Der Papstkäufer
her zwischen Rom und Augsburg, zwischen Fugger und Zink. Details des Konfliktes, von dem Luther nur die Spitze des Eisberges darstellte, wurden immer wieder diskutiert. Moralische oder religiöse Aspekte an der Sache gab es für beide nicht, es ging ausschließlich ums Kaufmännische, ums Finanzielle. Fuggers Ton war schärfer geworden, Zink geriet mehr und mehr in die Defensive; zu Unrecht, wie er meinte. Im Herbst reiste der Faktor daher wieder einmal nach Augsburg. Ausnahmsweise konnte er so auch einmal eine neue Pfründe vor Ort in Empfang nehmen. Das Kanonikat St. Moritz in Augsburg war seine neueste Erwerbung, und da sowieso ausgiebige geschäftliche Besprechungen anstanden, konnte Zink ja einmal das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden.
Dachte er …
Außerdem freute er sich – er gab es sogar sich selbst nur ungern zu – auf ein deftiges schwäbisches Essen. Er liebte die geschmälzten Spätzle, die in Augsburg in jedem Gasthof serviert wurden. Längst nicht so raffiniert wie die Speisen in Italien, aber wenn er zu Besuch war, fand er sie unwiderstehlich.
In Rom war der junge Anton Fugger seit einem knappen Jahr dabei, ihm, dem langjährigen Fuggerfaktor, den Garaus zu machen. Da schadete es nichts, sich einerseits einmal beim alten Jakob Fugger zu beschweren. Andererseits konnte er ja schon einmal, um allen Eventualitäten vorzubeugen, seinen Rückzug von Rom nach Augsburg vorbereiten.
Auch wenn ihm diese Vorstellung sehr widerstrebte. Das – für einen langjährigen Römer – miefige, provinzielle Schwaben; was für ein Kontrast zur Ewigen Stadt!
Die Gicht machte ihm mittlerweile das Reisen zur Qual. Er war froh, als er aus der elenden Kutsche aussteigen und Quartier in seinem Augsburger Bürgerhaus beziehen konnte.
Im über die Jahre prächtig ausgebauten Fuggerkontor, der ›Goldenen Schreibstube‹, sah er zum ersten Mal einen Globus, eine Erfindung des Nürnberger Kaufmanns und Geografen Martin Behaim. Erstaunt ließ er sich von Matthäus Schwarz diese neuartige Erdkugel erklären. Dieser erst zwanzig Jahre junge Mann hatte sich in kürzester Zeit ein enormes Vertrauen bei Jakob Fugger erarbeitet und war bereits nach weniger als zwei Jahren zum Chefbuchhalter der Firma aufgestiegen. Zink schaute sich den jungen Mann genau an und stellte Vergleiche an, wie es wäre, wenn er an dieser Stelle stünde. Hätte er vor Jahren seine Entscheidung anders gefällt, gäbe es Schwarz in der Firma Fugger womöglich nicht. Die anderen Mitarbeiter belächelten Schwarz’ Eitelkeit und verspotteten ihn hinterrücks als ›Kleidernarr‹. Aber, das hatte Zink schon die letzten Monate in diversen Abrechnungen gemerkt, Schwarz war äußerst kompetent, scharfsinnig und ein brillanter Rechner.
So also schaute er gebannt auf die frisch entdeckten Kontinente, die dort markiert waren. Verwundert, dass etwas in der Schreibstube stand, das auf den ersten Blick nichts mit dem Geschäft zu tun hatte – dies war gänzlich ›unfuggerisch‹ –, fragte er Schwarz danach.
»Wir werden mit der neuen Welt irgendwann, in nicht allzu ferner Zeit, Geschäfte machen«, erwiderte Schwarz.
»Nicht nur mit dem Indienhandel und den Gewürzen der Molukken.«
Geziert rückte er seinen Hut zurecht, den er sogar in der Schreibstube trug, hierin seinem Herrn Jakob Fugger nacheifernd.
»Da sollte man wissen, wo die Länder liegen, von denen unser Gewinn kommt.«
Dann zeigte er Zink noch ein Manuskript, an dem er gerade schrieb.
»Demnächst werde ich fertig sein damit, dann geht es in die Druckerei. Das Buch wird den Titel tragen: ›Die Musterbuchhaltung‹ und soll als kaufmännisches Lehrbuch für alle unsere neuen und zukünftigen Mitarbeiter dienen.«
Beeindruckt überflog Zink die dicht vollgeschriebenen Seiten, die fein ziselierten Buchstaben und Zahlen der Musterbeispiele für kaufmännische Rechnungen. Aber nur so lange, bis der zornige Jakob Fugger eintraf und ihn sofort zum Rapport zitierte. Zink stellte befriedigt fest, dass auch der Herr des Unternehmens dabei war, alt zu werden. Mittlerweile voll ergraut, sah man dem Mann mit dem kantigen Schädel jedes seiner achtundfünfzig Jahre an. Auch die anderen Zeichen des Alters waren, wie bei ihm selbst, gnadenlos zum Vorschein gekommen.
Ohne weiteren Gruß oder Vorrede kam Fugger gleich zur Sache.
»Der Jubelablass bringt immer noch bei Weitem nicht so viel ein wie erhofft.«
»Wie kommt’s?«
Zink hatte sich wenig um die Abwicklung gekümmert, sondern mehr
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