Der Paradies-Trick (Kindle Single) (German Edition)
Art-déco-Tür. In der gut besuchten Lobby nahmen echte Londoner Ladys und betuchte Touristen den Nachmittagstee ein. In der Hauptbar war es ähnlich voll, nur dass sich dort die Champagnerszene tummelte. Und hier war diese Flüsterkneipe aus den 1930er-Jahren, ganz auberginefarbener Samt und geschliffenes Kristallglas und gedämpfte Konversation. Sie bot nur Platz für vielleicht ein Dutzend Gäste, und Delilah war froh, dass es noch Nachmittag war. Abends hätten sie bestimmt keine Sitzplätze bekommen.
Kent erwartete sie bereits, wie schon beim ersten Mal versteckt in einer Ecke auf einer opulenten Bank. Sie fragte sich, ob er aus taktischen Gründen so frühzeitig kam oder ob er sich einfach gern in einem solchen Juwel von Bar aufhielt und auf eine Frau wartete, mit der er verabredet war. Wahrscheinlich beides. Wieder spielte er den eleganten Finanzmann: marineblauer Dreireiher, lila gestreiftes Hemd, dunkellila Krawatte. Es gab noch ein paar andere Männer im Anzug, hochrangig oder unverantwortlich genug, mitten am Tag auf einen Cocktail das Büro zu verlassen. Aber keiner wirkte so elegant wie Kent. Er erhob sich, als er Delilah sah, und küsste sie auf beide Wangen.
»Hallo«, sagte er. »Was für ein Anblick für müde Augen.«
Sie setzte sich ihm gegenüber hin. »Tatsächlich? Was fehlt Ihren Augen denn?«
Er lachte in sich hinein. »Wissen Sie, wenn Sie so zu sticheln anfangen, muss ich daraus schließen, dass Sie ein Auge auf mich geworfen haben. Und je mehr Sie es leugnen, desto sicherer werde ich mir sein.«
Sie mochte seine Arroganz, auch wenn sie nicht vorhatte, ihr nachzugeben. »Sie können denken, was Sie wollen. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass die Realität in Ihre Träume eindringt.«
»Oh, Sie haben ja keine Ahnung. Möchten Sie etwas trinken?«
Sie sah sich um. »Ich schätze, es wäre eine Schande, es nicht zu tun.«
»Ja, prachtvoll, nicht wahr? Sie können über den Untergang des Empire sagen, was Sie wollen, aber auf Bars verstehen wir uns.« Er winkte dem Barkeeper. »Zwei bitte, Niall. Vielen Dank.«
»Warum bin ich nicht überrascht, dass Sie den Barkeeper kennen?«
»Meine Liebe, ich kenne den Barkeeper jedes Londoner Etablissements, das sein Geld wert ist. Wenn Sie gekostet haben, was Niall Ihnen mixt, werden Sie es zu schätzen wissen. Und ich weiß, ich weiß. Ich hätte mich zurückhalten und Sie selbst bestellen lassen sollen. Aber lassen Sie uns nicht streiten, ja? Falls ich mich irre, dürfen Sie ihn mir ins Gesicht schütten. Sollte ich recht haben, wird mein Lohn das Vergnügen sein, Ihnen beim Genießen zuzusehen. Ist das ein faires Angebot?«
Sie schüttelte den Kopf. Der Mann war unverbesserlich. Das hätte sie ihm natürlich auch sagen können, aber sie war sich ziemlich sicher, dass ihn das nur noch mehr in Fahrt gebracht hätte. Besser, sie ließ ihm einfach seinen Spaß.
Während sie auf die Getränke warteten, machten sie Small Talk über London wie zwei gewöhnliche Menschen, die sich in einer Bar kennenlernen. Nach ein paar Minuten brachte der Kellner zwei taufeuchte Cocktailgläser, gefüllt mit einer halb durchsichtigen goldenen Mixtur.
Als der Mann wieder weg war, erhob Kent sein Glas. »Auf Ihren Erfolg.«
Sie stießen an und tranken. Kent sah sie erwartungsvoll an. »Und? Schütten Sie es mir ins Gesicht?«
»Nein, es ist tatsächlich ganz köstlich. Was ist es?«
»Es heißt Afterglow, Nachglühen. Gin, Absinth, Amaro, Ingwer, Zitronen, Orangen und Muskat. Alle wichtigen Nahrungsmittelgruppen. Ich trank einmal einen in der Flatiron Lounge in New York und erzählte Niall davon. Seine Interpretation gefällt mir besser – weniger süß, auch mit Eis gemixt, aber abgegossen. Ziemlich stark. Seien Sie vorsichtig.«
Nachglühen. Gut, wenigstens hatte er genug Klasse oder Verstand gehabt, nicht etwas wie Sex on the Beach oder etwas Ähnliches zu bestellen. Und es schmeckte gut.
Sie unterrichtete ihn über ihre Fortschritte bei Fatima. Das, was vor dem Momtaz passiert war, machte ihn genauso neugierig wie sie.
»Sie erweckten den Eindruck von Bodyguards«, sagte Delilah, »nicht von Samaritern. Und es wirkte auch nicht wie ein beliebiger Job. Sie sind auf diese zwei Kerle losgegangen wie Wachhunde, die man von der Kette gelassen hat. Als wären sie wütend, weil jemand ihren Herrn und Meister bedroht. Was mich verwirrt, ist die Art, wie Fatima sich verhalten hat – als hätte sie gar nichts von ihrer Anwesenheit
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