Der Paladin
Schauder:
Sie spricht vom Weggehen.
»Du bist noch nicht soweit. Bei weitem noch nicht.«
Sie runzelte die Stirn. Ihm wurde noch kälter.
Zeig ihr was anderes,
dachte er; und beobachtete ihr Gesicht, sah den unterdrückten Ärger in den zusammengepreßten Lippen.
Übungsschlag auf Übungsschlag. Während die Ungeduld in ihr schwelte. Das sah er ihr an. »Eile – tötet, Mädchen. – Vergiß das nicht. – Davon steckt mehr in dir – als dir gut tut.«
»Was tue ich – wenn ich hinfalle – Meister Saukendar?«
»Pause«, sagte er und vollendete die vorschriftsmäßige Bewegung. Er war geneigt aufzuhören. Es war immer noch kühl. Er hatte sich nicht besonders angestrengt. Sein schlimmes Bein tat höllisch weh. Aber:
Zeig's ihr,
dachte er.
Zeig dem verdammten Mädchen etwas, das sie nicht so schnell lernen kann.
Er warf seinen Übungsstock auf die Veranda, ging ihm hinterher und hob sein Schwert auf. Sie folgte ihm und nahm ihres.
»Werdet Ihr es mir zeigen?«
»Ich zeig's dir«, sagte er ruhig. Er kehrte zurück zum Baum und baute sich abwartend vor ihr auf. »Entscheide du, wie du angreifen willst.«
Sie hob behutsam die Klinge, blanker Stahl. »Schneidet mir nicht die Füße ab.«
»Mach dir deswegen keine Sorgen. Bestimm du die Geschwindigkeit.«
Sie fing an, in einem vorsichtigen, moderaten Tempo, Ausfall und Parade.
Er wich ihr aus, stieß vor, wich aus, stieß vor, abermals mit voller Kraft.
Verdammt, es würde weh tun. Er wählte seinen Zeitpunkt, wählte seine Stelle, verlagerte das Gewicht auf sein gesundes Bein, ging schwer zu Boden und benutzte den Schwung, um sich auf ein Knie aufzustützen und wieder auf die Füße zu kommen, so schnell wie eh und je.
Sie sprang zurück, fuhr herum und griff erneut an, und er bremste seinen Schlag ab, machte ihn langsam, immer langsamer.
»In Ordnung«, sagte er keuchend. »Jetzt du.«
Sie sah ihn an mit einem Ausdruck düsterer Hoffnungslosigkeit.
»Ein langer Winter?« neckte er sie.
»Ich werd's versuchen.« Abermals hob sie das Schwert.
Er hob seins und begann den langsamen Tanz. »Benutze den Schwung deines Falls. Wenn du fällst, dann wehr dich nicht dagegen. Roll dich auf die rechte Schulter. Stemm dich gleich wieder mit dem rechten Knie hoch.«
Sie fiel. Sie stemmte sich fast ganz hoch und schlug nach ihm.
Er wich zurück, das Knie war steif, aber er gelangte außer Reichweite ihres Schwerts.
»Daneben.«
Als sie sich hochrappelte.
Sie fiel wieder hin. Und blieb japsend unter dem Gewicht des Körperschutzes liegen.
»Es reicht«, sagte er.
»Ich kann es schaffen.«
»Es
reicht,
habe ich gesagt.« Er holte seine Schwertscheide, steckte die Klinge hinein und hob den Stock vom Boden auf. »Geh dich waschen.«
Das Essen wurde von Schweigen begleitet, von unversöhnlichem Schweigen.
Und er wünschte sich nichts sehnlicher, als eine Kompresse auf sein schmerzendes Bein zu legen, wollte ihr gegenüber jedoch nicht zugeben, daß er sich zu jeder Bewegung überwinden mußte. Und so trank er ein wenig, indem er sich den restlichen Wein einteilte bis zu dem Zeitpunkt, da der Dorfjunge zurückkommen würde. Er legte sich wortlos schlafen und versuchte eine Haltung zu finden, bei der ihm das Bein nicht weh tat.
Wenn es der kleinen Närrin einen gesunden Schrekken eingejagt hatte, war es die Sache wert gewesen.
Sollte sie es ruhig weiter versuchen. Sollte sie sich doch den Rücken quetschen und Angst kriegen und sich eine Muskelzerrung holen.
Er schaffte es immer noch im Panzer. Wenn das Knie nicht versagte. Verdammt wollte er sein, wenn er ihr das nicht beweisen würde.
»Grundstellung«, sagte er.
Das Schwert hob sich. Er führte die Übungen langsam aus, ausgewogen und genau. Der Wind war heute bis zum Abend wärmer gewesen als sonst. Der Himmel über dem Berg hing voller grauer Regenwolken. Es herrschte kein Zwielicht, nur Düsternis, und gelegentlich fiel Regeln auf den festgetrampelten Boden.
Sie wollte die Übungen beschleunigen. Er widerstand. Das Knie schmerzte. Das geschah immer dann, wenn das Wetter umschlug. Er hätte wissen müssen, daß mehr als nur eine Zerrung dahintersteckte. Und er hatte keine Lust, das gestrige Manöver zu wiederholen.
»Nein«, sagte er. »Geduld, Geduld.«
Sie nickte. Sie hielt das Tempo, das er vorgab, mindestens drei Durchgänge lang durch; dann wurde er schneller. Und schneller. Grundschlag und Grundschlag und Grundschlag und Variation.
Dann ließ sie sich plötzlich fallen, kam wieder
Weitere Kostenlose Bücher