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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Himmler, »dass die Alliierten um den Endzweck der Evakuierung von Juden nach Osteuropa wissen? Dass das der wahre Grund ist, warum sie die Beweise für die russischen Gräueltaten ignorieren?«
    »Wir haben uns doch geeinigt, offen zu sprechen, Ribbentrop«, sagte Himmler. »Also lassen Sie es uns auch tun.
    Sie sprechen von der systematischen Ausrottung der Juden, richtig?«
    Ribbentrop nickte widerwillig.
    »Schauen Sie«, fuhr Himmler fort. »Wir haben das moralische 47

    Recht, uns zu schützen. Die Pflicht unserem Volk gegenüber, Saboteure, Propagandisten und Hetzer, die uns vernichten wollen, unsererseits zu vernichten. Doch um ihre Frage konkret zu beantworten: Ich halte es für möglich, dass sie um unsere Endlösung der Judenfrage wissen, ja. Aber ich würde meinen, dass sie derzeit die Berichte über das, was in Osteuropa vor sich geht, für stark übertrieben halten.
    Wenn ich mir einmal selbst auf die Schulter klopfen darf –
    was wir da bisher geleistet haben, ist einfach unglaublich. Sie haben ja keine Vorstellung. Dennoch darf keiner von uns vergessen, dass dies ein Kapitel der deutschen Geschichte ist, das nie geschrieben werden darf. Aber seien Sie versichert, Ribbentrop, sobald wir einen Friedensschluss haben, werden sämtliche Lager zerstört und alle Indizien, dass es sie je gab, vernichtet. Sicher, die Leute werden sagen, dass Juden umgebracht wurden. Tausende Juden, Hunderttausende – ja, auch das werden sie sagen. Aber wir haben Krieg. Den ›totalen Krieg‹, wie Goebbels sagt, und da stimme ich ihm ausnahmsweise einmal zu. In Kriegszeiten werden Menschen getötet. Das gehört nun mal zu den unangenehmen Tatsachen des Lebens. Wer weiß, wie viele Menschen die britische Luftwaffe heute Nacht in München töten wird? Greise, Frauen und Kinder?«
    Himmler schüttelte den Kopf. »Also, Ribbentrop, ich gebe Ihnen mein Wort, die Leute werden nicht glauben, dass so viele Juden umgekommen sein können. Angesichts der Bedrohung durch den europäischen Bolschewismus werden sie es nicht glauben wollen. Nein, sie werden es niemals glauben. Das glaubt kein Mensch.«
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    DONNERSTAG, 4. OKTOBER 1943
    –––––––––––––
    POSEN, POLEN
    DER ADAM-MINKIEWICZ-PLATZ in Posen, benannt nach dem größten Dichter der polnischen Romantik, gehörte zu den Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt. Auf der Ostseite des Platzes stand ein Schloss, das 1910 für Kaiser Wilhelm II. erbaut worden war, als Posen zum preußischen Reich gehörte.
    Eigentlich sah es nicht aus wie ein Schloss, sondern eher wie ein Rathaus oder ein Stadtmuseum. Ein hoher schmiedeeiserner Zaun schützte einen gepflegten Rasen und eine mit Schotter bedeckte Fläche, die wie ein Paradeplatz anmutete und an diesem Tag mindestens einem Dutzend SS-Stabsfahrzeugen als Parkplatz diente. Vor dem Zaun standen mehrere Hanomag-Mannschaftstransporter, besetzt mit jeweils fünfzehn WaffenSS-Panzergrenadieren. Fast noch einmal so viele Soldaten patrouillierten um das Schlossgelände. Die Polen, die in der Straßenbahn den Ostrand des Adam-Minkiewicz-Platzes entlangfuhren, sahen schaudernd zu dem Schloss hinüber. Sie wussten, dass es in diesen Zeiten als SS-Hauptquartier in Polen genutzt wurde. Vor ihren Augen passierten immer mehr SS-Stabsfahrzeuge das schwer bewachte Tor, um SS-Offiziere an dem von Bäumen flankierten Portal abzusetzen.
    Die Einwohner von Posen, dem einstigen Poznan, lebten schon seit September 1939 mit der Anwesenheit der SS, aber keiner der Passagiere in der Straßenbahn konnte sich erinnern, je so viele SS-Leute im Königlichen Residenzschloss gesehen zu haben. Es wirkte fast wie ein Truppenaufmarsch. Wenn es die Leute in der Straßenbahn allerdings gewagt hätten, genauer hinzusehen, hätten sie bemerkt, dass sämtliche Offiziere, die an diesem Morgen im Schloss eintrafen, im Generalsrang standen.
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    Einer dieser hochrangigen Offiziere, ein SS-Brigadeführer, ein gut aussehender, adretter, mittelgroßer Mann von Anfang dreißig, blieb anders als die meisten seiner Offizierskameraden noch kurz draußen stehen, um eine Zigarette zu rauchen.
    Kritischen Blicks musterte er das Schloss mit dem ein wenig provinziellen Uhrenturm und dem hohen Mansardendach, von dem eine Reihe langer Hakenkreuzfahnen hing. Dann blickte er noch ein letztes Mal über den Adam-Minkiewicz-Platz, trat die Zigarette mit dem Absatz seines blank gewienerten Stiefels aus und ging hinein.
    Der Brigadeführer hieß Walter Schellenberg, und Posen war ihm

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