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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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sein wie ich. Ein Geheimnis. Sollen sie sich ruhig fragen, wo du steckst.«
    Erneutes Kopfschütteln, ein angespannter, erschrockener Blick. »Nein.« Sie biß sich auf Lippen, dann sagte sie voller Selbstvertrauen: »Ich bin nicht wie Ihr, aber der Mann, dem ich das hier zu verdanken habe...« Sie faßte sich an die Wange. »Ich würde mir keine Gedanken darüber machen, ob er tot ist. Er konnte mit dem Messer nicht umgehen. Er dachte, er könnte es. Viele Männer sind wie er.«
    »Nicht alle.«
    »Aber ich bin gut.
Ich bin besser als diese Männer.
«
    »Natürlich bist du das.« Immer noch flüsternd, die größtmögliche Vertraulichkeit. Er besaß ihre Aufmerksamkeit. Er gewann an Boden bei ihr, das spürte er. »Was dir fehlt, ist die Erfahrung – und eine Auswahl an Tricks für den Fall, daß du vom Weg abkommst. Du wolltest, daß ich dich unterrichte. Damit habe ich gestern angefangen. Ich will dir noch etwas sagen. Was immer man dir angetan hat, diese äußere Narbe ist nicht dein Problem. Dein Problem ist die Angst. Die Art Panik, die das Urteilsvermögen trübt und einen zu Heldentaten verleitet. Du mußt deine Angst vor Männern loswerden, Mädchen. Ich sage nicht, daß du mit mir schlafen sollst. Aber ich sage dir, daß es weder deinen Arm sicher macht noch dein Urteilsvermögen schärft, wenn du Angst hast. Du hast eine fürchterliche Angst vor mir. Du hast Angst, von diesen Männern erwischt zu werden, weil du weißt, was dann geschehen kann. Auf dieser Basis kannst du keine guten Entscheidungen treffen. Ich glaube, das kannst du auch im Moment nicht. Wenn du keine Angst hättest, könntest du viel klarer denken. Und du liefest nicht mehr vor mir weg.«
    »Ich habe gesagt, ich würde für meinen Lebensunterhalt arbeiten! Ich bin keine Hure!«
    »Das ist nicht das Schicksal, das ich dir angeboten habe. Das glaubst du nur. Angst ist ein schlechter Lehrmeister. Wenn du Angst hast, triffst du Entscheidungen, von denen dir die Vernunft abraten würde. Laß dich nicht von der Angst unter Druck setzen, verstehst du mich? Solange du das nicht überwunden hast, solange du nicht selbst über dein Schicksal entscheidest, wird dein ganzes Handeln von deinen Feinden bestimmt. Und am Ende wirst du scheitern, da besteht kein Zweifel.«
    Sie wandte sich von ihm ab, stand auf und ging zur Tür, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.
    »Der Schwertkampf ist nicht die höchste Kunst«, sagte er. Einen Moment lang befand er sich wieder in Yiungei, zu Hause, am Hof aus fahlem Stein. Er vernahm die Stimme seines Vaters. »Er ist nur ein Schatten der wahren Kunst. Das, worauf es ankommt, liegt in dir selbst.«
    Verärgert und verwirrt wandte sie sich um.
    »Das Schwert ist nicht die Waffe«, sagte er. »Die bist du. Begreifst du endlich? Ich kann dich das höhere Wissen lehren, aber ich kann dir nicht versprechen, daß es für dich einen Sinn ergibt. Schau nicht so finster. Erweise deinem Lehrer Respekt. Gütiger Himmel, vor allem mußt du gute Manieren lernen. Eine Barbarin möchte ich nicht unterrichtet haben.«
    »
Ja,
Meister Saukendar.«
    »Sprich nicht in diesem Ton mit mir. Ich hatte Geduld mit dir. Du bist heute gefährlich nahe daran, dir Ärger einzuhandeln. Du bittest mich um einen Gefallen, du bittest mich, dich zu unterrichten, und das gehört nun einmal dazu. Geh abwaschen. Und räum diesen Saustall auf. Ich jedenfalls tu's nicht.«
    Sie verneigte sich, ihr Mund ein schmaler Strich. Und sie nahm wortlos den Kochtopf, die Wäsche und einen Eimer und machte sich auf den Weg zum Bach.
    Aus diesem Mädchen wurde man einfach nicht schlau. Sie war tatsächlich verrückt.
    Und er ebenfalls, wenn er sich auf solche Dinge einließ wie gerade eben.
    So brütete er während seines einsamen Frühstücks über einer kalten Schüssel Reis.
    Er hatte Angst, sie könnte es sich anders überlegen, hatte Angst, sie könnte vom Bach nicht wieder zurückkommen, hatte Angst, daß sie eines Tages zu dem Schluß gelangen könnte, sie wisse genug, daß sie sich mit ihrem Schwert und ihren wahnwitzigen Plänen bewaffnet auf den Weg machen würde.
    Sie schlug ihm auf den Magen.
    Und raubte ihm den Schlaf.
     
    So erging es einem mit bohrenden Problemen, dachte er, tagsüber ließen sie einen in Ruhe, und im Dunkeln fielen sie über einen her. Hätte nicht Taizu ihm gegenüber geschlafen, dann hätte er das getan, was er in den schlimmsten Nächten getan hatte, in den ersten Jahren und manchmal auch noch später: Er hätte die

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