Der Papstkäufer
Zumal die anderen Augsburger Kaufmannsfamilien in dieser Hinsicht einen untadeligen Ruf hatten. Nur die Fugger waren im Ruch von Simonie und Ablasshandel. So wandten sich auch Fugger bisher gut gesinnte Bischöfe langsam gegen ihn. Wie der Augsburger Domherr Bernhard Adelmann von Adelmannsfelden. Und ein bis dahin unbekannter Mönch, der in Wittenberg lehrte, hörte von Fuggers Prahlereien …
Albrecht von Brandenburg zögerte zuerst, dieses ungeheuer mächtige Werkzeug des Jubelablasses, das ihm der Papst in die Hände gegeben hatte, wirksam einzusetzen. Er misstraute seiner eigenen Ämterhäufung, fast so, als könne er nicht glauben, dass es wirklich so geschehen war. Er wartete noch drei Briefe der päpstlichen Kammer ab, in denen zweifelsfrei bestätigt wurde, was die Bulle vorher schon besagt hatte.
Dann ließ er seine Hunde von der Leine …
Bald darauf zogen die berüchtigten Ablassprediger durch die deutschen Lande, um den Menschen einen höllischen Schrecken vor dem Fegefeuer einzujagen. Und den verängstigten Menschen mit Visionen, wie die nackten Sünder von Dämonen gemartert würden, mit riesigen Messern zerschnitten, von Höllenbestien zerfleischt oder über ein Feuer gehängt würden, die letzten Münzen aus ihren Taschen zu ziehen. [11]
Jakob Fuggers Frömmigkeit war weithin bekannt, er kaufte jeden erdenklichen Ablassbrief für sich und seine Familie. Und Kardinal Albrecht von Brandenburg, der eigentliche Besitzer des Zinkschen Jubelablasses, hatte zum Ende seines Lebens hin so viele Ablassbriefe erworben, dass diese ihm eine Ersparnis von neununddreißig Millionen Jahren im Purgatorium garantierten!
Der einzige Mensch in diesem Szenario, von dem kein einziger Kauf eines Ablassbriefes bekannt wurde, war Johannes Zink.
Einzelne Prediger hielten von ihren Kanzeln flammende Ansprachen gegen den Ablasshandel, auch möglichen Ärger mit dem Papst in Kauf nehmend. Der jedoch registrierte diese vereinzelten Proteste nicht. Da musste schon mehr kommen.
Ein typisches Lamento war: »Die Leute wollten schon gute Schafe sein, wenn sie nur einen guten Hirten hätten. Die Hirten aber versuchen nicht nur, ihnen die Wolle zu scheren und sie vor den Wölfen zu beschützen, sondern sie versuchen, ihnen das Fleisch vom Leibe zu reißen und zu verschlingen. Trost aber bieten sie wenig oder gar nicht, und auch keine Frömmigkeit. Was für Hirten sind das?«
So schimpften sie auf den höheren Klerus: »Der Bischöfe Werk ist es, mit vielen Pferden reiten, große Ehr‹ einnehmen, den Säckel füllen, gute Hühnlein essen und den Huren nachlaufen.«
Wieder andere wussten sich über den Jubelablass nur mit Spott zu helfen: »So teuer konnte der Papst noch nie eine Leinwand verkaufen.«
Mit militärischer Präzision wurde das Unternehmen ›Eintreiben der Ablassgelder für den Jubelablass St. Peter‹ vorangetrieben. Das Land wurde in Regionen unterteilt, innerhalb derer die jeweiligen Ablassprediger aktiv sein durften. Diese Gebiete waren exakt einzuhalten, damit sie sich nicht gegenseitig in die Quere kamen. Es wurden Subkommissare bestimmt, Generalsubkommissare zu deren Kontrolle, und diese Kontrolleure wurden kontrolliert von Mitarbeitern der Firma Fugger, die jeden Kommissar begleiteten und sicherstellten, dass die eingenommenen Gelder auch in den versiegelten Ablassladen landeten.
Keiner traute dem anderen über den Weg.
Das waren keine guten Voraussetzungen für den Erfolg einer derartigen Aktion.
Die Domkapitel von Konstanz, Augsburg, Straßburg und Chur, sogar Trier fügten sich in ihre Pflichten und trieben vorbildlich die Ablassgelder ein, wovon die Hälfte bei den Fuggern verblieb. Salzburg folgte ebenso brav. Nachdem Zinks Praxis, im Norden und Osten keine Ablassgelder einsammeln zu wollen, für den großen St.- Peter-Ablass nicht galt, trieben die Fugger ihre Prediger auch hinüber nach Bremen, Sachsen und Magdeburg.
Und leider wurden selbst zwielichtige, alles andere als seriöse Personen mit dem Abhalten von Ablasspredigten und dem Einkassieren der Gelder betraut.
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Johann Tetzel war einer davon. Er war ein Schwein. Ein gewissenloser Mensch, der sich die Schwächen seiner Mitmenschen gnadenlos zunutze machte. Geboren in Pirna, war er nun, mit Mitte fünfzig, fett, feist und aufgedunsen und entsprach in jeder Hinsicht dem schlechten Bild, das der Klerus in der Öffentlichkeit hatte. Er war, trotz seltener Anwesenheit, Mitglied im Leipziger Dominikanerkloster St. Pauli
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