Der Papstkäufer
Mönche – teils naiv, teils fanatisch –, die Liebesdienerinnen öffentlich zu bekehren, was dann meist in ein grandioses Straßentheater ausartete, an dessen Ende entweder der Mönch gedemütigt davonschlich oder eine bis mehrere puttana öffentlich ausgepeitscht wurden. Je nachdem, wer sich am lautesten im Ton vergriffen hatte.
Jedoch verglichen mit dem sonstigen Volk, das in Rom sein Unwesen trieb und bei so manchen Priestern während der Beichte für rote Ohren sorgte – Falschmünzer, Frauenschänder, Sodomiten, Häretiker, Hexenmeister, Ehebrecher und –innen, Giftmörder und andere Todsünder, waren die meisten puttana und cortigiana harmlose Weibsbilder.
Zink bevorzugte bei seinen seltenen Ausflügen in die käufliche Liebe eindeutig die puttana. Diese stellten weniger Fragen, hatten geringere Ansprüche und bekamen letzten Endes auch viel weniger Geld für ihre Liebesdienste. Wenngleich er die mühsamen Versuche der Frauen, sich mittels Zwiebeln, geschmolzenem Bienenwachs oder Seetang vor einer ungewollten Schwangerschaft zu schützen, manchmal so abstoßend fand, dass er es dann gleich sein ließ.
Ansonsten traf er sich geschäftlich ausschließlich mit Männern, Frauen hatten in seinem Kosmos keinen Platz, außer als Liebesdienerinnen.
Auf die Frau in bereits fortgeschrittenem Alter, mit aristokratisch anmutendem, ovalem Gesicht und einer langen, schmalen Nase, unter der ein kleiner, schön geformter Mund saß, war er somit überhaupt nicht vorbereitet. Ohne Anmeldung erschien sie eines prächtigen Sommertags in seinem Arbeitszimmer in der Villa de Doffis, warf hochmütig den Kopf zurück und musterte den am Schreibpult stehenden Zink. Dann lächelte sie ihn an. Zink glaubte, noch niemals so einen verführerischen Blick geerntet zu haben und schmolz dahin vor dem Charme dieser fleischgewordenen Göttin. Er schaute die wunderschöne Frau an, die sicher schon an die sechzig Jahre alt war. Zum ersten Mal, soweit er zurück denken konnte, schien eine Frau unbeeindruckt zu sein vom Blau seiner Augen.
Sie trug ein um den Kopf gewundenes Tuch und strich sanft mit ihren Fingern über seine linke Schulter, während ihre leicht melancholisch wirkenden Augen träumerisch in die Ferne blickten. Durch die fast durchsichtige Seidenbluse konnte er ihre immer noch festen, großen Brüste mit den keck hervorragenden Nippeln erkennen.
Eine selten gewordene Erregung stieg auf in ihm.
Was geschah hier?
Wer war die Dame?
Was wollte sie von ihm?
Sie öffnete ihren sinnlichen Mund und fragte geziert: »Ihr seid Zink, der Faktor der Fugger? Der Mann, der etwas mit fremdem Geld anzufangen weiß?«
Plötzlich durchzuckte ihn die Erkenntnis. Die Stimme hatte er bereits einmal gehört. Mehr als einmal. Und das Gesicht erkannte er jetzt auch. Vom Kastanienball.
Vanozza de’ Cattanei, eigentlich Giovanna de Candia, so hieß die Dame. Ach was, Dame, sie war die berühmteste cortigiana Roms, eine der wenigen ›cortigiana onesta‹, eine Mätresse im Stand einer Gesellschaftsdame, einer Hofdame. Und sie war nicht nur langjährige Mätresse des Papstes Alexander gewesen, sondern auch die Mutter seiner vier berühmtesten Kinder, von denen Cesare und Lucrezia Borgia später traurige Berühmtheit erlangen sollten.
Zink nickte. »Zu Diensten«, murmelte er verstört. Wollte die ehemalige Mätresse des Papstes bei ihm Geld anlegen? Als hätte Vanozza die unausgesprochene Frage Zinks gehört, legte sie einen fetten, prall gefüllten Lederbeutel auf den Tisch.
»Ich habe keine geheimen Gelüste, mit denen Ihr mich ködern könnt. Und auch Euer berühmter Verführerblick« – Zink senkte nun den Kopf, als fühle er sich ertappt, »wird bei mir wirkungslos bleiben. Ich bin eine alte Frau ohne Liebhaber«, sie lachte kokett, »und möchte nur den Rest meines Lebens nicht in Armut verbringen. Und möglichst ehrbar. Gebt mir also Euren besten Zinssatz und wir sind im Geschäft.«
Zink beeilte sich nicht, den Schuldschein auszustellen. So bald wollte er diese Kundin nicht loswerden. Sie genoss es sogar, wie er ihr unverhohlen auf die Brüste starrte. Schließlich nahm sie den Schuldschein mit dem Dreizack-Siegel der Fugger, steckte ihn in den Lederbeutel und sah Zink schelmisch an.
»Eins wäre doch noch, ich habe Euch nicht ganz die Wahrheit gesagt.«
Ihr Mund näherte sich dem Zinks, sie ergriff seine Hand und führte ihn in sein Schlafgemach. Mit einer Selbstverständlichkeit, die ihn völlig überraschte, hieß sie
Weitere Kostenlose Bücher