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Der Papstkäufer

Der Papstkäufer

Titel: Der Papstkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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ihn an das prächtige, weiß bezogene Himmelbett herantreten. Als wäre sie schon einmal hier gewesen, fand sie sich hier zurecht.
    ›Wer weiß‹, dachte Zink in diesem Moment, ›vielleicht hat sie vor Jahren mit de Doffis …?‹ Ein anderer Gedanke war: ›Was soll ein Mann um die fünfzig mit einer Frau über sechzig anfangen?‹
    Vanozza fegte Zinks zögerliche Vorbehalte jedoch entschlossen beiseite und entledigte sich und ihn schneller der wichtigsten Kleidungsstücke, als ihm lieb war. Und während sie sein erigiertes Glied ritt und ihn mit der ganzen langjährigen Erfahrung als Kurtisane zu höchster Lust trieb, hatte er das unbestimmte Gefühl, von ihr überrumpelt worden zu sein. Niemals zuvor hatte er solche Lust erlebt, nie zuvor geglaubt, dass es so etwas gäbe. Mit herzhaften Obszönitäten, kleinen erotischen Tricks und gewagten Stellungen trieb sie ihn von einer Ekstase zur nächsten. Als sie beide schließlich erschöpft Kopf an Brust lagen, keuchte seine neue Kundin nur: »Rodrigo hat mir immer gesagt, man solle das Geld lieben. Und die, die das Geld haben. Und da Ihr jetzt mein Geld habt, muss ich mich besonders um Euch kümmern.«
     
    Innerhalb kürzester Zeit wurde Vanozza de’ Cattanei nicht nur eine seiner einträglichsten Kundinnen. Sie behandelte ihn einerseits wie einen Ehemann, nicht nur mit ihren Liebesdiensten: Sie sorgte sich darum, dass er stets saubere Wäsche trug, sich die Füße wusch, nicht zu viel aß und trank. Andererseits versorgte sie ihn auch mit Informationen über die Schwächen und Laster der Kardinäle; viele von ihnen kannte sie ja noch aus ihrer aktiven Zeit an Papst Alexanders Seite. Zink zeigte sich erkenntlich, indem er ihre Bemühungen sichtlich genoss, zugleich ihr Geld fleißig vermehrte und sie – als einzige Frau in seinem ganzen Leben – mit Anstand behandelte.
    Die puttana hingegen waren für eine Weile nicht mehr gesehen in der Villa de Doffis, zumindest nicht, um dem Hausherrn zu Diensten zu sein.
     
    Nach einigen Monaten ihrer Bekanntschaft zeigte sie ihm einen Fetzen Papier.
    »Ratet, lieber Johannes, was das ist.«
    Zink wusste es nicht, es sah aber aus wie ein Schuldschein.
    »Hast du Schulden von einem meiner Kunden übernommen?«, fragte er einfach ins Blaue. Vanozza lachte.
    »Nein, aber es ist tatsächlich ein Schuldschein. Ein alter Freund von mir, Kardinal Girolamo di Selvio, hat ihn mir gegeben.« Sie schaute auf den Zettel. »Ein hübsches Sümmchen hat er bei der Fuggerbank angelegt.«
    »Und warum bist du jetzt im Besitz seines Schuldscheins?«
    »Er hat ihn mir anvertraut, weil er um sein Leben fürchtet. Er hat seine Triebe nicht mehr unter Kontrolle, treibt sich des Nachts in den wüstesten Vierteln Roms herum und sucht sich dort seine Lustknaben.«
    Nicht dass Zink darüber verwundert war. Nur, schade war es schon um den stolzen, ansehnlichen Aristokraten aus einer alten Familie Roms. Er kannte diese Viertel, auch die Gegenden am Tiberufer, wo tagsüber die Treidler die Schiffe aus Ostia zogen, die Warenhäuser voll waren und die Gerber und Tuchwalker ihre stinkenden Werkstätten hatten. Jede Nacht verwandelte sich dieser Teil Roms in ein Panoptikum von Lust und Begierde. Sehr gefährlich, auch und besonders für reiche, aristokratische Lüstlinge.
    »Und wer sollte ihm nach dem Leben trachten?«
    »Auch die Lustknaben dort haben Beschützer. Und die versuchen häufig, die Kunden ihrer Knaben zu erpressen. Girolamo ist schon mehrmals erpresst worden, hat aber nie gezahlt.«
    »Dann hoffe ich mal, dass es noch eine Weile gut geht. Hüte den Schuldschein wie deinen Augapfel und berichte mir, wenn es Neuigkeiten gibt.«

12
     
    Papst Julius II., von vielen als integer und intelligent, aber letzten Endes als nicht durchsetzungsfähig erachtet, überraschte all seine Kritiker, indem er danach strebte, den Kirchenstaat wieder zu einer militärischen Größe zu machen. Auch sonst setzte er alles daran, der Ewigen Stadt seinen Stempel aufzudrücken. Wenn auch am Ende nicht so, wie von ihm geplant …
    Guilano della Rovere war Papst Alexander schon zu Zeiten, als beide noch den Kardinalshut trugen – Alexander noch unter seinem natürlichen Namen Rodrigo Borgia – so feindlich gesinnt gewesen, dass er, aus Angst, vergiftet zu werden, nach Frankreich geflohen war. Unter die schützende Hand von König Karl VIII. Von dort aus hatte er sogar Anklage gegen Papst Alexander wegen Simonie erhoben.
    Auf die Anhänger der Borgia kamen nach seiner

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