Der Papstkäufer
Großteil gespielt war.
»Die wissen nichts davon«, beharrte Zink. »Das war Grundlage unseres Geschäfts. Ich habe ihm bei der Erfüllung seiner Laster geholfen, er hat sein Geld im Geheimen bei mir angelegt.«
»Dann willst du ihn bestehlen?« Zink wunderte sich, wieso Vanozza auf einmal moralische Bedenken hatte. Sie belehrte ihn jedoch gleich eines Besseren.
»Ein Drittel für mich, zwei Drittel für die Fuggerbank?«
Zink lächelte. Seine Augenlider zuckten kurz. Mit der Zunge strich er über seine Lippen.
»Abgemacht.«
Dass die Fuggerbank davon überhaupt nichts sehen sollte, musste er ihr ja nicht unter die Nase reiben.
Unbemerkt von seinem Arbeitgeber und der Familie seines Kunden riss er sich also die gesamte Einlage von Girolamo di Selvio unter den Nagel, wobei vereinbarungsgemäß ein Drittel auf das Konto seiner Geliebten wanderte.
Mit diesem gemeinsam begangenen Diebstahl endete aber auch das erotische Verhältnis zwischen Johannes Zink und Vanozza de’ Cattanei. Zu alt sei sie für die Liebe geworden, erklärte ihm die dreiundsechzigjährige Frau. Und das Geld aus Girolamos ›Erbe‹, wie sie es scherzhaft nannte, helfe ihr nun, einen ehrbaren Lebensabend zu verbringen. Sie sollten aber gute Freunde bleiben. Schweren Herzens stimmte Zink zu. Und wenngleich sie ihre Habseligkeiten aus Zinks Villa entfernte und er sich fortan selbst wieder um frische Wäsche und sauberes Schuhwerk kümmern musste, sie blieben tatsächlich Freunde; wohl Zinks einzige dauerhafte Freundschaft während seines ganzen Lebens.
Und noch ein Erbe riss er sich unter den Nagel, zumindest teilweise. Anfang September des folgenden Jahres verstarb Kardinal Raimund Peraudi mit siebzig Jahren. Julius bestellte Zink zu sich und verlangte unverblümt die Auszahlung aller Gelder, die der Kardinal bei ihm angelegt habe, an die Kurie. Zink stellte sich erst einmal dumm, wusste er doch genau, dass der Papst nicht mehr als Gerüchte zur Hand hatte.
»Zink, ich weiß aus sicherer Quelle von Euren anrüchigen Geschäften mit Peraudi. Treibt es nicht zu bunt!«
Der nahm die Warnung als das, was sie war: Eine leere Worthülse.
Der Papst hing bereits mehr von ihm ab als umgekehrt. Hohe Schulden bei der Fuggerbank erdrückten die Kurie genauso wie der ständige neue Finanzbedarf.
Um sich Julius gewogen zu halten, riskierte Zink ein gefährliches Spiel.
Zuerst musste er Peraudis Diener bestechen, um sich Zugang zu dessen Wohnung zu verschaffen. Beim nächsten Treffen zog er dann ein Stück Papier aus seiner Tasche.
»Euer Heiligkeit, hier wäre der Schuldschein Kardinal Peraudis.«
Julius ließ sich den Zettel geben, las und war nur mäßig beeindruckt.
»So wenig hatte er bei Euch angelegt?«
Zink nickte demütig und heuchelte:
»Er war sich bewusst, dass es nicht rechtens ist, also nahm er nur ein kleines Stück vom Kuchen.«
Fast musste der Papst lachen, so gekonnt war Zinks Schauspieleinlage.
»Alle wissen, dass es nicht rechtens ist, dennoch machen’s alle.«
Zink wusste nun, dass er gewonnen hatte.
»Euer Heiligkeit, natürlich können wir Euch die Summe auszahlen, abzüglich unserer Gebühren und Provisionen natürlich. Aber wäre es nicht besser, die Summe bei uns zu behalten und von den Schulden abzutragen?«
Julius nickte. Er wusste, wann er verloren hatte.
So erhielt der Heilige Stuhl etwa ein Zehntel des Peraudi-Vermögens. Der Rest blieb bei Johannes Zink und der Fuggerbank. Der Papst war dennoch zufrieden, weil er glaubte, alles Geld erhalten zu haben, wenn auch nur als Anrechnung auf seine Schulden.
Die echten Schuldscheine, sein Exemplar wie auch das, welches er in Peraudis Wohnung gefunden hatte, verbrannte Zink.
Wenn es immer so einfach ginge mit den Erbschaften, dann wäre ihnen – der Firma Fugger und Johannes Zink – viel Ärger erspart geblieben.
13
Das Unterfangen des Papstes, den Kirchenstaat wieder zu einer militärischen Macht auszubauen, kostete Geld. Viel Geld. Geld, das weder der Papst noch die Kurie hatten. So war es kein Wunder, dass die Fuggerbank, in Form des Johannes Zink, auch unter dem neuen Papst zum ständigen Gast im Vatikan wurde. Bereits im ersten Regierungsjahr des Rovere-Papstes hatte sich der Geldfluss zwischen dem Vatikan und der Fuggerbank verdoppelt.
Anfang des zweiten Jahres ließ Papst Julius II. den Fuggerfaktor kommen. Erstaunt registrierte dieser, um wie viel Julius in den fünfzehn Monaten seiner Regentschaft gealtert war. Der mächtige Bart war fast
Weitere Kostenlose Bücher