Der Paladin
da gab es kleine Tonkrüge mit Eingemachtem und andere Genüsse, welche die Dorfweiber liebevoll zubereitet hatten. Er erinnerte sich an andere solche Geschenke, an kleine Krüge, die bis zum Winter in den Regalen standen, bis er sich einen solchen Luxus gestattete.
Diesem
Krug zum Beispiel sah er an, daß er eingemachten Ingwer enthielt; seit Jahren bekam er ihn im gleichen kleinen Krug, der mit Wachs versiegelt war; und er war ebenso gut wie der, welcher die Tafel des Kaisers geziert hatte. Seit Jahren schickte ihm irgendeine Frau diesen Ingwer, und er hatte die Geschenke noch nie richtig zur Kenntnis genommen, das Obst und den Ingwer, die kleinen Töpfe mit Soßen und Gewürzen, die Abwechslung in die kargen Mahlzeiten brachten.
»Das ist sehr freundlich«, sagte er, unerklärlicherweise gerührt. »Das ist wundervoll. Sag ihnen das.«
»Ja, Herr«, antwortete der Junge.
Ach, Junge
, dachte er, in das junge Gesicht starrend,
ich bin kein Held, ich habe das alles nicht verdient, merkst du das nicht?
Aber um das zu hören, war der Junge nicht den Berg heraufgeklettert, und so schuldete er ihm jedenfalls nicht die Wahrheit.
»Meine Mutter schickt Euch ein Hemd«, sagte der Junge und faltete es auseinander.
»Das ist sehr schön«, sagte er, die Stickereien betastend. »Sag ihr, daß ich ihr danke.« Und als er den Reis in der Hand wog und daran dachte, daß nun zwei Mäuler zu stopfen waren, fügte er leicht verlegen hinzu: »Ich frage mich... Ich könnte wohl noch etwas mehr Reis gebrauchen...«
»Ich werde ihn Euch bringen, Meister Saukendar.«
»Das wäre nett.«
Diesmal hatte er sechs zusätzliche Fuchsfelle und etliche Kaninchen- und Eichhörnchenfelle für die Dörfler. Er fand das nicht unangemessen.
Taizu hatte gemeint, daß es nicht unangemessen sei.
Und als der Junge ging, klopfte er dem Jungen wie einem Waffenbruder auf die Schulter, was dieser gut aufnahm.
Er hatte nie verstanden, warum ihn das Dorf verehrte. Er hatte nie danach gefragt. Es erschreckte ihn. Und er erinnerte sich daran, daß Bauern versucht hatten, ihn gefangenzunehmen, und daß sich zahlreiche Dörfler seinen Jägern in Chiyaden angeschlossen hatten.
Wegen des Kopfgeldes, hatte er gedacht.
Aber nicht diese Leute.
Taizu war nicht anders als irgendeines der Bauernmädchen, die er gesehen hatte.
Und gleichzeitig war sie völlig anders.
(Ein geschmeidiger Körper, der einen Stock umherwirbelte, ein Aufblitzen nackter Beine, eine nackte schlanke Taille und ein fliegendes weißes Hemd...)
Er hatte das Landvolk nie verstanden. Er hatte die Mentalität der Menschen verstanden, die das Land bestellten und Schweine hielten und die Nahrungsmittel herstellten, die auf den Tischen und in den Getreidespeichern bei Hofe auftauchten. Er kannte ihre Bedeutung für den Krieg. Er kannte die Bedeutung der Versorgung, und er wußte, wie man bei solchen Leuten Truppen aushob, wieviel Kampfkraft eine Gruppe speerbewaffneter Bauern beisteuern konnte und was sie im Kampf mit dem Bogen, den sie führen durften, wert waren und wozu die Gesetze (wenn es Gesetze gegeben hatte) einen Offizier bei den Dörflern berechtigten. Aber er hatte keine Ahnung, warum die Leute unten im Dorf Mon so anhänglich waren, außer daß sie vielleicht mehr in ihm sahen, als er tatsächlich war, und ihm mehr zutrauten, als in seiner Macht stand. Und das machte ihn wütend.
Nein,
es
verletzte sein Ehrgefühl, denn im Grunde seines Herzens hatte er gewußt, was die ganzen Jahre über geschehen war, und er hatte sich nie Gedanken darüber gemacht oder sich gefragt, was der Preis dafür wäre.
Und so setzte er sich hin und starrte auf den sich entfernenden Rücken des Jungen, als dieser über den Hügel zur Straße hinunterging; und er bewegte sich nicht, als Taizu wieder an der Veranda auftauchte.
»Was hat er gesagt, Meister?«
»Nichts«, meinte Shoka. »Nichts hat er gesagt. Außer daß er Stroh und noch etwas Reis bringen wird. Dann gehen uns die Vorräte nicht aus. Und wir können das Dach flicken.«
Taizu blickte ihn merkwürdig an und ging vor der Veranda in die Hocke; er jedoch stand auf und meinte, er müsse arbeiten.
Ohne zu wissen, warum er dies tat, nahm er den Abfalleimer und ging in den Wald und weiter zur Kuppe des Hügels, wo die kleinere Wiese und das Dickicht lagen, wo sie die Kürbis- und Bohnenreste hinbrachten. Im nächsten Frühjahr würde es dort um so mehr Kaninchen geben.
Selbst ein Mann vom Hof benötigte keine Schweinehirtin, um das zu
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