Der Paladin
mich, Meister Yi?«
»Ja, Herr«, stammelte Yi.
»Ihr könnt gehen.«
»Bitte...«
»Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen, Meister Yi. Weder Ihr noch Euer Begleiter. Es sei denn, die Soldaten des Regenten spürten irgendwie den Karren oder die Fässer auf. Im Augenblick befindet er sich an keinem günstigen Ort, fürchte ich. Wir werden uns darauf verlassen müssen, daß Ihr ihn mit Eurem Freund versteckt.
Ich
würde ihm sagen, daß ihn jemand gestohlen hat. Ich glaube nicht, daß er mehr wird wissen wollen. Und Ihr wohl auch nicht.«
»Nein, Herr.« Ein Flüstern, in einem Zimmer, in dem man eine Stecknadel hätte fallen hören.
»Ich würde dafür sorgen, daß man ihn nicht findet, Meister Yi. Ihr seid ein kluger Mann. Ihr kennt die Polizei. Es tut nichts zur Sache, ob Ihr mit uns unter einer Decke steckt oder nicht. Ihr habt den belastenden Karren besorgt. Euer Freund weiß das. Ich schlage vor, daß Ihr
ihm
sagt, wie gefährlich
es
wäre, ihn als gestohlen zu melden – ich würde Euch nämlich nur ungern im Gefängnis sehen, ein Fremder, dem man Fragen stellt, die er nicht beantworten kann. Unwissenheit ist der sicherere Weg – weil wir Euch nämlich beobachten werden, Meister Yi. Darauf könnt Ihr Euch verlassen. Ihr seht, wir haben Euch am Leben gelassen. Und so soll es auch bleiben.
Wir
vergessen einen Freundschaftsdienst nicht. Sie schon. Denkt darüber nach, Meister Yi.«
»Das werde ich. Das werde ich, Herr.«
»Bringt Euren Freund dazu, daß er Euch glaubt, Meister Yi. Sagt ihm, wie gefährlich es ist. Sagt ihm, in was er da verwickelt werden kann. Wenn Ihr jetzt geht, bleibt Euch genügend Zeit. Ich verlasse mich darauf, daß Ihr für das Schweigen Eures Begleiters einstehen könnt.«
»Gewiß doch, Herr!«
»Dann
geht
, Meister Yi.«
Meister Yi zögerte einen Moment und sah die Männer an, die ihn umstanden. Dann erhoben sich er und sein Begleiter, und Shoka gab die Tür frei. Chun öffnete sie, und Meister Yi eilte sich verneigend hindurch, seinen Begleiter hinausdrängend.
»Er ist uns entwischt«, sagte Shoka, als sich die Tür geschlossen hatte. »Wir mußten weg. Aber wir haben den Kaiser gefunden.«Auf den Gesichtern zeigte sich Verblüffung.
»Im Vertrauen gesagt«, meinte Shoka. »Wir sind ihm begegnet. Helft mir, hat er gesagt. Und dann kamen die Wachen. Ich hatte keine Zeit mehr, ihn zu fragen, wobei. Ich vermute, daß Ghita sich Sorgen macht, was er anstellen könnte, wenn er allein in der Hauptstadt zurückbleibt – daß er die Macht an sich reißen könnte. Ich weiß es nicht. Jetzt müssen wir erst mal diesen Ort verlassen.«
»Ja, Herr.«
Shoka blickte Chun an.
»Hauptmann«, fügte Chun hinzu.
»Verschwinden wir von hier«, sagte Shoka. »Ist die Unterkunft bereit?«
»Zwei Straßen nördlich von hier, Hauptmann«, antwortete Eidi. »Der Gasthof nennt sich
Glückseligkeit
.«
Aufgeweckte Burschen, Reidis Männer. Ein Wort hatte genügt, als sie sich umgezogen und Meister Yi unter Arrest gestellt hatten, und alles hatte sich verändert, Geld hatte den Besitzer gewechselt, Eidi war in aller Stille losgezogen und hatte ihnen ein anderes Schlupfloch besorgt, während sie dieses weiterhin bezahlten. Der Besitzer der
Pfingstrose
machte bei seinen Gästen nicht die Betten; und in dieser Gegend war es unwahrscheinlich, daß er die Zimmer doppelt vermieten oder die Pferde stören würde, da er es nicht wagen würde, sich mit ihresgleichen anzulegen.
»In Zweier- und Dreiergruppen«, sagte Shoka. Die Gasse runter. Nur das Allernötigste. Ich fürchte, die Matten müssen wir hierlassen, nur die Decken. Wir wollen ja nicht auffallen.«
Etwas Heißes landete auf Shokas Rücken: er biß die Zähne zusammen und spannte die Arme an, mit dem Gesicht auf dem Boden, während Taizu Lappen aus dem Topf fischte und sie ihm bestimmt nicht ohne eine gewisse Genugtuung auflegte.
Gott sei Dank war es bei der Flucht bergab gegangen.
Ein weiterer Lappen. Zischend stieß er den Atem aus.
»Tut's weh?« fragte sie.
»Nein.«
»Tut mir leid. Das war der von ganz unten.«
Sie hatten das Zimmer mit dem kleinen Ofen und dem Kochtopf, dem einzigen Luxus der
Glückseligkeit
. Chun und seine Kameraden hatten das andere Zimmer und schliefen ein wenig beengt: Macht nichts, Hauptmann, hatte Chun gemeint.
Wenn der Wirt wußte, wie sie die Zimmer aufgeteilt hatten, dann bauchte man nicht lange zu überlegen, um seine Gedanken zu erraten.
»Ihr habt hier einen bösen Bluterguß«, sagte
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