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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Eid.
    Shoka hatte gegen diese Entscheidung aufbegehrt: Er hatte dem Kaiser gedient – und das war nun der Dank, Meiya einem Narren zu überlassen, weil der todkranke Kaiser wußte, daß der Sohn starke Ratgeber brauchte; und er hatte Meiya auserwählt und mit Meiya auch ihren Vater, Fürst Peidan; und außer Meiya noch Fürst Heisu von Ayendan und nicht zuletzt Saukendar, den Erben der Provinz Xiungei.
    Sein Vater hatte ihn in allen Dingen gut beraten, nur das eine Mal nicht, als er dem neuen Kaiser, als es soweit war, ebenso Treue gelobte wie dem alten; als er Beijun langsam zur Vernunft zu bringen versuchte; als er darauf vertraute, daß der Einfluß Meiyas und Heisus und sein eigener ausreichen werde, aus einem dummen Jungen einen Kaiser zu machen.
    Zumindest wußte er, daß Ghitas Mörder niemals aufgegeben hätten, wenn er rechtzeitig eingetroffen und Meiya ins Exil geführt hätte; und daß er nie so weit gekommen wäre, wenn Meiya ihn unterwegs begleitet hätte.
    Shoka hatte jedoch zu spät davon erfahren. In den Jahren nach ihrer Vermählung mit dem jungen Kaiser hatte er sich innerlich von Meiya entfernt, so daß ihm die Nachricht, daß Meiya zu den Toten dieses schrecklichen Tages gehörte, weniger wichtig erschienen war als die Nachricht von Heisus und ihres Vaters Tod.
    Erst später war ihm klargeworden, wie schwer sein Kummer wog. Die Soldaten wie Heisu, die Gelehrten wie Baundi, die kaiserliche Garde und die Gefolgsmänner – sie waren ein Wagnis eingegangen, und die meisten von ihnen hatten Waffen und wenigstens die Möglichkeit gehabt, sich zu verteidigen. Meiya von Kiang jedoch, im Palast eingesperrt und ganz auf ihren Verstand angewiesen, zu solcher Sanftheit erzogen, daß sie niemals die Hand zu ihrer Verteidigung hätte erheben können, war nur der Becher übriggeblieben – als allerletztes Mittel, zu dem sie Zuflucht genommen hatte, als ihr keine andere Wahl mehr geblieben war.
    Diese Tat verfolgte ihn bei Nacht; der Verdacht, daß sie keinen Anlaß mehr gesehen hatte, bei ihrem Gatten auf Milde zu hoffen, aber dennoch auf Hilfe gewartet hatte; das und die Tatsache, daß er zunächst gar nicht geglaubt hatte, sie könne unter den Toten sein. Die Fürstin Meiya hatte mit dem Giftbecher am Gartenfenster gesessen, das auf die Straße nach Süden hinaussah; und hatte bis zuletzt auf einen Liebhaber gehofft, den sie vor fünfzehn Jahren aufgegeben hatte.
    Fürst Heisu wurde noch, in derselben Stunde, als man in seine Gemächer eindrang und ihn hinauszerrte, wegen Ehebruchs der Prozeß gemacht; und Ghitas bestochene Richter befanden Heisu aufgrund von Meiyas Selbstmord für schuldig. So wurde am neuen Hof Recht gesprochen, als die Asche des alten Kaisers noch nicht einmal erkaltet war. Man hatte Heisu den Kopf abgeschlagen und diesen am Nordtor von Cheng'di befestigt, an dem Tor, das auf Heisus Provinz Ayendan hinausblickte.
    Als Shoka davon erfahren hatte, war ihm klargeworden, daß es sinnlos war, in die Hauptstadt zurückzukehren, daß er dort keine Verbündeten finden würde: die Verschwörung war zu umfassend, selbst die Garde und die Armee hatte man mit Gold und Versprechungen gefügig gemacht; es war der Befehl ergangen, ihn als Heisus Komplizen bei der geplanten Verschwörung zu ergreifen. Also hatte das Geschwür, als das ihm der Hof erschienen war, geeitert und war geplatzt, und unter den Fürsten brach keine Empörung aus, es kam nur zu einer allgemeinen Balgerei um eine sichere Position im zukünftigen Regime.
    Und so war er zur Grenze geflüchtet. Deshalb hatte er sich in Sicherheit gebracht, nachdem er den jungen Kaiser so falsch eingeschätzt hatte: der junge Narr Beijun hatte den Hof wutentbrannt verlassen und bei Ghita Schutz gesucht. Der junge Kaiser hatte vor
ihm
Schutz gesucht, das war die Wahrheit; und daß Beijun von den Göttern auserwählt und von den Priestern gesalbt war, umgab ihn mit einer Aura von Heiligkeit, was Shoka, selbst in dieser Stunde, nur allzusehr respektiert hatte.
    Narr, dachte er jetzt. Aber wenn er überlegte, wer sonst den Thron hätte einnehmen können oder wer die Kraft gehabt hätte, ihn zu halten – nach der brutalen Exekution des Fürsten Heisu war keiner mehr geblieben; auch nicht unter den oppositionellen Priestern, den gekauften und den schlichten Gemütern, die naiv und hartnäckig am Himmelssohn festhielten, obwohl er ein Narr war. Es war der Wille der Götter, daß das Reich leiden sollte. Es war der Wille der Götter, daß gemordet wurde. War

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