Der Partner
und Gabel bisher nicht angerührt. Sie hielt das Weinglas in der Hand und betrachtete die orangefarbenen und violetten Wolken am Horizont.
»Tut mir leid, ich habe vergessen, mich nach Ihrem Vater zu erkundigen.«
»Kein Lebenszeichen. Ich habe vor drei Stunden mit meinem Bruder telefoniert. Die Entführer haben sich noch immer nicht gemeldet.«
»Es tut mir sehr leid, Leah. Ich wollte, ich könnte etwas für Sie tun.«
»Und ich wollte, ich könnte etwas unternehmen. Es ist schier zum Verzweifeln. Ich kann nicht nach Hause, und hierbleiben kann ich auch nicht.«
»Es tut mir leid«, sagte Sandy noch einmal, weil ihm nichts Besseres einfiel.
Er aß schweigend weiter. Sie spielte mit ihrem Reis und schaute aufs Meer hinaus.
»Es schmeckt wundervoll«, sagte er zweimal.
»Danke«, sagte sie mit einem traurigen Lächeln.
»Was tut Ihr Vater?«
»Er ist Universitätsprofessor.«
»Wo?«
»In Rio. An der Pontificia Universidade Catolica.«
»Und wo wohnt er?«
»In Ipanema, immer noch in der Wohnung, in der ich aufgewachsen bin.«
Ihr Vater war ein ausgesprochen heikles Thema, aber wenigstens erhielt Sandy Antworten auf seine Fragen. Vielleicht half es ihr, wenn sie über jenen sprach. Er stellte noch mehr Fragen, sämtliche ganz allgemeiner Natur und ohne Bezug zur Entführung.
Sie rührte ihr Essen überhaupt nicht an.
Als er fertig war, fragte sie: »Möchten Sie Kaffee?«
»Ich nehme an, wir werden ihn brauchen, oder irre ich mich da?«
»Nein.«
Sie räumten das Geschirr vom Tisch und ließen es in der Küche. Leah machte Kaffee, während Sandy das Haus inspizierte. Sie trafen sich im Esszimmer, Kaffee wurde eingeschenkt und das höfliche Geplauder, soweit denn überhaupt eines stattgefunden hatte, endete abrupt. Sie saßen einander an dem Glastisch gegenüber.
»Wieviel wissen Sie über die Aricia-Sache?« fragte sie.
»Er war der Mandant, dessen neunzig Millionen von Patrick weggeschnappt wurden, wenn man den Zeitungen glauben darf, war der Manager von Platt & Rockland, der den Konzern wegen gefälschter Kostenrechnungen angezeigt hat. Er verklagte den Konzern unter Berufung auf den False Claims Act.
Es stellte sich heraus, dass Platt & Rockland an die sechshundert Millionen ergaunert hatte. Nach dem False Claims Act stand ihm eine Belohnung von fünfzehn Prozent dieser Summe zu. Seine Anwälte waren Bogan und Genossen. Das ist in etwa alles, was ich weiß.«
»Das ist schon ziemlich gut. Was ich Ihnen jetzt erzählen werde, lässt sich alles anhand dieser Dokumente und Tonbänder belegen. Wir werden das Material zusammen durchgehen, denn Sie müssen es unbedingt in- und auswendig kennen.«
So etwas habe ich schon öfters getan.« Sein Lächeln blieb unbeantwortet. Keine lahmen Versuche mehr, witzig zu sein. Die Botschaft war eindeutig.
»Aricias Anspruch beruhte von Anfang an auf Betrug.« Sie wählte ihre Worte sorgfältig und wartete, bis er das Gehörte verdaut hatte, was ein paar Augenblicke in Anspruch nahm. »Benny Aricia ist ein korrupter Mann, der sich einen Plan ausgedacht hatte, wie er sowohl seinen Konzern als auch die Regierung betrügen konnte. Dabei haben ihm ein paar sehr tüchtige Anwälte geholfen, Patricks ehemalige Kanzlei, und ein paar mächtige Leute in Washington.«
»Das dürfte Senator Nye gewesen sein, Bogans Cousin.«
»Ja, in erster Linie. Aber wie Sie wissen, hat Senator Nye in Washington beträchtlichen Einfluss.«
»Davon habe ich gehört.«
»Aricia hat seinen Coup sorgfältig geplant, dann ging er damit zu Charles Bogan. Patrick war damals gerade Partner geworden, aber er wusste nichts von Aricia. Die anderen Partner wurden in die Verschwörung eingeweiht - alle außer Patrick. Die Kanzlei veränderte sich, und Patrick spürte, dass etwas faul sein musste. Er fing an, der Sache nachzugehen, und fand schließlich heraus, dass dieser neue Mandant namens Aricia der Grund für die neuerdings ausgebrochene Heimlichtuerei war. Er hatte Geduld. Unter dem Deckmantel gespielter Ahnungslosigkeit sammelte er in der Folgezeit Beweismaterial. Eine Menge davon steckt hier drin.« Sie berührte den Karton, während sie das sagte.
»Kehren wir noch einmal zum Anfang zurück«, sagte Sandy. »Erklären Sie mir, weshalb der Anspruch betrügerisch war.«
»Aricia war Direktor von New Coastal Shipyards in Pascagoula. Das ist eine zu Platt & Rockland gehörende Firma.«
»Das ist mir bekannt. Großer Konzern mit Rüstaufträgen und einer etwas zwielichtigen
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