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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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war schlicht schwarz, während die anderen beiden aus Perlmutt waren und schimmerten. Es fehlte also ein Originalknopf. Aber war es wirklich der, den ich auf Elenas Schlafzimmerboden gefunden hatte?
    »Danke, dass Sie gekommen sind, Bill«, sagte Roosevelt zu Leahy. »Tja, sieht so aus, als wären wir jetzt vollzählig.«
    »Ja, Sir, sieht so aus«, sagte Leahy.
    »Keine Anmeldungen in letzter Minute?«
    »Nein, Sir«, sagte Leahy. »Was ist mit Winston?«
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    Roosevelt schüttelte verbittert den Kopf.
    »Sturer alter Bock«, sagte Leahy.
    »Der Teufel soll ihn holen«, sagte Hopkins. »Hierfür brauchen wir ihn nicht. Ja, wahrscheinlich ist es sogar besser, dass er nicht dabei ist. Außerdem, irgendwann schwenkt er schon noch ein.
    Sie werden schon sehen. Er hat ja keine andere Wahl, als mitzumachen. Jede andere Position wäre unhaltbar.«
    »Hoffentlich haben Sie Recht«, sagte Roosevelt.
    Es folgten ein paar Sekunden Schweigen, die ich nutzte, um noch einen Blick auf Pawlikowski zu werfen. Hier in Teheran war es viel kühler als in Kairo, aber der Secret-Service-Agent schwitzte offenbar dennoch. Er wischte sich mehrfach mit dem Taschentuch die Stirn, und als er dazu den Arm hob, sah ich die 45er Automatik im Schulterholster unter seinem Jackett. Dann bemerkte er, dass ich ihn ansah.
    »Kann ich vielleicht eine Zigarette von Ihnen schnorren?«, fragte ich ihn. »Ich habe meine in Amirabad vergessen.«
    Pawlikowski griff wortlos in die Jackettasche und förderte ein Päckchen Kool zutage. Er klopfte mir eine heraus und gab mir Feuer.
    »Danke.« Ich war mir ziemlich sicher, dass Pawlikowski der Mann war, den ich suchte. Und war ein Polnisch-Amerikaner nicht der perfekte Stalin-Mörder? Doch während ich im Geiste Pawlikowski im Funkraum von Elenas Villa beobachtete, hörte ich Roosevelt das Wort an mich richten.
    »Da Churchill und zwei meiner Generalstabsmitglieder schmollend in ihren Zelten hocken, kann ich es mir nicht leisten, noch mehr Mitglieder meines Verhandlungsteams zu verlieren.
    Schon gar nicht Sie beide. Sie sind meine Ohren und meine Stimme. Ohne Sie beide wäre das Ganze schon vorbei, noch ehe es begonnen hat. Deshalb möchte ich von Ihnen beiden das persönliche Versprechen, dass Sie mich nicht sitzen lassen, was auch immer passiert. Ich möchte Ihr Wort, dass Sie dabeibleiben 483

    werden, so widerwärtig Ihnen Ihre Übersetzerpflichten auch erscheinen mögen. Vor allem Sie, Willard, denn das, was heute passieren wird, lastet vor allem auf Ihren Schultern. Und ich muss mich noch einmal dafür entschuldigen, dass ich Sie beide so lange über meine Absichten im Dunkeln gelassen habe. Aber ich will Ihnen eines sagen: Wenn heute Vormittag alles glatt geht, bin ich überzeugt, dass die Welt es uns danken wird. Wenn wir es jedoch vermasseln, wird es das schmutzigste Geheimnis in der gesamten Geschichte dieses Krieges sein. Ja, vielleicht sogar das schmutzigste Geheimnis aller Zeiten.«
    »Ich werde Sie nicht im Stich lassen, Mr. President«, sagte ich, obwohl ich immer noch keinen Schimmer hatte, worum es eigentlich ging. »Mein Wort darauf.«
    »Meins auch«, sagte Bohlen.
    Roosevelt nickte und schwenkte seinen Rollstuhl energisch in Richtung Tür. »Gut. Packen wir es an.«
    Pawlikowski sprang eilfertig hinzu, um seinem Boss die Tür zu öffnen. Doch statt zum Hauptportal der Botschaft rollte Roosevelt zum anderen Ende des Flurs, wo Mike Reilly bereits eine schwere Stahltür aufwuchtete. Ich folgte der kleinen Delegation durch die Stahltür und einen langen, abfallenden Gang hinab. Es wirkte, als verschwänden wir in einem Luftschutzbunker.
    Pawlikowski setzte sich an meine Seite. Ich erwog schon, ihm – und sei es nur abschreckungshalber – zu sagen, dass ich ihm auf der Spur sei, doch plötzlich eilte er voraus, um eine weitere Tür zu öffnen. Dahinter lag ein weiterer Gang, fast fünfzig Meter lang, gut beleuchtet und offenbar ganz neu instand gesetzt.
    Wir kamen an eine dritte Tür. Hier wachten zwei NKWD-Leute, die, als sie den Präsidenten sahen, so zackig strammstanden, dass die Hacken ihrer Stiefel knallten. Dann drehte sich einer der beiden um und klopfte dreimal an die Tür.
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    Sie schwang langsam auf. Pawlikowski und Reilly führten unseren kleinen Trupp in den riesigen Raum dahinter.
    Der war so groß wie ein Tennisplatz und fensterlos, aber dafür brannte über dem runden, mit grünem Stoff überzogenen Tisch, der problemlos König Artus’ Tafelrunde Platz geboten hätte, eine

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