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Der parfümierte Todeshauch

Der parfümierte Todeshauch

Titel: Der parfümierte Todeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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gesehen hast.»
    Über dem Jazzkeller, der jetzt still und
menschenleer war, befand sich ein Lokal, das zu dem Club gehörte. Die Sachen,
die sich dort stapelten, ließen darauf schließen, daß es normalerweise als
Lagerraum und Rumpelkammer diente. Heute nacht jedoch hatte man ihm die Würde
eines provisorischen Leichenschauhauses verliehen. Man hatte einfach zwei alte
Tische zusammengeschoben und Paul Grillats Leiche draufgelegt.
    Sie war nicht schön anzusehen. Beim Sturz in den
Brunnen hatte Grillat sich den Schädel eingeschlagen und sämtliche Gliedmaßen
gebrochen. Seine dunklen, etwas langen Haare waren von Blut und Schlamm
verklebt. Der Verwesungsprozeß hatte schon eingesetzt.
    Unter der Aufsicht eines Flics in Zivil
untersuchte ein Gerichtsarzt die Leiche. Zwei Uniformierte standen verträumt
vor Teilen einer Kulisse, die verblüffende Ähnlichkeiten mit weiblichen Formen
hatten. Ein Kollege von ihnen bewachte die Eingangstür, die er von Zeit zu Zeit
öffnete, um frische Luft einzuatmen. Bei diesen Gelegenheiten drang
Stimmengewirr zu uns herein: Die Gäste, die man aus dem Keller vertrieben
hatte, warteten auf dem Bürgersteig darauf, daß die Kapelle wieder zu spielen
beginnen oder daß man ihnen eine zweite Leiche zum Fraß vorwerfen würde.
    «Verscheucht das Pack!» schimpfte Rosetti, der
Flic in Zivil. «Und wenn nötig, sperrt ein paar von ihnen ein!»
    Hocherfreut machten die Uniformierten sich an
die Arbeit.
    Ich hatte das Kommissariat von Saint-Sulpice
angerufen, um den Flics mitzuteilen, daß im Club-Vert etwas für sie
bereitliege. Rosetti, der diensthabende Inspektor, kaute jetzt auf dem Ende
eines Streichholzs herum und wartete schweigend darauf, daß der Arzt sich
äußern würde. Doch der äußerte sich noch nicht. Ich machte ebenfalls so wenig
Lärm wie möglich, und auch Henri und der Geschäftsführer des Clubs standen
still in einer Ecke.
    Rosetti war Korse, klein, hager wie ein
Weinstock im Winter und schwarzhaarig. Seine anthrazitfarbenen Augen waren
durchdringend und gar nicht freundlich. Ich hatte es nicht vermeiden können,
ihn zu dem Brunnen zu führen und ihm zu erklären, daß ich es war, der den
makaberen Fund gemacht hatte. Sogleich hatte er meine Papiere verlangt.
Privatdetektiv! Beinahe hätte er sein Streichholz verschluckt. (Als er im Club
aufgekreuzt war, hatte er nämlich bereits auf einem gekaut; wahrscheinlich tat
er es auch, während er schlief!) Mein Name war ihm nicht unbekannt.
    «Ach, Sie sind der berühmte Freund unseres
Chefs?»
    «Von Florimond Faroux, ja. Mir ist diese Ehre
vergönnt.»
    Rosetti hatte geseufzt. Bestimmt machte er sich
so seine Gedanken über den seltsamen Umgang seines Vorgesetzten.
    «Und was wollten Sie hier?»
    «Ein Gläschen trinken.»
    Wieder hatte er geseufzt. Bedauerte wohl, daß es
dagegen kein Gesetz gab. In punkto Sittsamkeit nahm unsere Beziehung einen eher
schlechten Anfang. Deswegen hatte ich ihm auch lieber verschwiegen, daß ich den
Toten kannte, und auch über Janine hatte ich kein Wort verloren. Dafür würde
immer noch Zeit sein, wenn ich um ein Geständnis nicht herumkäme.
    Inzwischen hatte Rosetti aufgehört, die Leiche
zu betrachten, und war zu dem Stuhl gegangen, auf dem der Tascheninhalt des
Toten lag: Ausweispapiere, ein Füllfederhalter, Zündhölzer, ein Päckchen
Zigaretten, ein sehr schmutziges Taschentuch, eine ziemlich hohe Summe Geld,
ein Notizbuch, dessen Seiten mit Skizzen bedeckt waren — wahrscheinlich Pläne
für Gärten — und ein Foto von Janine.
    Rosetti drehte und wendete die persönlichen
Sachen, so als suche er irgend etwas Bestimmtes und werde ungeduldig, da er es
nicht finden könne. Auch ich hatte das merkwürdige Gefühl, daß etwas fehlte.
Der Flic nahm den Personalausweis in die Hand.
    «Paul Grillat... Rue de Rennes», murmelte er.
«Er schlief also nicht unter freiem Himmel. Wo sind seine Wohnungsschlüssel?»
    Die Schlüssel! Mein Unterbewußtes war aber nur
halb zufriedengestellt. Es fehlte noch etwas anderes beim Appell, ich hätte es
schwören können. Plötzlich fiel es mir ein, doch ich behielt es für mich. Der
Ausweis! Seine Mitgliedskarte vom Clnb-Vert \ Da er sich im Innern des
Clubs aufgehalten hatte, mußte er seinen Ausweis bei sich haben... Wirklich?
Ich hatte gesehen, wie andere Gäste an dem Türsteher vorbeigegangen waren, ohne
irgend etwas vorzuzeigen.
    «Was hat er bloß mit seinen Schlüsseln gemacht?»
brummte Rosetti.
    «Vielleicht liegen sie unten im Brunnen»,

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