Der Pakt
fallen konnte, war nicht das, was sich 126
Schellenberg unter einer angenehmen Reise vorstellte. Also setzte er sich auf den schmaleren Sitz gegenüber, den gewöhnlich Himmlers Freundin, sein Adjutant oder seine Privatsekretärin einnahm. Er zündete sich eine Jasmatzi an und versuchte, nicht an die Gefahren des vor ihm liegenden Flugs zu denken. Die Condor des Reichsführers war zwar in Deutschland das, was den fliegenden Festungen der Amerikaner am nächsten kam, aber jetzt, im Herbst 1943, war die RAF am deutschen Himmel viel zu allgegenwärtig, als dass man es oft riskiert hätte zu fliegen, und Himmler brauchte gewöhnlich mehrere Cognacs, um seine Nerven zu beruhigen. Schellenberg tat es ihm nach.
Keine zehn Minuten später raste die Condor mit ihren vier BMW-Motoren die Startbahn entlang und erhob sich in die Lüfte. Schellenberg starrte durch das fünf Zentimeter dicke, kugelsichere Fenster auf die Stadt hinab. Von oben war leichter zu erkennen, wie effizient die RAF mittlerweile war; es gab in ganz Berlin kaum noch ein Viertel ohne zerbombte Häuser.
Noch ein solches Jahr, dachte Schellenberg, und für die Russen würde nicht mehr viel einzunehmen sein.
Sie flogen südwärts, Richtung Mariendorf, beschrieben dann eine Kurve nach Westen, Richtung Zehlendorf und Grunewald, und zogen schließlich nach Norden, unter sich das Olympiastadion und die Spandauer Zitadelle, wo einige der wichtigsten Staatsgefangenen des Reiches saßen. Die Maschine stieg stetig, und als sie nach etwa einer halben Stunde ihre Reiseflughöhe von gut 5000 Metern erreicht hatte, kam ein Mitglied der vierköpfigen Besatzung, ein Mann namens Hoffmann, in die Passagierkabine, um Schellenberg ein paar Wolldecken zu bringen.
»Sagen Sie«, sagte Schellenberg, »was halten Sie von diesem Flugzeug?«
Der Mann zeigte auf Himmlers Sitz. »Darf ich?«
»Nur zu«, sagte Schellenberg.
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»Die beste Langstreckenreisemaschine Europas«, sagte Hoffmann. Er setzte sich und machte es sich bequem. »Wenn nicht sogar der Welt. Ich habe nie verstanden, warum wir davon nicht mehr produziert haben. Diese Maschine bringt Sie in knapp zwanzig Stunden nach New York, nonstop. Besonders schnell ist sie allerdings nicht. Selbst eine Short Sutherland würde diese hier jederzeit einholen und abschießen. Und wehe, ein Mosquito würde uns entdecken. Aber aerodynamisch ist die Condor einmalig.«
»Und als Langstreckenbomber?«
Hoffmann zuckte abschätzig die Achseln. »Anfangs war sie ja als Atlantikbomber ganz effizient. Hab selbst ein paar Schiffe versenkt, bevor ich zur Regierungsstaffel versetzt worden bin.
Aber wie gesagt, für einen Jäger ist sie leichte Beute, trotz der ganzen Bordwaffen, die wir haben. Wenn man das Überraschungsmoment auf seiner Seite hat, ist sie wohl ganz brauchbar. Manche von den neueren Modellen haben Suchradar, was den Bombenabwurf im Blindverfahren ermöglicht, oder sie haben eine Funklenkvorrichtung für Gleitbomben. Das große Plus ist die Reichweite. Ich meine, überlegen Sie mal. New York. Dieses Flugzeug könnte New York bombardieren. Die Chancen stehen gut, dass wir sie im Schlaf überraschen würden.
Schließlich rechnet doch niemand damit, dass ein Bomber es bis dort hinüber schafft. Natürlich würden wir uns dabei nasse Füße holen, aber ich schätze, das wär’s wert, oder? Ich meine, denken Sie nur mal, wie viele Leute wir an einem so dicht besiedelten Ort wie New York erwischen könnten. Der Überraschungseffekt ist doch schon die halbe Miete, oder?«
Hoffmann griff in seinen Fliegeranzug, zog eine Walther PKK
mit Schalldämpfer heraus und richtete sie auf Schellenberg. Im ersten Moment dachte Schellenberg, er wolle die Waffe irgendwie als Vergleich bemühen, aber die Walther zielte stur auf seine Brust.
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»Ich fürchte, ich muss Sie um die Aktentasche da bitten, Herr Brigadeführer«, sagte Hoffmann.
»Immer höflich, das gefällt mir«, sagte Schellenberg. Er stellte sein Cognacglas ab und hob die Hand so weit, dass die Aktenmappe an den Handschellen von seinem Handgelenk baumelte.
»Meinen Sie diese Aktenmappe? Der Schlüssel ist an einer Kette in meiner Hosentasche. Ich muss aufstehen, um ihn rauszuholen. Wenn Sie gestatten.«
Hoffmann nickte. »Tun Sie’s, aber ganz vorsichtig.«
Schellenberg stand langsam auf, zeigte dem Mann seine leere Hand, fuhr dann langsam in seine Hosentasche und zog eine lange silberne Schlüsselkette heraus.
Hoffmann umklammerte nervös die Walther und leckte
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