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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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lassen.
    »Und du. Du siehst phantastisch aus. Immer noch die Schönste von allen.«
    348

    Sie klapste mir spielerisch mit einem kleinen Fächer auf die Schulter. »Du weißt genau, dass keine anderen Frauen hier sind.
    Noch nicht.«
    »Das habe ich gar nicht mitgekriegt. Ich habe überhaupt nichts mehr mitgekriegt, seit ich dich gesehen habe.«
    Das stimmte. So war Elena. Sie blendete regelrecht, aber nur Männer. Ich war noch nie einer Frau begegnet, die sie mochte.
    Und ich konnte es den Frauen nicht verdenken. Gegen Elena hätte es selbst Delilah schwer gehabt. Sie überstrahlte alles. Was zur Folge hatte, dass ihr Licht immer von einer Menge Motten umschwirrt war. Ein paar sah ich auch jetzt auf der Terrasse. Die meisten Motten trugen britische Uniformen.
    Elena umarmte mich herzlich, nahm mich dann am Arm und führte mich durch die Terrassentür in einen riesigen Salon, möbliert in opulentem Second Empire mit einem Hauch Levante. Der Graf von Monte Christo und Prinzessin Haydee, die Tochter des Ali Pascha, hätten hier zusammen kein bisschen deplatziert gewirkt. Wasserpfeifen, Wandteppiche und orientalistische Ölgemälde von Frederick Goodall mit Harem-und Sklavenmarktszenen gaben dem Raum etwas von einem Bühnenbild für ein schwülerotisches Stück. Wir ließen uns auf einem breiten Empire-Sofa nieder.
    »Ich will dich ganz für mich allein, bis die anderen Gäste kommen. Damit du mir erzählen kannst, was du in der Zwischenzeit gemacht hast. Gott, wie schön, dich wieder zu sehen, Darling. Glaub nicht, ich wüsste nicht von deinem Buch.
    Ich habe sogar versucht, es zu lesen, nur leider habe ich kein Wort verstanden. Du bist doch nicht verheiratet?«
    »Nein, bin ich nicht.«
    Sie schien irgendetwas zwischen den Furchen auf meiner Stirn zu lesen.
    »Die Ehe ist nichts für dich, Willy-Darling. Nicht für jemanden mit deinem Aussehen und deinem Sexualtrieb. Lass es 349

    dir von einer gesagt sein, die sich da auskennt. Freddy war in vielerlei Hinsicht ein wunderbarer Ehemann, aber was das angeht, war er wie du. Konnte einfach die Finger nicht von anderer Leute Frauen lassen. Und deshalb ist er jetzt nicht mehr am Leben.«
    Es war fünf Jahre her, dass ich Elena das letzte Mal gesehen hatte. Nachdem ich Berlin verlassen hatte, war sie nach Kairo gegangen, als Frau eines steinreichen ägyptischen Bankiers, eines Kopten namens Rashdi, der es schaffte, 1941 beim Kartenspiel erschossen zu werden. Bill Deakin hatte mir erzählt, Elena sei in Kairo berühmt, was nicht weiter verwunderlich war.
    Und er hatte mir auch erzählt, sie wolle unbedingt ihr Teil für die Alliierten tun und gebe regelmäßig Soireen für SOE-Offiziere, die gerade Urlaub hatten. Elenas Partys seien fast so berühmt wie sie selbst.
    »Also, was machst du in Kairo? Ich nehme an, es hat etwas mit dieser Konferenz zu tun.«
    Ich erzählte Elena, dass ich beim OSS sei, als Verbindungsoffizier des Präsidenten fungierte und als Roosevelts Sonderbeauftragter in London gewesen sei, um das Katyn-Massaker zu untersuchen. Elenas Vater, Fürst Pontiatowski, und seine Familie hatten 1920 im russisch-polnischen Krieg ihren Familienbesitz in den Kresy, den Gebieten im Nordosten Polens, verlassen müssen. Sie hatten ihre Ländereien nie wiederbekommen. Schon deshalb hielt Elena nicht viel von den Russen.
    »Heute Abend kommen etliche polnische Offiziere. Du wirst feststellen, dass fast jeder von ihnen jemanden gekannt hat, der in Katyn ermordet wurde«, sagte sie. »Ich muss ein paar von ihnen dazu bringen, dir zu erzählen, was in Polen wirklich passiert ist. Sie werden ja so froh sein, einen Amerikaner zu treffen, der etwas von den Ereignissen in Polen weiß. Die meisten deiner Landsleute wissen davon nämlich gar nichts. Sie wissen nichts, und ich glaube, es interessiert sie auch nicht.«
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    Auf einem Tisch stand die Marmorstatue eines griechischen Helden, der von einem Löwen angegriffen wurde. Der Löwe hatte ihm die Zähne tief ins nackte Hinterteil geschlagen. Der Anblick gab mir ein unangenehmes Gefühl. Einen Moment hatte ich die Vision, wie sich an der Dinnertafel ein verärgerter polnischer Offizier in ganz ähnlicher Weise über meinen dünnen Yankeearsch hermachte.
    »Weißt du, Elena«, sagte ich, »es wäre mir lieber, du würdest nichts von meiner Arbeit für den Präsidenten sagen.«
    »Ich werde es versuchen, Darling. Aber du kennst mich ja. Mit Geheimnissen bin ich hoffnungslos. Ich sage den Jungs, die hierher kommen, immer:

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