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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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festhielt. Sie versuchte aufzuräumen – hob ihre und seine tropfnassen Sachen auf und legte sie auf dem Weg zu ihrer Matte auf einen Haufen neben die Tür. Er erhob sich ebenfalls, wickelte sich anstandshalber ein Tuch um die Hüfte und zog sein zweites Hemd an, ehe er die restlichen Lappen zum Wärmen auf die Kochstelle stellte und ihr die heißen brachte.
    Als er die Decke ein Stück hochzog und die Kompressen auflegte, wehrte sie sich nicht.
    Und obwohl es verlockend war, jetzt, da sie sich beruhigt hatte, mit ihr zu reden, ahnte er, daß sie vernünftigen Argumenten noch nicht zugänglich war. Er klaubte ihr einen Dreckklumpen aus dem Haar – sie hatte die Decke ebenso verdreckt wie den Panzer, der auf der Veranda im Regen lag; und er wagte es, ihr das nasse Haar aus dem Gesicht zu streichen. Die Narbe hob sich deutlich ab von ihrer Blässe. Und sie zuckte zurück vor dieser behutsamen und einzigen Berührung, die nichts zu tun hatte mit der Behandlung ihrer Verletzungen, zuckte zurück und wandte das Gesicht ab.
    »Bist du so böse mit mir«, sagte er, »nur weil ich dir die Wahrheit gezeigt habe?«
    Sie gab keine Antwort.
    »Nun«, sagte er, »dafür bekommt man in Chiyaden den Kopf abgeschlagen. Ich kann nicht behaupten, daß du anders bist als der Rest der Welt.«
    Er legte ihr die Hand auf die Schulter und tätschelte sie kurz, sei es auch nur, um sie zu ärgern, dann stellte er den Lampendocht nach und holte weitere Kompressen, während er fror und sich wünschte, jemand erwiese ihm den gleichen Dienst.

8
    Am Morgen bewegte sie sich schon wieder recht gut. Er war derjenige, der humpelte, und er setzte sich behutsam vor seine Schüssel Reis. Angesichts der morgendlichen Kälte aßen sie drinnen auf den Matten, aber die Tür und die Fensterläden waren geöffnet, damit Licht hereinkam.
    Sein Panzer war noch immer naß und unbrauchbar, und es würde lange dauern, bis der schmutzige Haufen auf der Veranda wieder verwertbar wäre. Er hatte Taizus verdreckte Sachen ausgewrungen und sie vor dem Schlafengehen neben der Feuerstelle zum Trocknen ausgebreitet, und jetzt konnte sie sie wieder anziehen. Die Hütte war ein Schlachtfeld, die Matten und Decken waren mit modrigen Blättern und Blut verkrustet, und die Lappen und Eimer wetteiferten mit dem Reistopf um einen Platz am Feuer.
    Er hatte auch das Frühstück zubereitet. An diesem Morgen hatte er nichts von ihr verlangt. Er erteilte ihr keine Befehle. Wenn er sich nach dem Grund gefragt hätte, hätte er ganz im stillen zugeben müssen, daß er es zu weit getrieben und etwas Schlimmes getan hatte, als er das Mädchen zu verzweifelter Gegenwehr getrieben hatte, und daß er sich nun in der Defensive befand: nicht weil er schwach geworden und sich nicht zu verteidigen gewußt hätte, sondern weil er nur allzugut wußte, daß er im Irrtum war und ihr nicht im Gegenzug wiederum weh tun wollte.
    Aber, sagte er sich, sie war kein Schüler, sie war ein Mädchen, und niemand hatte ernsthaft damit rechnen können, daß ein Mädchen Amok laufen würde. Niemand, der so erfahren war wie er, durfte sein Können gegenüber einer Frau ausspielen. Darum hatte er sich instinktiv am Bein verletzen lassen, darum war er zurückgewichen. Er hätte ihr das Schwert abnehmen können. Das hätte er tun sollen. Bei einem Jungen hätte er es getan. Darum war er zurückgeschreckt. Sonst hätte er den ersten Schritt rückwärts niemals getan. Oder den zweiten.
    Verdammt.
    Er hatte den leeren Wäscheeimer gestern abend wie aus versehen vor die Tür gestellt und versucht, wachzubleiben oder wenigstens nicht tief zu schlafen, aus Angst, sie könnte nachts entwischen. Nicht aus Angst, umgebracht zu werden. Er hielt es für ausgeschlossen, daß sie damit Erfolg hätte; außerdem hatte er etwas Besseres verdient, auch wenn sie eine Bäuerin und eine Frau war, ohne jede Vorstellung von ehrenhaftem Benehmen. Aber er hatte schreckliche Angst davor, daß sie verschwinden könnte, ohne ihm vorher Gelegenheit zu geben, sich ihr zu erklären. Die Sturheit, ihn mitten in einem Unwetter zu verlassen, war ihr zuzutrauen. Verdammt.
    Er war ein Narr, daß er sie ermutigt hatte. Ein Narr, daß er sie unterrichtet hatte. Ein Narr, daß er sie nicht mit Gewalt genommen und mit ihren Dummheiten Schluß gemacht hatte. Er würde sie schon noch zur Vernunft bringen. Die Lust würde sie von ihren Tollheiten abbringen.
    Da stimmte überhaupt etwas nicht mit ihr. Ihre erste Erfahrung mit einem Mann hatte sie

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