Der Pakt
von uns bereits vorgelegten Beweisen für die Täterschaft der Russen beim Katyn-Massaker mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen.«
»Ich nehme an«, sagte Ribbentrop, »Kaltenbrunner hat Sie bereits über den Spionage-Coup dieses Cicero informiert?«
»Die Sache mit der geplanten Konferenz der Großen Drei in Teheran? Ja.«
»Ich dachte nur – bevor Churchill und Roosevelt mit Stalin konferieren, gehen sie nach Kairo, um Tschiang Kaischek zu treffen. Das wäre doch ein guter Ort, um ihnen diese Beketowka-Akte in die Hände zu spielen.«
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»Ja, mag sein.«
»Es würde ihnen zu denken geben. Und vielleicht hätte es sogar unmittelbare Auswirkungen auf ihr Verhältnis zu Stalin.
Dass irgendetwas an diesem Material Churchill groß beeindruckt, kann ich mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen. Er hat die Bolschewiken immer schon gehasst. Aber Roosevelt – das ist ein anderes Kapitel. Wenn man den amerikanischen Zeitungen glauben kann, gedenkt er, mit seinem Charme Marschall Stalins Herz zu gewinnen.«
»Geht das denn überhaupt?«, fragte Himmler grinsend. »Sie haben den Mann doch schon getroffen. Könnte das irgendjemand schaffen?«
»Stalins Herz zu gewinnen? Ich glaube, das könnte nicht einmal Jesus Christus persönlich. Was aber nicht heißt, dass Roosevelt nicht glaubt, schaffen zu können, was Jesus nicht schaffen würde. Aber vielleicht würde er seinen Charme ja zügeln, wenn man ihm klar machen würde, mit welchem Ungeheuer er es da zu tun hat.«
»Es wäre den Versuch wert.«
»Aber die Akte müsste ihnen von der richtigen Seite zugespielt werden. Und ich fürchte, weder die SS noch das Reichaußenministerium repräsentieren das Maß an Neutralität, das eine so heikle Aufgabe erfordert.«
»Ich glaube, ich habe den richtigen Mann dafür«, sagte Himmler. »Es gibt da einen Major Max Reichleitner. Von der Abwehr. Er gehörte zu der Gruppe der Wehrmachts-Untersuchungsstelle, die wegen des Massakers von Katyn ermittelt hat. In letzter Zeit hat er für mich nützliche Arbeit in der Türkei geleistet.«
»In der Türkei?« Ribbentrop war versucht zu fragen, welche Art Arbeit Major Reichleitner in der Türkei für Himmler und die Abwehr geleistet hatte. Er hatte nicht vergessen, dass ja auch 43
SD-Agent Cicero in Ankara operierte. War das nur Zufall, oder gab es da etwas, was man ihm nicht sagte?
»Ja, in der Türkei.«
Himmler ging nicht näher darauf ein. Major Reichleitner hatte als diplomatischer Kurier bereits in einer anderen geheimen Friedensinitiative fungiert, in einer, die Franz von Papen, der ehemalige Reichskanzler, im Namen einer Gruppe hoher Wehrmachtsoffiziere gegenüber den Amerikanern betrieb. Von Papen war deutscher Botschafter in der Türkei und als solcher Ribbentrop unterstellt. Himmler hielt Ribbentrop in vielerlei Hinsicht für nützlich, aber der Reichsminister war extrem empfindlich, was seine Zuständigkeiten anging, und daher manchmal ziemlich lästig. Es war schlicht und einfach so, dass Himmler es genoss, den Außenminister spüren zu lassen, wie wenig er wirklich wusste und wie sehr er jetzt auf den Reichsführer-SS statt wie bisher auf Hitler angewiesen war, wenn er dem Zentrum der Macht nahe bleiben wollte.
»Ich glaube, wir könnten uns diese bevorstehende Konferenz noch in anderer Weise zunutze machen«, sagte der Außenminister. »Ich finde, wir sollten versuchen, mehr Klarheit darüber zu erlangen, was genau Roosevelt meinte, als er den Presseleuten in Casablanca erklärte, er fordere die bedingungslose Kapitulation Deutschlands.«
Himmler nickte nachdenklich und zog an seiner Zigarre. Die Bemerkung des amerikanischen Präsidenten hatte in Großbritannien und Russland ebenso große Beunruhigung ausgelöst wie in Deutschland und, Abwehr-Berichten zufolge, bei gewissen amerikanischen Generälen die Befürchtung geweckt, das Schreckgespenst der bedingungslosen Kapitulation könnte die Deutschen dazu treiben, noch erbitterter zu kämpfen, was hieße, dass sich der Krieg noch länger hinziehen würde.
»Wir könnten«, fuhr Ribbentrop fort, »Teheran nutzen, um herauszufinden, ob Roosevelts Äußerung nur eine Drohgebärde 44
war, ein Druckmittel, um uns zu Verhandlungen zu zwingen, oder ob er es wörtlich gemeint hat.«
»Und wie genau sollten wir das herausfinden?«
»Ich dachte, der Führer ließe sich vielleicht dazu bewegen, drei Briefe zu schreiben. An Roosevelt, Stalin und Churchill.
Stalin ist ein großer Bewunderer des Führers. Ein Brief vom, Führer
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