Der Papstkäufer
weiß geworden, unter den Augen waren tiefe Ringe zu sehen, Sorgenfalten durchfurchten die Stirn.
»Wie kann ich Euch diesmal dienen, Eure Heiligkeit?«, setzte Zink sein untertänigstes, schleimiges Gehabe auf. Wenn der Papst ihn rufen ließ, dann war sicher ein gutes Geschäft zu machen.
»Ich mache mir Sorgen, große Sorgen«, kam die unerwartete Antwort. »Sorgen um die Sicherheit unserer Kirche hier in Rom, Sorgen um meine eigene Sicherheit. Ich habe mir hier viele Feinde gemacht im vergangenen Jahr.«
Dem konnte Zink nur zustimmen, was er wohlweislich nicht tat.
»Ihr tatet nur, was notwendig und richtig war«, verschleierte er geschickt die Tatsache, dass Julius einige gute Fugger-Kunden durch Entzug von Privilegien so geschwächt hatte, dass Zink deren Einlagen wieder hatte auszahlen müssen. Der Ärger darüber war jedoch durch den erhöhten Geldstrom direkt vom Stuhl Petri mehr als kompensiert worden.
Zinks Augen wechselten ins Blassblaue.
»Es war höchste Zeit, dass hier einmal aufgeräumt wurde.« Jetzt befand er sich auf gefährlichem Terrain; kurz davor, seinen Zynismus auf die Spitze zu treiben.
»Vergesst nicht, dass Ihr munter mit getrieben habt unter dem ruchlosen Rodrigo Borgia.« Fast spie er den Namen seines Vor-Vorgängers aus.
Erneut heuchelte Zink Demut und blickte den Papst von unten herauf treuherzig an.
»Ihr überschätzt meinen Einfluss und das Ausmaß meiner Tätigkeiten in dieser Zeit.«
»Sei’s drum«, winkte der Papst ab. »Ich möchte von Euch hier und heute wissen, ob Ihr bereit seid, mich bei der Aufstellung einer neuen Söldnergarde zu unterstützen. Eine Garde, die in erster Linie den Heiligen Stuhl und den Vatikan bewachen soll. Keine Kampftruppe, um im restlichen Italien unser verloren gegangenes Land wieder zu erobern.«
Der Fuggerfaktor lächelte erstaunt.
»Das hört sich nach einer blendenden Idee an, Eure Heiligkeit. Habt Ihr schon eine Vorstellung, wie viel Geld Ihr dazu benötigt?«
Der Papst schüttelte den Kopf.
»Nein, das werde ich in den nächsten Wochen klären. Ich habe aber bereits eine Idee, wessen Soldaten ich haben möchte.«
Ein verschmitztes Lächeln überzog sein altersmüdes Gesicht. Zinks Neugierde war geweckt.
»Selbstverständlich werden wir Euch unterstützen. Verratet Ihr uns Genaueres?«
Julius II. hielt aber dagegen.
»Da müsst Ihr Euch noch ein Weilchen gedulden. Es sei denn, Ihr erratet es. Also sagt mir Eure Meinung: Welches sind derzeit die besten Soldaten?«
Zink musste nicht lange überlegen.
»In punkto Loyalität und Kampfgeist kann es wohl schwerlich einer mit den Schweizer Söldnern aufnehmen.«
Zufrieden nickte der Papst.
»Seht Ihr, Zink. So schwer war das doch gar nicht.«
Damit war Zink entlassen.
Kurz nach diesem Gespräch entsandte Papst Julius den Schweizer Kleriker Peter von Hertenstein mit einer geheimen Depesche an die Tagsatzung, die Versammlung von Abgesandten der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der Inhalt der Depesche enthielt eine Anfrage, ob die Schweiz zum Schutz des Heiligen Stuhls einen Trupp Schweizer Söldner zur Verfügung stellen könnten. Gegen gute Bezahlung, versteht sich. Selbstverständlich entsprach die Tagsatzung dem Wunsch des Papstes, der durch sein Programm der moralischen und militärischen Erneuerung des verkommenen Kirchenstaates in der Eidgenossenschaft hoch angesehen war. Noch am Ende des gleichen Jahres machten sich die ersten hundertfünfzig Söldner von der Schweiz aus auf den Weg nach Rom.
Trotz vieler Mühen und Hindernisse hatten Zink, Ulrich und Jakob Fugger das ganze Unternehmen auf finanziell solide Füße gestellt und tätigten gleich die ersten Überweisungen in die Schweiz, die auf der anderen Seite sofort ins Schuldenbuch des Papstes Eingang fanden.
Anfang des Jahres durchquerte die Truppe bereits die Lombardei und fand sich Ende Januar in Rom ein. An der Porta de Popolo wurden die Schweizer Söldner in Begleitung von Peter von Hertenstein feierlich empfangen. Unter Führung ihres Hauptmanns Kaspar von Silenen begannen sie sofort mit ihrer Aufgabe, als Leib- und Palastwache dem Papst zu dienen.
Im gleichen Monat erlebte Rom die Entdeckung der Laokoon-Gruppe, einer der bedeutendsten Skulpturen der Antike. Der Winzer Felice de Fredis hatte eigentlich nur ein wenig in seinem Weingarten arbeiten wollen. Der befand sich auf dem Monte Oppio, an genau jener Stelle, wo eineinhalb Jahrtausende zuvor Kaiser Nero sein ›Goldenes Haus‹ erstellt hatte. Ein
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