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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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wissen oder was mit den Kaninchen geschah, die von ihnen abhängig wurden.
     
    Und am nächsten Tag stieg er den Hügel hinunter bis zur verabredeten Stelle, einen schmalen Weg, auf dem Jiro ihm nichts genutzt hätte; aber Taizu begleitete ihn. Da lag ein Stapel Strohballen, den die Dörfler auf dem letzten Stück ebener Erde liegengelassen hatten; und da war ein kleiner Steinhaufen, der den Korb Reis schützte.
    Taizu mußte den Reiskorb tragen; er nahm einen der riesigen Strohballen und ließ sie vorgehen, denn sein lahmes Bein machte ihm bei einem solchen Aufstieg zu schaffen, und er wollte nicht, daß sie hinter ihm herging, auf seine unbeholfenen Gleichgewichtsverlagerungen wartete und ihm sagte:
Ihr bewegt Euch nicht aus dem Schwerpunkt heraus, Meister Saukendar.
    Er beschloß, die Last als Folge seiner langwierigen Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts nicht so zu tragen: Er verlagerte die Belastung der Muskeln, bis es weh tat, und er schwitzte, war außer Atem und spürte das Ziehen der alten Narbe, als er die erste Ladung am äußersten Rand der Lichtung fallen ließ. »Du kannst das bis zur Hütte tragen«, sagte er, drehte sich um und ging wieder zurück.
    So blieb ihm Zeit zum Verschnaufen, während sie den Korb zur Hütte bringen und dann wieder herunterkommen mußte, um das Stroh hochzuschleppen. Nun konnte er den Abstieg langsamer angehen und, von keiner Last beschwert, nach Herzenslust humpeln und bei jedem schmerzenden Schritt fluchen.
    Er war ein Narr. Der Junge hätte ihm helfen und das verdammte Stroh bis zum Stall tragen können. Der Junge hätte das bestimmt getan. Der Junge wäre hocherfreut gewesen, dem großen Meister Saukendar zu helfen, der zu verkrüppelt war, um den verdammten Berg hochzuklettern.
    Er verfluchte die Kopfgeldjäger, die ihm das angetan hatten. Er sah die Dunkelheit, das Handgemenge vor sich, erinnerte sich an den Hieb, als wäre es erst gestern gewesen, und, schlimmer noch, er war selbst schuld daran gewesen, weil er zugelassen hatte, daß die Wut sein Urteilsvermögen getrübt hatte, und weil er einen Mann von der Seite an sich hatte herankommen lassen.
    Ein einziger Fehler im Leben. Ein Fehler deshalb, weil es ihm eher ums Töten als ums Überleben gegangen war, weil er an Meiya und Heisu gedacht und geglaubt hatte, er werde ebenfalls bald sterben und seine Schmerzen los sein.
    Ein Fehler deshalb, weil er ein Mensch war und nicht das große Vorbild, das die Legenden aus ihm gemacht hatten. Und der
Mensch
humpelte für den Rest seines Lebens und hatte furchtbare Schmerzen und bekam keine Luft, weil er den Hinterhalt überlebt hatte, weil er es bis hinter die Reichsgrenze geschafft hatte, weil er sich zum Leben entschlossen hatte und weil er die Dinge, die ihn kräftigen hätten sollen, nicht mehr tun konnte. Ein wenig Training half. Es kurierte jedoch weder sein Hinken noch seine Schwäche.
    Nichts und niemand konnte Saukendar wieder zu dem Menschen machen, der er einmal gewesen war. Nichts konnte die Zeit zurückdrehen, die Toten wieder zum Leben erwecken oder den Schmerz verschwinden lassen.
    Und Taizu, zur Hölle mit ihr, überholte ihn, ehe er unten angekommen war, kletterte wie eine Ziege über den wurzelüberwachsenen Pfad, munter wie ein Reh.
    Als sie das mannsgroße Bündel schulterte, grinste sie ihn an.
    Das ist zuviel für dich
, wollte er sagen, nicht wegen des Gewichts, sondern weil sich das Bündel an überhängenden Ästen verfangen und sie auf dem schmalen Weg aus dem Gleichgewicht bringen würde. So war es ihm jedenfalls ergangen. Als er das nächste Bündel schulterte, spürte er Stiche im Bein, und ihm wurde übel.
Verdammter Dickkopf. Soll sie selbst sehen. Tut ihr gut.
    Doch sie machte sich vor ihm auf den Weg und vergrößerte den Abstand, so daß er sich abmühte, mit ihr Schritt zu halten, kämpfte und schwitzte, bis er oben angekommen war und die Luft auf dem Hügel nach Metall schmeckte und die Lichtung hinter einem Muster aus Schweiß und Schmerz verschwamm.
    Was er sich nicht anmerken ließ. Er warf sein Bündel kurz nach ihr ab und sagte mürrisch: »Das scheint dir Spaß zu machen. Du kannst hinuntergehen und den Rest heraufbringen.«
    Er hob die Ballen an den Schnüren hoch, einen in jeder Hand, und trug sie, ohne zu hinken, zum Stall, während Hütte, Bäume und Stall verschwammen, als blicke er durch Wasser.
    Er ließ die Last gleich hinter dem Eingang fallen, wo sie ihn nicht sehen konnte, setzte sich nieder und hielt sein Bein,

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