Der Papstkäufer
seine Anhänger hören wollten: »So will ich eine Antwort ohne Hörner und Zähne geben dieser Maßen: Es sei denn, dass ich durch Zeugnisse der Schrift oder einleuchtende Gründe überwunden werde, – denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilien allein, dieweil es am Tag ist, dass sie öfters geirrt und sich selbst widersprochen haben –, so bin ich überwunden durch die heiligen Schriften, die von mir angeführt worden sind, und mein Gewissen ist gefangen in Gottes Wort. Derhalben kann und will ich nichts widerrufen, dieweil wider das Gewissen zu handeln beschwerlich, unheilsam und gefährlich ist. Ich kann nicht anders. Hier stehe ich. Gott helfe mir! Amen!«
In diesem Moment war die Kirchenspaltung vollendet. Aber keiner der Anwesenden, selbst nicht Luther oder Kaiser Karl V., erkannte die historische Bedeutung dieses Moments.
Schon am folgenden Tag legte der Kaiser dem Reichstag den Entwurf für eine Ächtung Luthers vor. Er fand jedoch keine Mehrheit.
Noch einmal wurden Verhandlungen mit Luther geführt. Man wollte ihm entgegenkommen. Es wurde nur noch die Anerkennung des Konstanzer Konzils gefordert. Schließlich verlangte die Reichskommission lediglich die Unterwerfung durch ein künftiges Konzil.
Auch das lehnte Luther ab.
Wieder einen Tag später erklärte Karl V., dass er Luther ›als einen wahren und überführten Ketzer‹ behandeln wolle.
Allerdings waren die Reichsstände in dieser Meinung gespalten, sie fürchteten die Stimmung im Volk. Also wartete Karl, bis die finanziellen und politischen Angelegenheiten des Reichstags erledigt waren und er die Zustimmung der Reichsstände nicht mehr benötigte.
Am vorletzten Tag, dem 25. Mai 1521, unterzeichnete er das vom päpstlichen Nuntius Alexander abgefasste ›Wormser Edikt‹.
Damit wurde über Luther die Reichsacht ausgesprochen, er war als vogelfrei erklärt und jedermann durfte ihn nach Belieben totschlagen.
Luther musste auf Verlangen des Kaisers bereits einen Monat früher Worms verlassen. Er kam aber nicht bis Wittenberg. Unterwegs wurde er überfallen und gefangen genommen. Doch die Ritter, denen er folgen musste, waren von Kurfürst Friedrich dem Weisen ausgeschickt worden, ihn zu retten. Sie führten ihn auf die Wartburg, wo er als ›Junker Jörg‹ für einige Zeit bleiben sollte.
36
Als Papst Leo X. drei Wochen nach Luthers Ankunft in Worms den Brief seines Gesandten an seinem Hof laut vorlesen ließ, war auch der kranke Johannes Zink anwesend. Gicht und allgemeine Altersgebrechen hatten ihn weiter in sich zusammenfallen lassen wie ein Kartenhaus. Gebückt, am Stock humpelnd, lachte er ein letztes Mal vor dem Papst ein hämisches Lachen über Luther. Der Papst indes lachte nicht mit.
»Zink, letzten Endes habt Ihr das alles angerichtet.«
Wenngleich er diesen Vorwurf nicht gänzlich ernst gemeint hatte, blieb Zink doch das Lachen im Halse stecken. Er wollte dem Papst entgegnen, dessen Gier sei schuld gewesen am Jubelablass, der Luther letzten Endes auf die Barrikaden getrieben hätte, da winkte der müde ab. Auch Leo X. war krank, obwohl erst Mitte vierzig. Er sollte dieses Jahr nicht überleben. Als er schließlich im Dezember an Malaria starb, hinterließ er ein Italien im Chaos. Er hatte während seines achtjährigen Pontifikates die ungeheure Summe von viereinhalb Millionen Dukaten verprasst.
Aufgrund der hohen Schulden, die Papst Leo X. bei seinem Tod hinterließ, konnten angeblich nicht einmal die Kerzen für seine Bestattung bezahlt werden. Leos Diener sorgten mit eigenen Mitteln für eine standesgemäße Bestattung.
Das Volk auf der Straße spottete: »Leo X. hat gleich drei Pontifikate ausgegeben: Die Überschüsse seines Vorgängers, die Einnahmen seines eigenen und auch die seines Nachfolgers.«
Dies war das letzte Treffen Johannes Zinks mit einem Papst gewesen. Sein letzter Besuch im Vatikan überhaupt. Nachdem ihn Anton Fugger Schritt für Schritt aus dem Geschäft gedrängt hatte, verbrachte er wieder mehr und mehr Zeit in Deutschland, wo er vom Erlös seiner Pfründen lebte.
Luther sah er nie wieder. Er interessierte sich auch nicht für ihn und die mit dem Reichstag in Worms endgültig ausgebrochene Reformation.
Als Nachfolger Leos X. wurde, zum ersten und einzigen Mal, ein Niederländer zum Papst gewählt. Mit der Wahl Hadrians von Utrecht hoffte Anton Fugger wieder auf bessere Zeiten mit der Kurie. Durch Meister Perino del Vaga wurde die Faktorei glanzvoll renoviert. Hadrian
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