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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Pferdehändler ein kaspisches Pony erstanden. Der Furphy war in das Pistazienlager in Eshtejariyeh gebracht worden, wo sich Schkwarzew und Schnabel darangemacht hatten, ihn in eine mobile Bombe zu verwandeln.
    Der Tank des Wasserkarrens bestand aus zwei gusseisernen Endscheiben mit einem Durchmesser von neunzig Zentimetern und einem Blechzylinder von etwa ein Meter zwanzig Länge.
    Mit rund achthundert Liter Wasser gefüllt, wog der Furphy etwa 477

    eine Tonne und war, sorgsam über der Achse ausbalanciert, für ein gutes Pferd eine durchaus zumutbare Zuglast. Der Karren selbst war aus Holz und mit zwei 75-cm-Rädern versehen. Das Wasser wurde aus einem Hahn am hinteren Ende abgelassen und durch ein großes Deckelloch auf der Oberseite eingefüllt. Es war nicht weiter schwer, durch dieses Deckelloch den leeren Tank mit Stickstoffdünger und Zucker zu füllen und so eine Bombe zu fabrizieren, die etwa halb so groß war wie die größte Bombe, die die Luftwaffe routinemäßig an der Ostfront einsetzte
    – die Zweieinhalb-Tonnen-Bombe »Max«. Oster hatte einmal gesehen, wie eine solche Bombe, von einer Heinkel abgeworfen, ein vierstöckiges Haus in Charkow so gründlich zerstörte, dass niemand darin überlebte, also kalkulierte er, dass eine wohl platzierte Bombe von einer guten Tonne Gewicht allemal genügen musste, um die kleine Villa, die die britische Botschaft beherbergte, dem Erdboden gleich zu machen.
    Oster erstarrte, als er gedämpft klingende russische Stimmen hörte. Gleichzeitig sah er, wie sich unmittelbar vor ihm Schkwarzews Hand um das Handfeuermaschinengewehr schloss. Er konnte es dem Ukrainer nicht verübeln, dass er nicht lebend ergriffen werden wollte. Es hieß, alle Zeppelin-Freiwilligen aus Wlassows Armee erwarte ein besonders grausames Schicksal: etwas Besonderes, das sich Berija persönlich ausgedacht hatte, auf ausdrücklichen Befehl Stalins.
    Ob Churchill und Roosevelt die Explosion überlebten oder nicht, war Oster ziemlich egal, aber Stalin – das war etwas anderes. Es gab wohl keinen Deutschen an der Ostfront, der für die Chance, Stalin zu töten, nicht sein Leben riskiert hätte. Viele Freunde und auch ein, zwei Verwandte von Oster waren in Stalingrad dabei gewesen und jetzt tot oder, schlimmer noch, in sowjetischer Gefangenschaft. Ein Anschlag auf Stalin, das war etwas, worauf jeder deutsche Offizier stolz gewesen wäre.
    Der Plan war einfach. Jeden Morgen verließen zwei Iraner mit einem Furphy die amerikanische Botschaft und fuhren gute zwei 478

    Meilen durch die Stadt, um den Tank mit sauberem Wasser zu füllen. Die beiden zu kaufen, war ein Leichtes gewesen – ein paar von den Goldsovereigns, die Oster aus Winniza mitgebracht hatte, hatten genügt. Am Dienstagmorgen würden Oster und Schkwarzew, als Einheimische verkleidet, zwei Furphys auf das britische Botschaftsgelände kutschieren. Wenn jemand wissen wollte, warum es diesmal zwei waren, würde Oster erklären, dass sie wegen des Aufenthalts der Roosevelt-Delegation mehr Wasser bräuchten. Laut den beiden Wasserkutschern, die Mehdizadeh bestochen hatte, mündete die britische Wasserleitung innerhalb des Botschaftsgeländes in ein blau gefliestes Wasserbecken in einer Art Rotunde, einem überdachten Rund aus Säulen und Gitterwerk draußen vor der Küche. An dem Furphy mit der Bombe würde dummerweise das Pferdegeschirr kaputtgehen, sodass sie ihn vorerst zurücklassen müssten. Das würde der Moment sein, die Bombe scharf zu machen, und zwar mit Hilfe eines billigen »Big Ben«-Weckers (was Oster nur angemessen schien) der Marke Westclox, einer Radiobatterie Eveready B103, einer elektrischen Zündkapsel und einer Drei-Pfund-Portion Plastiksprengstoff. Oster und Schkwarzew würden mit dem anderen Furphy die Botschaft verlassen und auf den beiden Karrenpferden fünfzehn Meilen bis Kan reiten, wo Mehdizadeh sie mit einem Lastwagen voller gerösteter Pistazien erwarten würde, um sie an die vierhundert Meilen entfernte türkische Grenze zu bringen. Wenn die Bombe dann hochging, hoffte Oster bereits in einem neutralen Land zu sein.
    Wenn der Plan einen Haken hatte, dachte Oster, dann höchstens den, dass er fast schon zu simpel war. Er selbst sprach etwas Persisch und ein wenig Englisch, und da er und Schkwarzew sich, seit sie im Iran waren, weder gewaschen noch rasiert hatten, würden sie in entsprechender Kleidung sicher problemlos als Einheimische durchgehen. Jedenfalls bei den Briten. Wenn alles nach Plan lief, würden sie die

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