Der Papstkäufer
den Geldeingang überprüft. Er wusste aus Fuggers Briefen, dass die Einkünfte nicht den Erwartungen entsprachen, sich aber bisher nicht für die Gründe dafür interessiert.
»Die Leut‹ kaufen zu wenig, weil der Ablass mittlerweile zu viele Gegner hat.«
»Mit welchen Gegnern haben wir’s zu tun?«
»Priester, Mönchlein, sogar der eine oder andere Landesherr zetern wider uns, schimpfen von ihren Kanzeln oder verbieten unseren Ablasspredigern sogar das Geschäft.«
»Die haben keine Angst vor der Verdammnis oder zumindest dem Papst?«
»Ablasshandel wäre Unrecht, sagen sie. Nur ein Geschäft ohne Gegenleistung. Und nutzen dies, um die Heilige Mutter Kirche als Ganzes zu beschimpfen. Unselige Zeiten sind das, in denen wir leben.«
Diese Kritik wischte Zink aber brüsk ab.
»Lasst sie nur auf die Kirche schimpfen. Die Kirchendächer sind voller Taubenscheiße, ohne dass sie dadurch zum Einsturz gebracht werden.«
»Aber die Taubenscheiße verdirbt uns das Geschäft.«
»Wir werden sehen, noch haben wir viel Zeit. Den Priestern und Mönchlein wird das Lachen schon noch vergehen.«
Jakob Fugger wirkte trotzdem nachdenklich.
»Das Schlimmste, was passieren könnte, ist, wenn die Hohenzollern uns nicht zurückzahlen können.«
Zink war überrascht.
»Wie wahrscheinlich ist das?«
»Nicht sehr, hoffe ich«, sagte Jakob Fugger. »Aber ich mache mir ernsthaft Sorgen um unsere Mutter Kirche. Ob sie diesen Angriffen standhalten kann?«
Zink lächelte tatsächlich.
»Die hat schon so manchen Sturm unbeschadet überstanden.«
»Wir werden etwas unternehmen müssen. Ich plane bereits, um mein Seelenheil zu retten, eine Wohnsiedlung für unsere notleidenden und bedürftigen Bürger von Augsburg.«
Zink konnte ein Lachen gerade noch unterdrücken.
»Und was bezweckt Ihr damit?«
»Wenn die Siedlung erst einmal bezogen ist, dann zahlen alle nur einen symbolischen Mietzins, sollen aber dann täglich für meine Seele beten.«
»Das wird unserem Ablass aber nicht auf die Sprünge helfen.«
»Da mögt Ihr recht haben, Zink. Ich werde meine Idee dennoch ausführen, die Bauarbeiten haben ja bereits begonnen. Und im Weiteren möchte ich daraus eine Stiftung machen. Für den Erfolg des Ablasses sollen unsere Prediger halt das Höllenfeuer noch ein bisschen heißer schüren.«
Zink verließ das Kontor mit der Gewissheit, dass sein Brötchengeber jetzt völlig den Verstand verloren hatte. Den Armen helfen? Da könnte ja jeder kommen …
Zur gleichen Zeit, Ende Oktober, schrieb Martin Luther einen demütigen Brief an Albrecht von Brandenburg mit der Bitte, diesen Ablass zu beenden oder ihn zumindest in ruhigere Gewässer zu überführen.
Derweil führte Tetzel sein Theater weiter auf.
Ungerührt von der Kritik und den Verboten.
Schamlos und skrupellos zog er den Gläubigen ihr Geld aus den Taschen.
Die Antwort Albrechts wartete Luther gar nicht erst ab. Das war auch besser so. Denn Albrecht hatte nie vorgehabt, Luther direkt zu antworten. Stattdessen beauftragte er seine Universität in Mainz mit einem Gutachten zu diesem Ablassprotest und leitete die Angelegenheit zugleich nach Rom weiter.
Mit Luthers Beherrschung war es vorbei.
Am 31. Oktober 1517 heftete er seine fünfundneunzig lateinisch abgefassten Thesen, zu deren Entstehung Zink ja nicht unmaßgeblich – wenn auch unfreiwillig – beigetragen hatte, an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg. These 32 lautete: ›Die werden samt ihren Meistern zum Teufel fahren, die vermeinen, durch Ablassbriefe ihrer Seligkeit gewiss zu sein.‹
Deutliche Worte …
Die Reformation, die größte Umwälzung in Europa seit über eintausend Jahren, hatte begonnen.
Und war nicht mehr aufzuhalten.
Der Anlass war Tetzel gewesen. Und endlich hatte die Protestbewegung auch eine Stimme gefunden, die gehört wurde.
Fortschritte in der Buchdruckerkunst sorgten für eine massenhafte Verbreitung von Luthers Schriften. Bereits vier Monate später folgte eine erste Luther-Schrift in deutscher Sprache: Der ›Sermon von Ablass und Gnade‹.
Tetzel las die Thesen Luthers und blieb nicht ohne Erwiderung. In einhundertsechs Gegenthesen berief er sich auf die Lehre des Thomas von Aquin und – als höchsten Richter – auf den Papst.
Ein guter Bekannter Zinks, Professor Johannes Eck, warf Luther Ketzerei vor.
Da die Einkünfte aus dem Ablasshandel zu keiner Zeit den Erwartungen entsprachen, zeigte Albrecht von Brandenburg Luther im Dezember bei der Kurie in
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