Der Pakt
fünfeinhalbtausend Meter hoch war. Doch abgesehen davon, dass es ihnen an warmer Kleidung fehlte, war alles nach Plan verlaufen.
Gruppe Nord war mit dem Fallschirm in einer abgelegenen Hügelgegend am Fuß des Elburz-Gebirges, nordöstlich von Qazwin, gelandet und dort von den Kaschgai empfangen worden, Männern nördlicher Stammesgruppen, die den harten Kern des einheimischen Widerstands gegen die britisch-sowjetische Besatzung bildeten.
Gruppe Nord hatte die erste Nacht draußen in den Bergen verbracht, in den Überresten einer Festung, die einst die Zuflucht der Haschischiyun gewesen war, einer ismailitischen Sekte, im Westen besser bekannt als die Assassinen. Ein 395
passender Name, fand Oster, umso mehr, als die Haupteinkommensquelle der Kaschgai, von denen die meisten zu allen erdenklichen Tageszeiten Haschisch rauchten, das Morphium war. Die Kaschgai schienen von den Waffen, dem Gold und den goldenen Pistolen, die die Gruppe Nord aus der Ukraine mitgebracht hatte, aufrichtig entzückt. Oster hielt sie für undurchsichtig und furchterregend. In jener ersten Nacht in den Festungsruinen hatte er schon halb damit gerechnet, davon aufzuwachen, dass ihm einer dieser grimmig aussehenden, haschischberauschten Nomaden die Kehle durchschnitt. Er hatte unruhig geschlafen, die Hand unter dem Rucksack, der ihm als Kopfkissen diente, um den Griff einer Mauser geschlossen. Es war schwer vorstellbar, dass diese Männer, die wie Ali Babas vierzig Räuber aussahen, gemeinsame Sache mit dem Dritten Reich machten.
Mehdizadeh, ein bärtiger Hüne, der stark nach irgendeiner Salbe roch und ständig eine Gebetsperlenkette durch die taudicken Finger wandern ließ, erklärte Oster, wieso die Kaschgai ihm und seinen Leuten halfen. Es war der Tag nach ihrer Ankunft. Nach einer zweistündigen Wanderung durch die Berge hatten sie die beiden Lastwagen getroffen, mit denen die Gruppe die nächste Etappe bis ins über hundert Kilometer weiter südwestlich gelegene Teheran zurücklegen sollte.
»Wir sind eigentlich gar nicht so sehr für die Deutschen«, sagte er, »sondern vor allem gegen die Briten und die Russen.
Deutschland hat sich in Persien nie eingemischt. Aber für die Briten und die Russen ist es ein Wettkampf darum, wer unsere Erdölvorkommen kontrolliert. Die Briten sind schon seit dem letzten Krieg hier. Aber seit 1941 haben sie ihre Truppen hier verstärkt, um den Russen den Arsch abzusichern. Sie haben den Schah abgesetzt und ins Exil geschickt und seinen Sohn, Kronprinz Reza Pahlevi, als ihre Marionette auf den Thron gesetzt. Die deutsche Botschaft wurde zwangsweise geschlossen. Alle deutschfreundlichen Perser wurden verhaftet 396
und ohne Gerichtsverfahren in Sultanabad eingesperrt, einschließlich des Premierministers. Aber der wahre Führer der Opposition, Habibullah Nobakht, konnte irgendwie entkommen und führt jetzt Krieg gegen Lastwagenkonvois.
Sie müssen wissen, Herr Hauptsturmführer, Persien ist ein Land, das sehr an seiner Unabhängigkeit hängt. Ja, sicher, unser Land wurde oft erobert. Aber alle diese Eroberer kamen, plünderten und verschwanden wieder. Niemand hielt es für lohnend, hier zu bleiben. Wozu auch? Persien ist ein Wüstenland. Aber das war natürlich, bevor man hier Erdöl fand und bevor den Russen klar wurde, dass sie ja noch eine Hintertür hatten, durch die die Amerikaner sie beliefern konnten. Das ist die Situation, in der wir uns jetzt befinden.
Die Briten und die Russen sagen, dass sie sich nach dem Krieg in Persien nicht mehr einmischen wollen, aber sie regieren ihre jeweilige Zone wie eine ferne Provinz ihres eigenen Reiches.
Die Russen machen uns zu ihrer Jauchegrube. Sie schicken uns all ihre polnischen Gefangenen und ihre Juden. Noch nie sind so viele Menschen nach Persien gekommen, eine Viertelmillion etwa. Und diese Polen bringen alle möglichen Krankheiten und alle möglichen Probleme mit. Warum schicken sie sie hierher?
Wenn Polen mit Russland verbündet ist, warum behalten sie sie dann nicht in Russland? Es sind doch Slawen, keine Perser.
Aber auf uns hört ja niemand.« Der Ringer lachte. »Aber das können wir jetzt ja selbst regeln, was? Wir werden Stalin, Churchill und Roosevelt töten, und vielleicht lassen sie uns dann ja in Ruhe. Dann töten wir die ganzen Polen. Dann erst wird Persien wieder ein gutes Land für uns Perser sein.«
Die Lastwagen hatten die Gruppe Nord zum Basar von Teheran gebracht, einer Stadt innerhalb der Stadt, einem Labyrinth von Straßen
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