist er?«
    Cubitt beugte sich über die Anzeige. Sein Haar duftete angenehm. Mal etwas anderes als immer nur Schweiß und Körpergeruch.
    »Sechshundert Meter, Sir. Da sollte er auch drauf sein. Unsere gesamte Küstenverteidigung benutzt das Sechshundert-Meter-Band.«
    »Wie schwierig wäre es, ihn auf ein anderes Frequenzband einzustellen?«, fragte ich in die Runde.
    274

    »Das ganze Zeug ist verflixt kompliziert einzustellen«, sagte der Funkgefreite Norton, der jetzt verstanden zu haben schien, dass ich auf seiner Seite war. »Darum hängt ja das Schild dran.«
    »Schade«, sagte ich.
    »Wieso?«, fragte Cubitt.
    »Das macht meine Theorie etwas schwerer belegbar.«
    »Und was ist das für eine Theorie, Sir?«
    Ich grinste und sah mich nach einem Aschenbecher um.
    Norton schnappte sich rasch einen und hielt ihn mir hin. Es war eigentlich nur eine ziemlich plausible Spekulation.
    Wahrscheinlich hätte ich sie für mich behalten sollen, aber ich wollte dem armen Jungen helfen.
    »Dass wir einen deutschen Spion an Bord haben.« Ich schüttelte das allgemeine Gelächter mit einem Achselzucken ab.
    Norton jedoch lachte nicht. »Verstehen Sie, die Geleitzerstörer haben gar kein Signal von einem U-Boot aufgefangen, sondern ein Signal von der Iowa selbst. Einen Funkspruch von derselben Person, die den Funkgefreiten Norton in den Radarraum gelockt hat. Es dauert etwa zwölf Minuten, dorthin und wieder zurück zu kommen.«
    »Im Dunkeln noch länger, Sir«, steuerte Norton hilfsbereit bei.
    »Nachts muss man auf diesen Treppen aufpassen, wo man hintritt. Vor allem bei so einem Seegang wie letzte Nacht.«
    »Lassen wir es fünfzehn Minuten sein. Reichlich Zeit, um einen kurzen Funkspruch abzusetzen, würde ich sagen.«
    »Aber an wen?«, fragte Cubitt. »An ein U-Boot?«
    »Gibt nichts, was die Krauts dran hindert, auf dieses Sechshundert-Meter-Band zu gehen, Sir«, sagte einer der anderen

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