Der Paladin
lang blickte sie zu Boden, die Hände auf den Knien. Dann: »Ihr habt mich getäuscht, um mich zu schlagen. Das habe ich von meinem Lehrer nicht erwartet. Ich hätte es erwarten sollen, da habt Ihr recht, und das werde ich auch nicht vergessen, Meister Saukendar. Jedem anderen hätte ich nicht vertraut. Es war aber sonst niemand da.« Ihr Kinn bebte, und sie hob die Hand, damit er weiter schwieg, bis sie sich wieder beruhigt hatte. »Ich habe Euch meine Bedingungen genannt. Ich werde kochen, und ich werde saubermachen. Und ich möchte noch ein Jahr bleiben. Ich habe nicht aufgegeben. Ihr werdet mich weiter unterrichten, und Ihr werdet mich nicht täuschen; lehrt mich, was ich brauche, um siegen zu können. Was immer es ist.«
Sie ist erwachsener geworden
, dachte er entsetzt.
Soviel hat sie also gelernt. Na gut. Noch ein Jahr, und in der Zeit wird sich vielleicht alles von selbst regeln. Sie wird Vernunft annehmen. Sonst findet sie womöglich einen Weg, um zu entwischen. Und ich will verdammt sein, wenn ich sie dann suche.
»Ich habe nicht aufgehört. Ihr steht immer noch im Wort.«
»Du hast versagt, Mädchen. So lautet die Abmachung.«
»Nein. Bis ich aufhöre, habt Ihr versprochen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn Ihr jetzt einfach etwas anderes behauptet.«
»Verdammt,
aufhören
bedeutet, wenn du nichts mehr lernen kannst. Und an diesem Punkt bist du jetzt angelangt. Du rennst in dein Verderben.«
Sie schüttelte feierlich den Kopf und blickte ihn mit Tränen in den Augen vorwurfsvoll an.
»Verdammt«, sagte er laut, »du hättest dir den Rükken brechen können. Oder den Schädel.«
»Nur wenn Ihr es geschafft hättet, mich zu treffen.«
»Wenn ich es
geschafft
hätte! Mädchen, bedauerlicherweise befindest du dich im Irrtum.«
»Vielleicht stimmt das. Ich weiß es nicht, Ihr habt gesagt, Ihr hättet nicht ehrenvoll gekämpft. Vielleicht habt Ihr nicht die Wahrheit gesagt. Vielleicht habt Ihr mich in diesem Punkt ebenfalls angelogen. Woher soll ich das wissen?«
»Du bist wirklich unverschämt.«
»Ich habe nicht aufgehört.
Das
ist die Wahrheit, Meister Saukendar.«
Abermals schwieg er, sein Frühstück, das inzwischen kalt geworden war, hatte er kaum angerührt. Er stocherte darin herum, dann stellte er die Schüssel mit einem seltsamen Gefühl im Magen ab.
»Werdet Ihr Euer Wort halten? Man sagt, Ihr lügt nicht.«
»Ich habe mein Wort gehalten.«
»
Werdet
Ihr es halten?«
Mit dem Rücken zur Wand: »Ja.«
»Werdet Ihr mich noch einmal zu täuschen versuchen?«
»Du mußt Respekt vor deinem Lehrer lernen, Mädchen. Dein Versagen ist nur natürlich, dafür kann ich nichts. An deinem Unvermögen kann ich nichts ändern.«
»Ihr habt Euch ein Jahr lang bemüht, mich umzustimmen. Oder wie würdet Ihr es nennen, daß Ihr mich alles gelehrt habt, nur um mich zu schlagen, damit ich meine, ich hätte verloren?«
»Du
hast
verloren, Dummkopf. Ich habe genau das getan, worum du mich gebeten hast. Du hast ein Jahr gebraucht, um so gescheit zu werden, um das zu erbitten, was du brauchst, anstatt es mir zu sagen. Schweig«, sagte er und hob eine Hand, als sie den Mund öffnete. »Und hör mir zu. Ich habe dich auch ausreden lassen. Wir sollten uns zuhören, findest du nicht? Du willst in eine Burg hineinmarschieren und einen Mann umbringen. Wie willst du das anstellen? Vors Tor treten und rufen:
Da bin ich, eine Frau, die den Fürsten Gitu zum Duell herausfordern will!
Ist das dein Plan? Er hat schlimme Lücken, Mädchen.«
»Ich warte, bis er jagen geht. Dann brauche ich nicht durchs Tor.«
Aha. Wir machen uns also Gedanken. Dann bringen wir's ihr eben richtig bei, auf die langsame Art. Und lehren sie um Himmels willen Vernunft. Das entspricht ihren Fähigkeiten. Genau das braucht sie. Vernunft, Geduld und eine Vorstellung davon, worauf sie sich da einläßt.
»Beruhige dich und
denk nach
, Mädchen – über die wirkliche Welt und nicht über deine Einbildungen. Du willst ihn also im Freien stellen. Er sitzt auf einem Pferd. Um ihn herum mindestens zwanzig Männer. Besser, du erschießt ihn aus dem Hinterhalt. Das verspricht am ehesten Erfolg. Und dann mußt du machen, daß du wegkommst, denn diese zwanzig Männer werden dich jagen. Hast du ein Pferd?«
Sie sah ihn jetzt an, die Augen feurig und dunkel und rotgerändert von zurückgehaltenen Tränen. »Ich will ihn
töten.
Er soll wissen, daß er sterben wird. Ich will, daß er mich deutlich sieht.«
Angesichts dieses Hasses
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