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Der parfümierte Todeshauch

Der parfümierte Todeshauch

Titel: Der parfümierte Todeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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nächsten Mal ruf mich bitte so gegen
Mittag an.»
    «Hab aber gar nicht den Eindruck, Sie aus dem
Bett geholt zu haben...»
    «Wie gesagt: Klappe halten!»
    Damit legte ich auf. Kleiner Witzbold! Solche
Spinner sollte man übers Knie legen!
    Jetzt hatte ich natürlich die Telefonnummer der
Villa Mogador vergessen. Ich drehte mich zu Janine um. Sie saß immer noch in
ihrem Sessel, aber stocksteif und noch etwas bleicher als vorher, wenn ich mich
nicht irrte. Ich träumte wohl, oder waren es Alkohol und Müdigkeit, die meinen
Blick trübten? Ich hätte nämlich schwören können, daß sie mich mit mehr als
einem Hauch von Feindseligkeit und Schrecken ansah.
    «He, Janine, was ist los?»
    Sie schüttelte sich.
    «Nichts... nichts...»
    Ein Donner rollte am Himmel. Das Gewitter kam
näher. Janine erschauerte.
    «Hier haben Sie nichts zu befürchten, glauben
Sie mir!» versuchte ich sie zu beruhigen.
    «Nein... natürlich nicht.»
    «Ich werde jetzt Ihren Onkel anrufen.»
    Ich hatte ihn sofort an der Strippe. Auch er
machte nicht den Eindruck, als hätte man ihn aus dem Bett geworfen.
Verständlich! Er mußte in tausend Ängsten schweben. Seine Stimme klang
ungeduldig und besorgt. Auch das verstand ich. Sein «Ja?» hörte sich so an, als
hätte er meinen Anruf erwartet.
    «Hallo! Monsieur Buard?»
    «Ja... ja... Ja, ja», stammelte er, so als wäre
er sich nicht ganz sicher.
    «Guten Abend, Monsieur. Entschuldigen Sie...
hier Nestor Burma, der Privatdetektiv.»
    «Monsieur Burma?»
    Das überraschte ihn hörbar. Ich verstand auch
das.
    «Ja, Nestor Burma. Ich rufe Sie wegen Ihrer
Patentochter an. Mademoiselle Valromay ist hier bei mir zu Hause. Ich geb sie
Ihnen mal. Ich erkläre Ihnen später alles. Guten Abend, Monsieur.»
    Janine nahm den Telefonhörer.
    «Hallo, Papa...»
    Diskret ging ich nach nebenan, wo ein zweiter
Apparat stand. Geräuschlos klinkte ich mich in ihr Gespräch ein. Janine tischte
gerade ihr kleines Hausmärchen auf: den Abend mit Freunden verbracht... spät
geworden... das drohende Gewitter usw.
    «Morgen im Laufe des Vormittags komme ich nach
Hause», schloß sie.
    «Sehr gut, sehr gut», erwiderte der Bankier
erleichtert, ja, beinahe fröhlich. «Weißt du, du hast mir einen richtigen
Schrecken eingejagt... Bist aus dem Haus gelaufen wie eine Verrückte. Ich hab
mich gefragt...»
    «Ja, Papa, ich schäme mich so, ich...»
    «Schon gut! Also, bis morgen, mein Kind. Ich...
äh... Weißt du, ich habe Baptiste hinausgeworfen.»
    «Ja, Papa... Danke, Papa.»
    Sie legte auf. Ich legte ebenfalls auf und ging
wieder zu ihr hinüber. Sie stand regungslos an die Kommode gelehnt, mit
gekreuzten Füßen, wie in einem fernen Traum versunken. Mit der Spitze ihres
Zeigefingers zeichnete sie die Form eines Brieföffners nach, der auf der
Schreibunterlage lag. Ich deutete an, daß es jetzt Zeit zum Schlafen sei. Sie
schreckte hoch und murmelte mit geschlossenem Mund:
    «Mmmm... Mmmm...»
    Ganz nah knallte der Donner.
    Ich bemerkte Tränen in ihren Augen.
     
     
     
    Ich lag schwitzend auf meinem Bett und dachte an
Paul Grillat, den kleinen Angeber, der in seinen letzten Stunden auf dieser
Welt wahrscheinlich nicht mehr angegeben hatte. Bestimmt hatte er mir irgend
etwas mitteilen wollen, doch man hatte ihn aus dem Weg geräumt, noch bevor er
es tun konnte... und zweifellos, damit er es nicht tun konnte.
    Ich dachte auch an Janine und an ihre
Brustverletzung. «Ich habe Baptiste hinausgeworfen.» Baptiste ist ein typischer
Butler-Name. Wahrscheinlich war der Mann ein Anhänger der Vereinigung von
Kapital und Arbeit und der Verschmelzung der sozialen Klassen. Vermutlich hatte
er, mit einem Rasiermesser bewaffnet, mal sehen wollen, wie es mit dem
Patenkind des Chefs so war...
    An all das mußte ich denken, halbtot vor Hitze,
trotz des geöffneten Fensters und des Regens, den ich auf das Zinkdach und auf
die Abfallkübel trommeln hörte. Denn es goß jetzt in Strömen. Kein Blitz, kein
Donner mehr. Nur noch Regen, der mich schließlich in den Schlaf trommelte.
    plötzlich wurde ich wach. Das Gewitter meldete
sich wieder zurück, böse wie die Krätze. Es mußte etwas vergessen haben.
Mehrere aufeinanderfolgende Blitze von seltener Heftigkeit erhellten das
Zimmer, tauchten es in ein maulbeerfarbenes, unwirkliches Licht. Der Donner!
Die Verbindungstür stand offen... und im Türrahmen...
    Wirklich ein komisches Vögelchen, diese Janine!
Und für eine Internatsschülerin verstand sie sich verdammt gut auf

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